Eigentlich war und ist der Nissan Pathfinder II ein toller Geländewagen. Denn Nissan hatte Anfang der 2000er­-Jahre so richtig Kundenforschung betrieben und mit dem Pathfinder im Jahre 2004 einen Geländewagen auf die Beine gestellt, der das Zeug zum Erfolgsauto hatte: semipermanenter Allrad plus Untersetzung, starker und recht sparsamer 2.5­-Turbodiesel mit 174 PS, riesiger Laderaum dank Steilheck, 700 Kilogramm Zuladung, drei Tonnen Anhängelast. Und das Ganze zu einem Preis von nur 33.900 Euro. Nicht etwa mit Nacktausstattung, sondern bereits mit Klimaautomatik und 17­-Zoll­-Alurädern. Klar, dass der Pathfinder vom Verkaufsstart weg auch in Deutschland gefragt war. Doch die Pathfinder-­Besitzer kamen oft frühzeitig wieder zurück zu den Nissan-­Vertragshändlern – zur Mängelbeseitigung: brechende Kunststoffe, zirpende Innenverkleidungen, Klappergeräusche, elektrische Störungen.

Nach den Konstrukteuren kamen die Kostensparer

Nissan Pathfinder II
Starker und recht sparsamer 2.5­-Turbodiesel, riesiger Laderaum, 700 Kilogramm Zuladung – eigentlich hatte der Pathfinder das Zeug zum Erfolgsauto.
Bild: Christian Bittmann / AUTO BILD
Keine Frage, die Konstruktion des Pathfinder war durchdacht. Aber nachdem die Konstrukteure fertig waren, machten sich offenbar die Kostensparer über das Auto her, knebelten die Zulieferer, reduzierten den Rostschutz und verordneten billige Schalter und miese Kunststoffe. Ein ebenso typisches wie ulkiges Beispiel für diese verfehlte Sparpolitik zeigt sich an der Heckklappe von vielen Pathfinder. Die rostet vornehmlich und überraschend an der Griffblende. Die ist nämlich derart unpräzise gefertigt, dass sie bereits bei der Montage im Werk praktisch unweigerlich zum Abschaben des darunterliegenden Lacks führt. Die Folge: Rost. Was macht Nissan? Bessert nach, aber wie!
Die Werkstätten werden angewiesen, alberne Gummistückchen und läppische Klarsichtfolie unter der Griffblende anzubringen – keine Dauerlösung. Noch ein Beispiel für verfehlte Sparpolitik gefällig? Jetzt wird es aber richtig teuer für den Pathfinder­-Besitzer. Jedenfalls dann, wenn er ein Automatikmodell gewählt hat. Die stammt von Jatco/Japan und funktioniert eigentlich gut. Die Konstrukteure haben sogar an eine korrekte Temperierung des Automatiköls gedacht und einen ordentlich dimensionierten Öl­/Wasserkühler vorgesehen, sodass auch Gelände­ oder Anhängerfahrt das Getriebe nicht umbringt. Aber dieser Kühler ist von derart mieser Qualität, dass er trotz Verwendung hochwertigen Kühlmittels durchrostet, wodurch sich Wasser und Öl vermischen. So etwas nimmt gerade ein Automatikgetriebe richtig übel, muss dann aufwendig repariert oder ganz ausgetauscht werden. Preis: rund 6800 Euro plus Einbau – oft das wirtschaftliche Todesurteil.

Die Kupplung hält selten länger als 100.000 Kilometer

Nissan Pathfinder II
Motor: Der Vierzylinder-Turbodiesel mit 2,5 Liter Hubraum ist ein echter Nissan-Diesel. Der 2010 nachgereichten 3,0-Liter-V6-Turbodiesel stammt von Renault.
Bild: Christian Bittmann / AUTO BILD
Doch es gibt noch weitere Folgen der Geizhalspolitik: früh verschleißende Radlager, minderwertige ABS-­Sensoren, defekte Differenzdrucksensoren an den Rußpartikelfilter­-Versionen des Pathfinder (171 und ab 2010 dann 190 PS). Und wer wegen der Kühlerproblematik beim Automatikgetriebe auf einen Schalt­-Pathfinder ausweichen will, muss sich früher oder später mit dessen minderwertiger Kupplung und dem ebensolchen Schwungrad auseinandersetzen. Länger als 100.000 Kilometer halten die beiden Bauteile nur bei äußerst umsichtiger Behandlung. Die Nissan­-Werkstätten bemühen sich bis heute, die Probleme für die teilweise arg strapazierten Pathfinder-­Besitzer zu lindern. Oft führen die immer wiederkehrenden Störungen aber zum Abstoßen des Autos und oft auch zu einer Abkehr von der Marke Nissan. Den Verantwortlichen für diese Sparpolitik dürfte das weitgehend egal sein; die sind längst nicht mehr im Unternehmen ...

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Nissan Pathfinder II
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Kamera
Gebrauchtwagen-Test Nissan Pathfinder II
Fazit:
Gut gedacht, schlecht gemacht – das ist wohl das Urteil über den Pathfinder II mit seinen zahlreichen Qualitätsproblemen. Die Rotstift-Jongleure von damals haben ihrem Arbeitgeber einen Bärendienst erwiesen – und sind längst über alle Berge.

Fazit

von

Martin Braun
Mit kleingeistigem Geiz bei der Qualität kann man ein Markenimage schnell ramponieren. Der gut konstruierte, aber von schlechter Detailqualität gebeutelte Pathfinder II ist ein Paradebeispiel dafür. An alle: bitte daraus lernen!

Von

Martin Braun