Mini Electric Cabrio (2022): Test, Prototyp, Reichweite, Motor
Oben ohne ist E besser: Erste Fahrt im Mini-Cabrio-Prototyp

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Dach runter, Musik an und lautlos dahin rollen. Mini zeigt mit dem Elektro-Cabrio, dass offen und elektrisch eine perfekte Kombi ist.
Bild: BMW Group
Asheville, USA, Sommer 2022. Knapp zwei Jahre später fahren wir mit der Überraschung offen durch die Blue Ridge Mountains, Sonne im Gesicht, Wind in den Haaren und in den Ohren? Nur John Denver, der im Radio von den Country Roads singt, über die wir gerade rollen. Kein Nähmaschinen-gleich knatternder Dreizylinder, kein heißer fauchender V6 stört die Idylle, nur ein leises Surren ist zu hören.
In Handarbeit wurden Ein E-mini und ein Cabrio verschmolzen
Mini hat sich getraut! Die britische Kultmarke hat das Elektro-Cabrio wahr werden lassen. Zugegeben, nicht als erster Hersteller überhaupt: Tesla bot mit dem Roadster 2008 einen offenen Zweisitzer an, da steckte die E-Technik aber noch in den Kinderschuhen.

Aus zwei mach eins: Für den Prototypen hat Mini einen Elektro-Cooper mit einem Cabrio verheiratet.
Bild: BMW Group
Kein Wunder, steckt unter dem Blech des Prototypen doch Serientechnik. Das Cabrio ist noch kein konkreter Ausblick auf die neue Mini-Generation (die kommt 2023 mit Verbrenner UND als Elektro). Stattdessen setzt das Einzelstück auf Serien-Technik. Man nehme: Ein Mini Cabrio, einen Elektro-Mini, den es aktuell nur als Dreitürer gibt, und bastle beide in weniger als einhundert Stunden Handarbeit zusammen.
Auch VW hatte die Idee, ein offenes E-Auto zu bauen
Der Clou dabei: Cabrios stellen die Ingenieure in der Regel immer vor die Herausforderung, die Karosseriesteifigkeit trotz fehlendem Dachs ordentlich hinzukriegen. Hier spielt ihnen die Elektro-Karosse in die Hände, denn der Akku im Bauch sorgt ohnehin für mehr Steifigkeit. Im Vergleich zu Verbrennern lässt sich bei E-Autos so verhältnismäßig einfach der Hut abnehmen.

Elektro-Details: Mini setzt bei seinem offenen Stromer auf gelbe Akzente.
Bild: BMW Group
Das haben freilich auch andere schon erkannt, im Frühjahr 2021 stellte Volkswagen-Chef Herbert Diess per Twitter die Frage, was von einem Elektro-Cabrio zu halten wäre und postete die Zeichnung eines offenen ID.3. Der damaliger VW-Verantwortliche Ralf Brandstätter sprang ihm zur Seite, sprach von einer "sehr verlockenden Idee" und einem "komplett neuen, außergewöhnlichem Freiheitsgefühl".
Man prüfe, wie es sich realisieren ließe, hieß es aus Wolfsburg. Das Ergebnis dieser Prüfung steht noch aus, aus Konzernkreisen aber heißt es: Das ID.3 Cabrio liegt auf Eis.
Der tiefe Schwerpunkt unterstreicht das viel zitierte Go-Kart-Feeling
Zugegeben, der Cabrio-Markt ist kein leichter, schrumpfende Absatzzahlen sorgen nicht gerade dafür, dass sich die Autobauer auf die Offensitzer-Entwicklung stürzen. Für Mini aber spielt das Cabriolet eine große Rolle, bei jedem fünften hierzulande verkauften Auto der bayrischen Briten lässt sich das Dach abnehmen.

Ein verspielter Innenraum und liebevolle Details wie die Kippschalter oder die England-Flagge auf dem Verdeck und in den Rückleuchten zieren das E-Cabrio.
Bild: BMW Group
Und ganz ehrlich: Offen und elektrisch, das ist die beste Art, (nicht nur) Mini zu fahren. Der Akku sorgt für einen tiefen Schwerpunkt, der das bereits über die Maßen oft zitierte Go-Kart-Feeling nochmal unterstreicht. Der 184 PS starke Motor aus dem Mini Electric schiebt kräftig an. Und lautlos lässt sich das Freiluft-Feeling völlig ungetrübt genießen; ok, so ein bollernder V8 unter der Cabrio-Haube ist auch kein Störenfried – dafür aber ein aussterbender Geselle.
Ja, die Elektromobilität könnte, weil sich die Stromer eben leichter in Cabrios verwandeln lassen und Reichweite beim Offenfahren nicht die wichtigste Rolle spielt, dem Segment insgesamt wieder neuen Schwung geben. Und Mini könnte sich mit dem E-Cabrio einmal mehr seinen Kultstatus verdienen.
Elektro-Mini könnte 2025 mit der neuen Generation kommen
Den Haben-will-Faktor haben die knuffigen Kleinwagen sowieso, und erst recht in der E-Version mit grünem Gewissen inklusive hat das Mini Cabrio das Zeug dazu, zum It-Piece in Miami Beach, an der Côte d'Auzre oder auf Sylt zu werden; vielleicht fahren dort sogar zukünftige Finanzminister nicht mehr im Porsche 911 Targa zur Hochzeit, sondern im offenen Mini.

Der tiefe Schwerpunkt unterstreicht das Go-Kart-Feeling, die 184 Elektro-PS sorgen für ordentlichen Antritt.
Bild: BMW Group
Allerdings sollte sich die Marke beeilen, ehe doch noch ein anderer Hersteller ihnen zuvor kommt. Turnusmäßig steht die nächste Cabrio-Generation erst 2025 an. Drei Jahre noch, in denen die Konkurrenz nicht schlafen wird. Und: Noch hat Mini – anders als etwa beim klassischen Dreitürer – nicht bestätigt, dass der Nachfolger überhaupt elektrisch kommt.
Doch die Ingenieure und Entscheider in der Münchner Firmenzentrale wären gut beraten, dem offenen Stromer schnell grünes Licht zu geben. Das dürfte auch Oliver Zipse so sehen. Spätestens, wenn er auch mal damit fahren darf.
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