Echtes Abenteuer und schnöden Alltag trennen 20 Millimeter. Denn so ein wald-und-wiesen-fester Insignia Country Tourer steht nur zwei Zentimeter höher über der Straße als sein auf Asphalt festgelegter Kombi-Bruder Sports Tourer. Dennoch spielt der gerade einmal einen Finger breit aufgebockte Opel mit Überzeugung den Matscho, verheißt (auch dank Allradantrieb und Plastik-Beplankung) grenzenlose Reisefreiheit. Tatsächlich? Warum nicht! Nach dem Rezept schicken schließlich auch andere ihre Kombis aufs Land. Ein Passat Variant wird dank Schlechtwege-Unterbau zum Passat Alltrack, und einen A4 Avant erheben längere Fahrwerkfedern zum allroad.
Noch mehr Familienkombis mit Vierradantrieb

Nominell hat der Opel den kräftigsten Motor

Opel Insignia Country Tourer
Günstig und stark: Der mit 250 PS starke Insignia bleibt unter der 40.000-Euro-Grenze.
Wir gucken den hohen Kombis unters Blech. Im Rennen: Benziner mit 2.0-Vierzylinder. Beim Opel ist das der jüngst eingeführte 2.0 EcoTec Direct Injection Turbo mit 250 PS. Im Audi treibt ein 2.0 TFSI mit 225 PS den Geländekombi an, und beim Passat sorgt ein TSI mit 210 PS für Vortrieb. Der Insignia liefert die meiste Kraft und kostet viel weniger als die Kombis der Konkurrenz. So mögen wir das. Genauer: Einen Opel Country Tourer 4x4 2.0 EcoTec Turbo gibt es ab 38.415 Euro. Der nächst teurere Kombi ist der Passat. Er kostet als Alltrack 4Motion 2.0 TSI mindestens 40.775 Euro. Für einen Audi A4 Allroad Quattro 2.0 TFSI sind mindestens 41.800 Euro fällig. Allerdings: Unser Test-A4 schaltet automatisch, für das entsprechende DSG-Getriebe sind weitere 2200 Euro fällig. Im Passat ist die DSG-Automatik übrigens serienmäßig verbaut. Gucken wir genauer in die Preisliste, sticht dann der VW positiv heraus. Denn er kommt aufpreisfrei inklusive Fahrlichtautomatik, Einparkhilfe und einem automatisch abblendenden Innenspiegel daher. Also ran ans Steuer. Geländetauglichkeit? Schwamm drüber, es will ja hoffentlich eh niemand regelmäßig mit diesen Burschen durch Kiesgruben wühlen. Für Waldwege reicht die minimale Bodenfreiheit gerade so, rutschigen Untergrund kompensiert bei allen Kandidaten der elektronisch unterstützte Allradantrieb. Das muss reichen.

In Sachen Alltagstauglichkeit fährt der Passat vorweg

Play

Video: VW Passat Alltrack

So fährt der VW Passat Alltrack

Bild: AUTO BILD
Viel wichtiger in dieser Liga: Taugen die Kombis für die Maloche – sprich als belastbares Zugpferd?Der Insignia darf die schwersten Anhänger zerren, bis zu 2100 Kilogramm dürfen an den Haken. VW und Audi gehen bei 2000 bzw. bereits bei 1700 Kilogramm maximaler Anhängelast die Puste aus. Für den Alltagsstress ist der Passat am besten gerüstet. Im deutlich größeren Kofferraum verschwindet mehr Ladung, das Variant-Heck steckt mit 569 Kilogramm möglicher Zuladung am meisten weg. Auch sitzen Passagiere im Fond am besten – hier steht mehr Platz zur Verfügung als bei Opel und Audi. Noch ein Vorteil für VW: Die Bedienbarkeit ist erstklassig, jede Taste erklärt sich selbst, jeder Bedienschritt geht intuitiv von der Hand. Das krasse Gegenteil ist der Insignia. Die Bedienung des völlig überladenen Infotainment- Systems (siehe Kasten Seite 53) gelingt selbst nach längerer Eingewöhnung nur unter großer Ablenkung. Zwar hat Opel die Anzahl der Knöpfe mit dem Facelift deutlich reduziert, eine intuitive Bedienung will aber dennoch nicht so recht gelingen. Besonders das optionale Touchpad hat uns wenig Freude bereitet. Und wie fahren die Drei? In Kürze: Der Audi etwas nervös, der VW recht erwachsen, der Opel zu ungeschliffen.
Trotz langer Federwege und grundsätzlich weicher Einstellung (plus zusätzlicher Möglichkeit, die Stoßdämpfer per Tastendruck anzupassen) – auf kurze Unebenheiten mag der Insignia nicht ansprechen, das Abrollen auf kaputten Oberflächen wird zur hölzernen Angelegenheit. Vorbildlich: die Bremsleistung. Dagegen hakelt es in der Antriebskombination. Die sperrige Schaltung und das federnde Zupacken der Kupplung treffen auf einen druckvollen wie drehfreudigen Motor – statt flüssiger Gangwechsel kommt dabei ein unpassend ungeschmeidiges Ruckeln heraus.

Die Automatik des Audi A4 schaltet schnell und weich

Audi A4 allroad
Vergleichsweise bescheiden: Mit 8,9 Litern Super auf 100 Kilometer trinkt der Audi am wenigsten.
Immerhin: Der Vierzylinder schnurrt weich und kultiviert, somit angenehmer als die etwas präsenter laufenden Zweiliter von Audi und VW. Im Audi arbeitet die Automatik herausragend. Die sieben Stufen schalten schnell und weich, stets findet das DSG die richtige Übersetzung. Im VW geht das sechsstufige Getriebe hektischer ans Werk. Trotz der stärker aufgeladenen Maschine kann der Opel den schwächeren Audi nicht abhängen. Das hohe Gewicht frisst Leistung. Gefühlt geht der Turbo-EcoTec dennoch am stärksten zur Sache. Nachteil der Dampfhammer-Charakteristik: Er trinkt reichlich Sprit. Liegt das Verbrauchsniveau der drei Offroader ohnehin weit jenseits eines ähnlich starken Diesels, treibt der Opel das Thema mächtig auf die Spitze. Im Schnitt benötigt der Insignia 10,1 Liter pro 100 Kilometer. Auch die Konkurrenz nimmt reichlich. Audi und VW liegen nur gut einen Liter darunter. Klingt nach dicker Luft auf dem Land.

Fazit

Der tolle Motor (der leider über zehn Liter Superbenzin verbraucht) macht aus dem Country Tourer allein noch kein tolles Auto. Im Vergleich zu einem Passat Variant fehlt dem Opel-Kombi Platz im Kofferraum, im Vergleich zu einem Audi A4 wirkt der Insignia träge. So viel günstiger ist er dann auch nicht. Also muss er sich hinter den beiden einreihen. Dem Passat Variant Alltrack lässt sich kaum etwas vorwerfen. Heißt: Auch auf dem Land ist er der Kombi-König.