Während Autofahrer bei einem Unfall von reichlich Blech und einer Knautschzone umschlossen sind, haben Roller- und Motorradfahrer nur eine extrem dünne Schutzschicht um sich herum – und zwar die, die sie am eigenen Leib tragen. Für die Schutzkleidung ist allerdings jeder Fahrer selbst verantwortlich, eine Vorschrift, dass man nur mit Lederkombi aufs Bike darf, gibt es nicht. Nur beim Motorradhelm mischt sich der Gesetzgeber ein: Der ist seit 1976 Pflicht, wenn das Kraftrad eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 20 km/h erreicht. Und seit 2006 entsprechen sogar nur noch "geeignete Schutzhelme" der Straßenverkehrs-Ordnung. AUTO BILD klärt die wichtigsten Fragen zum Thema Motorradhelm kaufen.

Was ist ein geeigneter Helm?

Bis das Gesetz vor einigen Jahren geändert wurde, hieß es offiziell, dass nur "amtlich zugelassene Helme", also Helme mit Prüfzeichen, den Vorschriften entsprächen. Aufgrund zahlreicher Schlupflöcher in der Rechtsprechung konnte man aber quasi mit jeder helmartigen Kopfbedeckung auf seinem Zweirad unterwegs sein und der ein oder andere setzte sich sogar mit Feuerwehr-, Arbeits- oder anderen ungeeigneten Helmen aufs Bike.
 
Integralhelm
Der geschlossene Integralhelm umschließt mit seinem festen Kopfbügel und dem Visier das gesamte Gesicht.
Inzwischen sind "geeignete Helme" vorgeschrieben. Dazu zählen alle Helme mit ECE-Zertifikat. Das Siegel mit der Nummer 22 der Economic Commission for Europe mit der jeweiligen Prüfnummer (aktuelle Version: ECE-R 22.05) ist entweder am Kinnriemen oder im Futter eingenäht und bescheinigt, dass der Helm von einem unabhängigen Institut auf seine Eignung überprüft wurde. Den Testern geht es dabei vor allem um Stoßdämpfung, Formstabilität, Reißfestigkeit des Riemens und festen Sitz auf dem Kopf. Auch die Visiere werden speziell geprüft, hier wird das Siegel am Rand eingegossen.
 
Erlaubt sind allerdings auch "Kraftrad-Schutzhelme mit ausreichender Schutzwirkung",  die speziell zum Motorradfahren hergestellt wurden, aber kein Siegel haben. Rad-, Stahl-, Bauhelme und dergleichen werden dadurch allerdings kategorisch ausgeschlossen. Umstritten sind dagegen die so genannten Brain-Caps, also einfache Kunststoffschalen mit Kinnriemen. Wer auf Nummer sicher gehen will, setzt ohnehin auf einen Helm mit ECE-Siegel. Damit fährt man auch im europäischen Ausland sicher, in Italien beispielsweise ist das Siegel Pflicht.

Welche Motorradhelme gibt es?

Bei den klassischen Motorradhelmen sind verschiedene Bauformen zu unterscheiden, die alle dazu geeignet sind, ECE-Siegel zu erlangen:
● Integralhelm:
Der geschlossene Integralhelm (auch als Full Face Helmet bezeichnet) ist bei Motorradhelmen die gängigste Variante. Er umschließt mit seinem festen Kopfbügel und dem Visier das gesamte Gesicht. 
● Jethelm:
Vor allem bei Roller-Fahrern und Fahrern von Retro-Bikes sind die Jethelme (auch als Open Face Helmet bezeichnet) beliebt, die den Kopf nicht komplett umschließen. Hier ist meist vor allem das coolere Aussehen ausschlaggebend. Im Falle eines Unfalls sind das Gesicht und vor allem der Kieferbereich jedoch nicht geschützt.
● Klapphelm:
Bei einem Klapphelm (auch als Flip Up Helmet bezeichnet) lässt sich der Kinnbügel hochklappen. Geschlossen hat er die gleiche Schutzwirkung wie ein Integralhelm.
● Crosshelm:
Die sogenannten Motocross-Helme sind wie der Integralhelm komplett geschlossen, kommen aber meistens ohne festes Visier. Für den Schutz der Augen ist zusätzlich eine Crossbrille erforderlich.  
● Modularer Helm:
Wer sich nicht entscheiden kann, kann zu einem modularen Helm (auch als Crossover Helmet bezeichnet) greifen, dessen Bauform angepasst werden kann. Je nach Einstellung ist der Kopf ganz oder nur teilweise umschlossen.

