Vorstände von Billigmarken haben oft ein Luxus- Problem: Eine noble Dienstlimousine läuft nicht vom eigenen Band. Um trotzdem ebenso markentreu wie standesgemäß voranzukommen, hat sich der Boss des chinesischen Herstellers Geely kurzerhand seinen eigenen Rolls-Royce bauen lassen. Und das im Maßstab 1:1! Laut Geely ist der GE genauso lang, breit und hoch wie der Original-Phantom. Auch die Ausstattung soll nahezu identisch sein – mit mindestens einem Unterschied: Im Fond gibt es nur einen Sitz – fast so mächtig wie der Thron des Kaisers von China. Zu technischen Daten und Exportplänen schweigt Geely. Die Firma will den Dreisitzer Ende des Monats auf der Shanghai Auto Show (20. bis 28. April) zeigen – als unverkäufliche Studie. Es sei denn, die Juristen des Rolls-Eigners BMW kommen den Chinesen zuvor und untersagen die Messe-Präsentation.

Erster Erfolg gegen Chinas Kopierer

"Die Ähnlichkeit des 'neuen' Geely mit dem Rolls-Royce Phantom ist frappierend. Prägende Designelemente des Phantom sind fast unverändert übernommen worden", urteilt Volker Jänich, Markenrechtler an der Universität Jena. Seiner Meinung nach wäre es für BMW sehr leicht, den Verkauf in Deutschland zu unterbinden. In China jedoch lägen "Recht haben" und "Recht bekommen" noch zu weit auseinander. Aber es gibt Hoffnung: Ein Gericht in Peking sprach dem Bushersteller MAN umgerechnet 2,3 Millionen Euro Schadenersatz zu. Eine ansässige Firma hatte das Spitzenmodell abgekupfert. Rolls-Royce wurde dieses Mal kalt erwischt, erst durch AUTO-BILD stieß die Luxusmarke auf den "Lolls-Loyce". Ein Sprecher: "Wir bewerten zurzeit die Fakten und die rechtliche Situation, um dann über weitere Schritte zu entscheiden."

Shanghai erneut Fälscher-Festival

Bereits vor vier Jahren hatte Geely die Studie Castle vorgestellt – ebenfalls ein billiger Abklatsch des Phantom. Die Automessen in Fernost gelten als die weltgrößten Copyshops – und auch in diesem Jahr scheint die "Shanghai Auto Show" wieder ein Fälscher-Festival zu werden. Gezeigt werden Nachbauten des Fiat Panda, des Daihatsu Materia, ein dem Mercedes GL ähnlicher Geländewagen und natürlich viele falsche Smart. Auch die Londoner Taxis haben in China schon Nachahmer gefunden – angeblich auf legale Weise.

Von

Claudius Maintz