Dieses Mal ist es nicht die Parade zum „Tage der Toten“, der den Zócalo, den zentralen Platz in Mexico-City, in eine riesige Partymeile verwandelt. Und es ist auch nicht James Bond, der aus einem Hubschrauber hängend die Beobachter den Atem anhalten lässt. Am Donnerstagabend (nach deutscher Zeit 1:00 Uhr am Freitagmorgen) startet zum ersten Mal die Rallye Mexiko im Herzen der mehr als 20 Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt. Genau da, wo die Auftaktszene mit dem spektakulären Hubschrauber-Stunt aus „Spectre“ gedreht wurde.
Direkt nach dem Showstart wird auf dem Zócalo, direkt vor der Residenz des mexikanischen Präsidenten, sogar eine Wertungsprüfung gefahren. Die Veranstalter erwarten bis zu 200.000 Zuschauer. „Dort dürfte eine Atmosphäre wie bei der Formel 1 sein“, blickt Citroën-Werkspilot Kris Meeke (37) voraus.
Auch die virtuelle WRC-Meisterschaft ist voll im Gange: So können Sie teilnehmen!
Der dramatische Auftakt gibt den Startschuss zur ersten Schotter-Rallye des Jahres. Nach den sehr speziellen WM-Läufen von Monte Carlo und Schweden mit den überraschenden Siegern Sébastien Ogier (33, neu bei Ford) und Jari-Matti Latvala (31, neu bei Toyota) bietet das mittelamerikanische Land ebenfalls eine Besonderheit – große Höhe. Der Servicepark in Léon, eine Industriestadt mit fast zwei Millionen Einwohnern etwa 400 Kilometer nordwestlich von Mexiko City, liegt auf 1.800 Metern. Die Wertungsprüfungen mit einer Gesamtlänge von 370 Kilometer winden sich in den umliegenden Bergen bis auf knapp 3.000 Meter hinauf.
Rallye
Jari-Matti Latvala führt die Rallye-WM an
In der dünnen Luft verlieren die Turbomotoren der World Rally Cars (WRC) rund 20 Prozent Leistung. Mit der 2017 neuen WRC-Generation (rund 80 PS mehr Leistung) hat noch kein Team Erfahrungen unter diesen Bedingungen sammeln können. Weil Testfahrten außerhalb von Europa verboten sind, haben sie sich in der Sierra Nevada in Spanien auf die Höhe vorbereitet. „Außerdem haben wir die Motorsteuerung auf dem Prüfstand darauf angepasst“, erzählt Toyota-Teamchef Tommi Mäkinen (52). Sein Fahrer Jari-Matti Latvala kommt als Tabellenführer nach Mexiko, muss also während der ersten Etappe als Erster starten. „Ich wäre deshalb am Freitagabend schon mit einem Platz unter den besten Fünf zufrieden“, beschreibt der Vorjahressieger den Nachteil seiner Rolle als Straßenfeger.
Diese muss zum ersten Mal seit drei Jahren nicht mehr Sébastien Ogier spielen, vom  Frühjahr 2014 bis zur Rallye Schweden 2017 ununterbrochen Tabellenführer. „Groß ist der Unterschied zwischen Startplatz eins und zwei nicht“, wiegelt der Franzose in Ford-Diensten ab. „Wir haben in den letzten Tagen rund 1.500 Kilometer auf Schotter getestet, ich bin sehr gut vorbereitet.“
Walter Röhrl feiert 70. Geburtstag: Mit ABMS spricht er über seine Highlights
Nachdem er in Monte Carlo und Schweden mögliche Siege durch Fahrfehler vermasselt hat, plant Hyundai-Pilot Thierry Neuville (28) Wiedergutmachung gegenüber dem Team. „Nach den Enttäuschungen der ersten beiden Rallyes bin ich  entschlossen, zurückzuschlagen. Startplatz acht ist dafür ideal.“
Von den Topfahrern startet nur Kris Meeke noch weiter hinten, wird also von einer noch saubereren Ideallinie profitieren. Der Nordire ist derzeit noch komplett ohne WM-Punkte. Das nach dem Ausstieg von Volkswagen als Titelfavorit gehandelte Citroën-Werksteam erlebte einen katastrophalen Saisonstart. Der brandneue C3 WRC ärgert seine Piloten bisher mit überraschend bockigem Fahrverhalten. „Wir wissen, wo die Probleme lagen“, sagt Teamchef Yves Matton (49). „Bei Testfahrten haben wir Verbesserungen gefunden.“
Werksfahrer Meeke bleibt ebenfalls optimistisch. Auf einen möglichen Auftritt bei der Siegerehrung hat er sich perfekt vorbereitet. „Zu Ehren von 007 bringe ich mein Dinner-Sakko mit.“

Von

Christian Schön