Welche Strafen drohen, wenn der Helm ungeeignet ist?

Jethelm
Jethelme sehen gut aus, bieten aber keinen Gesichtsschutz.
Wer mit einem ungeeigneten Helm oder ohne Helm unterwegs ist, wird mit relativ niedrigen 15 Euro Verwarnungsgeld geahndet. Führt man dagegen minderjährige Kinder ohne oder mit nicht geeignetem Helm auf dem Motorrad mit, werden mindestens 60 Euro fällig und es droht ein Punkt in Flensburg. Bei Fahranfängern zählt das Vergehen außerdem als B-Verstoß, der sich auf die Probezeit auswirken kann. Achtung: Im Falle eines Unfalls mit Kopfverletzung kann dem Fahrer auch eine Mitschuld angelastet werden, was sich wiederum auf den Versicherungsschutz auswirken kann.

Worauf sollte man beim Kauf achten?

Idealerweise sollte man sich nach einem Helm umsehen, der über das ECE-Prüfsiegel verfügt. Es gibt allerdings noch ein paar weitere Punkte, die beim Kauf zu beachten sind:
● Die richtige Größe ist wichtig. Der Helm sollte so eng anliegen, dass er sich nicht bewegen lässt. Trotzdem sollte er nicht so stramm sein, dass das Gesicht eingedrückt oder andere Stellen gequetscht werden.
● Die Helmpolsterung sollte überall am Kopf anliegen. Teilweise gibt es Helme mit individuell anpassbarer Innenausstattung.
● Ein passender Motorradhelm darf sich bei richtigem Sitz auf keinen Fall nach vorne vom Kopf ziehen lassen.
● Kinnriemen und Schloss dürfen weder auf den Kehlkopf noch auf den Unterkiefer drücken.
● Ist das Visier geschlossen, muss trotzdem ausreichen Luft in den Helm strömen können.

Kann man einen Motorradhelm gebraucht kaufen?

Im Internet finden sich viele Angebote für gebrauchte Motorradhelme, die mit einem günstigen Preis locken. Hierbei ist jedoch Vorsicht gefragt, denn nicht immer sieht man einem Helm an, dass er schon einmal an einem Crash beteiligt war. Während er außen noch komplett intakt aussieht, kann er innen schon gebrochen sein. Ein Hinweis auf einen kaputten Helm können Lackplatzer oder Kratzer sein. Wenn allerdings ein drei Jahre alter Helm wie neu aussieht, ist ebenfalls Skepsis gefragt: Hier könnten Schäden überlackiert worden sein. Dazu kommt, dass der Helm auch durch falsche Lagerung Schaden nehmen kann, der äußerlich nicht zu erkennen ist. Wer trotzdem einen Gebraucht-Kauf in Erwägung zieht, muss sicher sein können, dass der Helm noch keinen Sturz hinter sich hat. Dabei muss man sich jedoch auf das Wort des Verkäufers verlassen. Sicherer ist es in jedem Fall, einen neuen Helm anzuschaffen.

Tipps zum Motorradhelm-Kauf

Wer sich einen neuen Motorradhelm kauft, sollte noch ein paar weitere Tipps berücksichtigen:
 
 Kein Helmkauf zwischen Tür und Angel.
Wer will, kann schon zuhause den Kopfumfang messen. Die Zentimeter-Zahl entspricht in der Regel der Größennummer, allerdings schwankt die von Hersteller zu Hersteller.
 Wer zum Motorradfahren eine Brille trägt, sollte die unbedingt beim Helm-Probieren dabei haben.
 Am besten den Helm 10 bis 15 Minuten im Laden probetragen. In dieser Zeit sollten eventuelle Druckstellen bereits auffallen.
✓ Viele Händler bieten Helme auch für Probefahrten an, davon sollte man unbedingt Gebrauch machen.
 Achten Sie auch auf das Visier, wichtig ist, dass es sich problemlos mit einer Hand bedienen lässt.
 Bei einem guten Helm ist das Innenfutter zur Reinigung herausnehmbar.

Von

Michael Gebhardt