Leichter, geräumiger, besser ausgestattet: Der neue Ram 1500 steht in den Startlöchern und macht sich auf den Weg nach Europa. In der uns vom Importeur AEC Europe zur Verfügung gestellten Import-Version kostet der neue Ram rund 70.000 Euro. Wie viel Auto man für sein Geld bekommt und wie sich der Pick-up fährt, durfte AUTO BILD bereits bei einer ausführlichen Fahrt im neuen Ram testen.

Neue Front und weniger Gewicht

Der Ram macht eine Diät
Größer als jedes SUV – BMW X5 und VW Touareg kann man vom Fahrersitz aus locker aufs Dach schauen.
Früher fuhren die großen Pick-ups unter dem Label Dodge, mittlerweile wurde Ram als eigene Marke ausgegliedert. Die überarbeitete Front der neuesten Generation wird fast komplett vom Kühlergrill eingenommen, in dessen Mitte ein markanter "Ram"-Schriftzug prangt. Er ist je nach Ausstattung aus Kunststoff oder verchromt – unser Testfahrzeug ist komplett in Schwarz gehüllt. Die Scheinwerfer sind neu gestaltet. Ansonsten sind sich die Amerikaner beim Design treu geblieben. Das Schwergewicht hat jedoch gegenüber dem Vorgänger rund 100 Kilogramm abgespeckt. Dies wurde vor allem durch den erhöhten Einsatz von Aluminium erreicht. Insgesamt lag der Fokus bei der Entwicklung stark auf Verbrauchsoptimierung. Diesem Ziel dient auch die aktive Aerodynamik: Bei knapp über 50 km/h schließen sich Klappen im Kühlergrill, optional wird das Fahrwerk um neun Prozent abgesenkt – das soll das gesamte Fahrzeug strömungsgünstiger werden lassen. Die Assistenzsysteme wurden unter anderem um einen Totwinkelüberwacher und einen Kollisionswarner ergänzt.

US-Luxus im Innenraum

Der Einstieg in den Fahrgastraum des Ram fällt trotz der enormen Höhe des Aufbaus leicht, denn beim Öffnen der Tür kommt einem das elektrisch ausfahrende Trittbrett zur Hilfe. Doch Vorsicht! Wer beim Einsteigen zu ungeduldig ist und sich in einem Zug in die Fahrerkabine aufschwingen will, dem haut die Zusatzstufe erst mal eins gegen das Schienbein. Oben auf dem Fahrersitz angekommen, fühlt man sich fast wie in einer üppig ausgestatteten US-Oberklasselimousine. Das trifft sowohl für die Gestaltung des Cockpits als auch die Platzverhältnisse zu.

Neuer Ram ist Ablagen-Meister

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Die gigantische Ablage in der Mittelkonsole schluckt selbst große Taschen locker weg.

Fünf Personen können im Ram fürstlich reisen. Ohne Übertreibung, die Staufächer im Ram sind gigantisch groß. Die komplette Mittelkonsole dient als Ablagefach – auf verschiedenen Ebenen, mit Schublade und kleinen Trennwänden zur Einteilung der Lagerfläche. Hier verschwinden auch große Taschen, Kameras und Literflaschen. Im Fond gibt es Staufächer im Boden, die herausnehmbare Gefäße beherbergen. Typisch amerikanisch und sehr praktisch, um beispielsweise Getränke in Eis zu kühlen. Ebenfalls neu ist die getrennt verschiebbare Rücksitzbank mit einstellbarer Lehne. Doch zurück zur Fahrerposition: Das Lenkrad ist geradezu klein für so ein Sechsmeterschiff, die Sitze sind US-typisch weitestgehend konturlos. Die Materialanmutung und Verarbeitung im Ram geht dafür voll in Ordnung, Schalter und Drehregler sitzen fest in ihren Fassungen. Trotz der massigen Mittelkonsole wird es nicht eng. Unser Exemplar hat zwar "nur" einen 8,4-Zoll-Touchscreen statt des neuen, hochkant verbauten 12-Zoll-Exemplars, aber der zweitgrößte Bildschirm punktet – wie der Bildschirm im Kombiinstrument – mit guter Lesbarkeit und Schärfe.

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Klassischer V8 und riesen Wendekreis

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Importeur AEC Europe holt nur den klassischen 5,7-Liter-V8 nach Europa. Die Mildhybrid-Version bleibt (vorerst) in den USA.
Na, dann starten wir mal – Zündung! Tief unten drin im Maschinenraum legt der bekannte 5,7-Liter-V8 los. Im Innenraum dringt im Leerlauf nur ein entferntes Blubbern zu den Insassen. Auch bei gemächlicher Fahrt ist der V8 im Klangbild zurückhaltend, aber stets präsent, bollert in angenehmen Frequenzen vor sich hin. Die Achtgangautomatik schaltet dazu kaum merklich. Wirklich viel zu tun hat sie nicht, schließlich stehen 555 Nm parat. Die reichen selbst bei diesem Riesentrum von Truck für gute Elastizität aus. Ansatzweise sportliche Fahrweise sind nichts für den Ram. Beim Kickdown zuckt die Schaltbox innerlich zusammen und wird dann hektisch, ist etwas übereifrig, schaltet in den kleinstmöglichen Gang – das wäre nicht nötig. Abgesehen davon, dass die Sitze kaum Seitenhalt bieten, müssen enge Kurven vorsichtig und wohlbedacht mit einem weiten Bogen angefahren werden. Innenstadttauglichkeit? Parkplatzsuche, Altstadtgässchen, Sackgassen ohne viel Wendefläche – all das ist nichts für den Ram und sorgt beim Fahrer für krampfhafte Blicke in die Außenspiegel. Die sind enorm wichtig, denn bei 2,09 Meter Wagenbreite ist Vorsicht angebracht. Ab Anfang 2019 wird aber eine 360-Grad-Kamera angeboten. Sehr empfehlenswert!

Komfortables Reisen dank Geräuschreduzierung

Erster Check im neuen Mopar-Pick-up
Erstaunlich leise und komfortabel fährt sich der neue Ram. Doch Achtung: Eine auch nur ansatzweise sportliche Gangart ist nichts für ihn.
Seine Stärken spielt der Ram auf Überlandfahrten, vorzugsweise mit langgestreckten Kehren und Geraden aus. Dann erinnert das Fahrverhalten an eine hochgelegte Limousine, komfortabel und entspannend. Dank Noise Cancellation ist es im Innenraum auch bei hohen Geschwindigkeiten erstaunlich ruhig. Die Höchstgeschwindigkeit in unserem Testfahrzeug ist übrigens auf 175 km/h begrenzt – was der US-Version entspricht. Die EU-Version von AEC Europe soll erst bei 195 km/h eingebremst werden. Aber auch 175 km/h reichen voll und ganz. Viel lieber cruisen Ram und Fahrer gechillt bei 100 km/h durch die Landschaft. Dann ist auch die leichtgängige Lenkung in ihrem Element, und man kann das lässige US-Feeling vom Fahrersitz voll auskosten.
Peter Fischer
Erstaunlich wie zivilisiert und komfortabel der neue Ram fährt. Wie kaum ein anderes Auto bringt er den ungefilterten US-Style dank Importeuren auch nach Europa – auch wenn die hiesige Infrastruktur nicht wirklich kompatibel zum Ram ist. Wer ihn ab rund 70.000 Euro kauft, muss sich eben auf seine schiere Größe einlassen.

Von

Elias Holdenried