Der Renault Kadjar hat gerade ein Facelift hinter sich. Reicht das zum Sieg gegen die beiden Konkurrenten Hyundai Tucson und Mazda CX-5?
Ein Blick in die Hitliste der Zulassungen reicht, um zu wissen, wie echte Gassenhauer für die Straße komponiert sein müssen: modisch hohes SUV-Kleid, kompakte Maße, politisch korrekt mit Benziner. Und, weil sich längst herum-gesprochen hat, dass im Einsatz zwischen Kindergarten und Supermarkt Verbrauch und Effizienz mehr zählen als Wattiefe und Steigfähigkeit, mit kostensparendem Frontantrieb. Mit 24.055 Tucson und 20.015 CX-5 spielten sich Hyundai und Mazda 2018 in den SUV-Charts weit nach vorn. Renaults Kadjar blieb mit 14.043 verkauften Einheiten etwas dahinter.
Mit der neuen Maschine geht der Kadjar geschmeidig voran
Mit dem Facelift gewinnt der Kadjar an Charakter, vor allem der 1,3 Liter große Viezylinder-Turbo gefällt.
Ein Umstand, den die Franzosen umgehend ändern wollen. Seit Herbst 2018 tritt der technische Bruder des Nissan Qashqai mit gestraffter Frontpartie deutlich bühnentauglicher auf. Unter der Haube soll ein neuer, gemeinsam mit Mercedes entwickelter 1,3-Liter mit 159 PS den richtigen Ton treffen. Werden Tucson 1.6 T-GDI und CX-5 Skyactiv-G 165 jetzt in den Schatten gestellt? Bei der Laufkultur auf jeden Fall. Verblüffend, wie geschmeidig das kleine Renault-Motörchen mit dem pummeligen Kadjar umspringt. Dank Turbo fühlt er sich immer kraftvoll und elastisch an. Am Ortsende ohne Zurückschalten auf Landstraßentempo beschleunigen? Kein Problem. Zum Glück, denn die Sechsgangbox lädt trotz guter Übersetzung mit ihren langen, unpräzisen Wegen nicht gerade zum Schalten ein. Das klappt im Mazda besser. Kurze, präzise Wege, wohldosierter Gegendruck: Hier rührt jeder gerne im Getriebe und fühlt sich dabei an die guten Zeiten bei BMW erinnert.
Der Stärkste lässt der Konkurrenz im Sprint keine Chance
Video: Hyundai Tucson Facelift (NYIAS 2018)
Frische-Kur für das Kompakt-SUV
Das ist allerdings auch bitter nötig, denn sein Zweiliter-Saugmotor will bei Laune gehalten werden. Während der Renault seine 260 Newtonmeter bereits bei 1750 Touren auf die Vorderräder loslässt, gibt sich der CX-5 mit 213 Nm bei 4000 Touren erschreckend blutarm. Miese Elastizitätswerte sind die logische Folge. Mit seinem 1,6-Liter-Turbo und 177 PS lässt der Tucson die beiden Mitbewerber nicht nur auf dem Papier deutlich hinter sich. Auch auf der Straße, wenn es in 8,9 Sekunden auf 100 geht, ist gegen den Korea-Schnellzug kein Kraut gewachsen. Doch das Rennpferd will gefüttert werden. Mit einem Testverbrauch von 9,1 Litern gönnt sich der Tucson deutlich mehr als Kadjar (7,5 l) und CX-5 (7,3 l).So zögerlich der Mazda beschleunigt, so ungern kommt er auch wieder zum Stillstand. Mit warmer Bremsanlage tritt Fading auf, das Pedal muss immer tiefer gedrückt werden, der Bremsweg wird länger (36,1 Meter). Heulen auf hohem Niveau, die Mitbewerber können es aber eben besser. Mit Warmwerten von 34,7 (Hyundai) und 34,0 Metern (Renault) verzögern sie fast auf Sportwagenniveau.
Wie weit die Innengeräuschmessung und der Geräuscheindruck auseinander liegen können, zeigt der Mazda. Während er bei der Messung im höchsten Gang noch den Leisetreter gibt, wird er beim Ausdrehen dröhnig und wirkt hellhöriger als seine ausgewogeneren Konkurrenten. Für eine ohrenschonende Fahrweise sorgt beim Kadjar aber schon sein undynamisches Wesen, das ihm auch im Zuge des Facelifts nicht ausgetrieben werden konnte.
Fahrspaß kommt ausschließlich im CX-5 auf
Video: Crashtest Mazda CX-5 (2017)
Top-Wertung für Mazda
Weder die indirekte, teigige Lenkung noch das taumelige Fahrwerk vermitteln den Eindruck, dass hier Fahrästheten am Werk gewesen sind. Besser, aber nicht aufregend: der Tucson. Zwar funktionieren Aufhängung, Lenkung und Schaltung für sich genommen okay, eine Einheit bilden sie aber nicht. Das gelingt nur dem Mazda. Er schafft es, sich mitzuteilen, bezieht den Fahrer mit ein, alle Komponenten harmonieren und sorgen für Fahrspaß. Beim Beladen kommt dagegen bei allen gute Laune auf. Mit Zuladungen von mehr als 500 Kilo (sogar 614 kg beim Hyundai) und bis zu 1620 Liter Ladevolumen bei umgeklappter Rückbank lässt keiner die Familie beim Sommerurlaub im Stich. Die lange Fahrt bietet dann viel Zeit, sich über die Qualitätsdefizite zu ärgern. Ob billiger Kunststoff und unentgratete Kanten beim Renault oder die äußere Teillackierung der Asiaten, die in Motorräumen und Türöffnungen mit Klarlack geizen: Gemessen an den Preisen zwischen 31 690 Euro (Renault) und 33 150 Euro (Hyundai) sind das mehr als kleine Ausrutscher.
In Sachen Kosten gibt es große Unterschiede
In der Anschaffung ist der Kadjar günstiger als CX-5 und Tucson – zum Gesamtsieg reicht das aber nicht.
Bei den Kosten profitiert der Renault von einer Aktion, die ihm eine Fünfjahresgarantie und damit wertvolle Punkte einbringt. Seinen Rückstand in der Eigenschaftswertung holt er damit aber nicht auf. Der Mazda, in der Eigenschaftswertung noch auf Platz 1, vergeigt seinen Sieg mit hohen Kaskoklassen und engmaschigen Wartungsintervallen. Da kann auch die günstige Restwertprognose nichts mehr retten. Trotz höchstem Preis und schlechtestem Wiederverkauf kann der Hyundai am Ende verlorenen Boden gutmachen. Er bietet eine Fünfjahresgarantie ohne Kilometerbegrenzung, muss nur alle zwei Jahre oder 30.000 Kilometer an die Box und spart bei der Versicherung. Damit zieht er am Ende am Mazda vorbei – und gewinnt den Vergleich verdient. Der Kadjar, der hat ja … verloren. Sorry, aber weder der neue Motor noch die Facelift-Schminke können über die lieblos wirkende Machart des Renault hinwegtäuschen. Um in der Hitliste noch mal vorne mitmischen zu können, wird man in Frankreich wohl einen Nachfolger komponieren müssen.
Am Ende reicht es beim Kadjar trotz aller Mühen nur für Platz 3. Ob Verarbeitung, Bedienung oder Fahrwerk: Die anderen können es besser. Der CX-5 ist ein Fall für Genießer, der Tucson siegt als bester Allrounder.