Roy Börners 99er Astra G ist seit Jahren in der Tuningszene bekannt. Tracer-Tech-I-Räder und die Sonnenjäger-Lackierung "Liquid Silver" machen ihn zum Top-Hit in Hunderten von Fotohandys. Der mit hellgrauem und schwarzem Leder bezogene Innenraum zählte zum Feinsten, was die Opel-Szene jemals gesehen hatte, doch irgendwann wird selbst das Außergewöhnliche langweilig. Also musste man etwas tun. So scharte sich eine Gruppe HiFi- und Tuningbegeisterter um Roger Hofmann von "Silentium-ana.de" in Annaberg-Buchholz – unter ihnen auch Roy. Und der war mutig genug, seinen Astra komplett zu verändern.

Kurz nach Neujahr hörte man, wie seit Jahrhunderten, das Sägen, Feilen und Schleifen in Annaberg, nur dass eben keine der für das Erzgebirge berühmte Schwibbögen oder Räuchermänner entstanden.
"Mistgabelstyle": So nennt Roy seinen futuristisch anmutenden Heckausbau.
"Mistgabelstyle" nennt Roy die Verkleidung hinter den Sitzen, die ziemlich am Anfang geschaffen wurde und den Stil des ganzen Autos bestimmte. Ein kleines Vermögen an Kunstharz war für den Umbau des Innenraums nötig, ganz zu schweigen von den Bahnen an Schleifpapier. Schleifen, schleifen und immer wieder schleifen. So vergingen die meist 16 Stunden dauernden Arbeitstage, von Montag bis Sonntag. Die Sache mit dem Sprühspachtel aus der Dose ging voll daneben, weil sich das Harz massiv dagegen wehrte. Also begann die gleiche Drecksarbeit von vorn, schließlich erwartete der Lackierer perfekt vorbereitete Flächen.

Optischer Schwerpunkt ist die Lackierung in Liquid Silver. Zum perfekten Auftragen des Lacks besuchte ein Mitarbeiter von Standox die Lackiererei Rost in Tschopau. Letzten Winter wurde der Astra um das schwarze Dach und um die GFK-Motorhaube mit integriertem Grill ergänzt. Unveränderte Kaufteile zu montieren käme für Roy auf keinen Fall infrage. So wurden die Oberflächen der von MS-Design stammenden Schürzen überarbeitet. Die Heckschürze musste zudem den beidseitigen Ausgängen der Auspuffanlage angepasst werden.

Analoge Tachos, Digitales aus dem Kadett E, abgefilmte Tachoanzeigen, alles kalter Kaffee. Die Jungs aus dem Erzgebirge hatten ihre eigenen Pläne. Der Schritt in die Zukunft begann mit dem Abtrennen des Cockpits von den Opel-Silentium-Halterungen, die für die Befestigung im Fahrzeug notwendig sind. Dann galt
Fremder Planet: Das lederne Cockpit mutet recht fremdländisch an.
es, das größte Problem des neuen Cockpits zu lösen. Wie integriert man drei Monitore und fünf Anzeigeinstrumente in das neue Armaturenbrett? Bis das Design letztendlich feststand, vergingen Stunden mit Modellbau, Probehalten, Beratschlagen und Änderungen. Die Zukunft bedeutet Informationen via GPS direkt auf den Monitor, gekoppelt mit den Motordaten. Also rückten beide Monitore für Fahrer und dessen Co in den Blickpunkt. Über dem Infozentrum des Piloten türmt sich ein "kleines Erzgebirge", bestückt mit einem Dreierpack an Nightflight-Instrumentarien über dem Fahrermonitor und zwei über dem Ausfahrmonitor. Beim Blick in den Kofferraum sieht man zwei weitere Elemente der Multimediaanlage. Die Monitore sind in einer lackierten GFK-Brücke verbaut und bilden den Blickfang im Kofferraum. Darunter befindet sich die Verstärkeraufnahme, die mit sehr aufwendigen Airbrush-Elementen verziert wurde. Schaut man anschließend etwas tiefer hinein, stößt man auf die beiden Woofer, die eingezwängt zwischen den Käfigrohren ihre Arbeit verrichten.

Doch es lief nicht alles wie gewünscht. Eine Woche vor dem großen Opel-Treffen in Oschersleben mussten die Teile an vier verschiedene Lackierer verteilt werden, weil der ursprünglich beauftragte Lacker plötzlich keine Zeit mehr hatte. Die dreiteiligen Tracer Wheels Tech-1-Räder wurden direkt beim Hersteller angepasst. Die verschiedenen Einpresstiefen der 9,5x18-Zoll- Felgen resultieren aus verschieden großen Edelstahlbetten. An der Hinterachse verwendete man das Tiefbett der 11x18-Zoll-Felge. Die Frage nach einem geeignetem Fahrwerk wurde mit einem KW-Gewindefahrwerk Variante II beantwortet.

Aktuell sind's 243 PS; die Vmax-Anlage macht aber bis zu 400 möglich.
Spricht man Roy auf seine Zukunftspläne an, liftet dieser sofort die Carbonhaube. Der 2-Liter-16V-Serienmaschine mit 136 PS folgte ein Z20LET-Turbo, wie er im Astra Coupé oder Zafira OPC verbaut wird. Die mit EDS-Phase-II-Chip bestückte Maschine zeigte aber Mängel in höheren Drehzahlbereichen. Der daraufhin eingebaute DSOP-Chip und bearbeitete Kopf-Lader gab den Kontrolllampen etliche Fehlinformationen weiter, so dass sich Roy nach einem weiteren Anbieter umsah. Vmax bereitete den Rumpfmotor bis zu einer maximal erreichbaren Leistung von 400 PS vor. Schmiedekolben, Stahlpleuel und verstärkte Lager sorgen für Standfestigkeit in allen Drehzahlbereichen, dennoch zwang ein ausgerechnet in Oschersleben aufgetretener Defekt das Auto zurück in die Werkstatt. Mit aktuell eingetragenen 243 PS ist der Höhepunkt längst nicht erreicht. Nochmals überarbeitete Kanäle und ein neuer Turbolader sollen das erreichbare Maximum der "Freude am Fahren" perfekt machen.

Von

Michael Kolb