Einer von nur 200 Gebauten, von denen lediglich 15 nach Deutschland kamen. Etwa 150 Stück sollen heute noch existieren, davon drei in der Bundesrepublik. Hier und heute steht er vor uns, erhitzt, knisternd, in schlichtem Graphitgrau, der damals einzigen erhältlichen Farbe. Die Rede ist vom 1984er-Peugeot 205 Turbo 16, einem straßenzugelassenen Homologationsmodell für die furiose Gruppe B. 200 straßenkonforme Exemplare mussten laut FIA-Reglement gebaut werden, um in der Gruppe-B-Rallye-WM mitmischen zu dürfen. Dazu kamen noch je 20 Rennversionen der Ausbaustufen Evolution 1, eingesetzt von 1984 bis Mitte 1985, und Evolution 2, die bis zum Ende der Gruppe B 1986 an den Start gingen.

Mit einem normalen 205 GTI hat der Turbo 16 wenig gemein

Peugeot 205 Turbo 16
Von wegen Tuning-Opfer: Dieser aufgeblasene 205 ist eines von 200 Homologationsmodellen.
Wie er da so am Straßenrand parkt, könnten Laien den 205 T16 für ein bemitleidenswertes 80er-Jahre-Tuningopfer halten, während der Motorjournalist seinen Blick genussvoll über die breiten GFK-Backen, die langen Federwege und die mächtigen Luftschächte in den Kotflügeln und Hauben wandern lässt. Die Luftein- und auslässe verraten sein Konzept: Der Motor sitzt nicht etwa vorn wie beim Großserien-205, sondern um 20 Grad geneigt quer hinter dem Beifahrerplatz, während das Getriebe im Rücken des Piloten jault. Eine Etage tiefer, zwischen Motor und Getriebe, leitet das Torsen-Zentraldifferenzial die Kraft im Verhältnis 45:55 Prozent an Vorder- und Hinterachse, beide natürlich mit einer Differenzialsperre versehen. Gemeinsamkeiten mit einem zeitgenössischen Peugeot 205 GTI? Aber ja: Scheinwerfer, Blinker, Kühlergrill, Windschutzscheibe, Türen, Rückleuchten – das war's. Ansonsten wurde der 205 Turbo 16 vollkommen neu und weitgehend in Gitterrohrrahmenbauweise konstruiert, um in der Rallye-Weltmeisterschaft gegen so monströse Gegner wie Audi Sport quattro S1, Ford RS 200 oder Lancia Delta S4 konkurrenzfähig zu sein. Das Konzept ging auf: Die WM-Titel 1985 und 1986 nahm Peugeot mit nach Hause.

Der aufgeladene 1,6-Liter des 208 GTI überzeugt mit Druck

Peugeot 208 GTi
Geht ordentlich: Der 208 PS starke Vierzylinder schiebt den 208 GTi in 6,5 Sekunden auf Tempo 100.
Im Vergleich zu einem Gruppe-B-Monster mutet der aktuelle 208 GTi fast zahm an: keine aufgeplusterten Radkästen, außer an der Front keine weiteren Lufteinlässe, hinten ein Dachkantenspoilerchen und zwei Auspuffendrohre – fertig. Und dennoch wirkt er kess, scheint uns mit seiner roten Leiste im Frontstoßfänger die Zunge herauszustrecken. Und denen, die er überholt, zeigt der für 1500 Euro Aufpreis zweifarbig Lackierte wie ein Pavian sein leuchtend rotes Hinterteil. Auch vom 208 gibt es Rallye-Ableger. Zum einen den seriennahen 208 R2 für nationale Meisterschaften, dessen 1,6-Liter-Sauger 185 PS zur Vorderachse schickt, und ferner den allradgetriebenen 208 T16, dessen 1,6-Liter-Turbo 280 PS leistet und Einsätze in der Rallye-EM sowie der WRC-2-WM ermöglicht. Beide Modelle sind mehr oder weniger direkt vom Großserien-Straßenauto abgeleitet, teilen sich mit ihm zu weiten Teilen Karosserie und Technik. Die Zeiten, in denen ein Reglement à la Gruppe B es erlaubte, ein Rallyeauto quasi aus dem Vollen zu schnitzen, sind nun mal leider vorbei.430 PS und 500 Nm produzierte der mit 2,5 Bar aufgepumpte 1,8-Liter-Turbomotor des 205 T16 Evo 2 während der Rallye-WM 1986. Bei nur 910 Kilo Leergewicht reichte das für einen 0-100-Sprint in nur 2,9 Sekunden, wobei es fast keinen Unterschied machte, ob auf Asphalt oder losem Untergrund. Die Gruppe B befand sich in diesem Jahr auf ihrem fiebrigen Höhepunkt, nach mehreren tödlichen Unfällen war zum Saisonende Schluss.

Fahrkomfort und Luxus standen nicht im Lastenheft

Peugeot 205 Turbo 16
Fahren mit allen Sinnen: Im Innenraum des 205 Turbo 16 dröht der Motor, es wird schnell sehr heiß.
In unserem Homologations-T16 bläst der KKK-Turbolader softe 0,7 Bar in den Zylinderkopf, vergleichsweise milde 200 PS reichen dank Allrad dennoch für einen Sechs-Sekunden-Sprint auf 100 km/h. Wer im Straßenmodell mehr Leistung wollte, konnte bei Peugeot das "Kit 300" ordern: Mit 1,85 Bar Ladedruck lagen dann immerhin 300 PS an. Wie sich so ein 205 T16 fährt? "Roh" wäre vielleicht eine passende Vokabel, denn der Straßen-T16 entstand wie seine Wettbewerbsbrüder weitgehend in Handarbeit. Nicht jedoch, um etwa feinstes Leder oder edle Hölzer besonders liebevoll und passgenau zu verarbeiten, wie man es bei britischen Nobelherstellern wie Aston Martin, Bentley oder Rolls-Royce zu tun pflegt. Nein, hier ging es ganz pragmatisch darum, 240 Autos abseits des Fließbands möglichst schnell zusammenzustecken. Das Ergebnis: Spaltmaße, die in Zentimetern statt Millimetern zu beziffern sind, schief sitzende Stoßfänger (nein, das Auto hatte bislang keinen Unfall), sorglos verlegte Kabel, lässig laminiertes GFK. Mangels Dämmmaterial dröhnt der Motor trotz Schottwand mechanisch hart in den Ohren der Passagiere, während sich die Kabine ruck, zuck auf Saunatemperatur erwärmt.
Weitere Details zu den beiden kleinen Sportlern finden Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel gibt es als Download im Online-Heftarchiv.