Der Bürgermeister sagt, dieses Auto werde Geschichte schreiben. Der Bauer sagt, dieser Roadster sei "scho a Prachtvoller". Und die Ballkönigin sagt: "Jo mei, mir könna echt stolz sein auf des Auto." Roding, irgendwo zwischen Regensburg und der tschechischen Grenze, gut 12.000 Einwohner, eine Kirche mit Zwiebeltürmchen, vor den Toren ein Industriegebiet. "Bodenständige, bescheidene, belastbare Menschen mit hohem technischem Verständnis", wie Bürgermeister Franz Reichold sagt. Er muss das sagen. Denn er steht neben dem berühmtesten Sohn der Stadt, dem Roding Roadster. "An dem Auto kann man sehen, dass man mit einer Idee etwas Einmaliges erreichen kann." Noch ist das Auto einmalig. Doch bald soll es knapp zwei Dutzend davon geben. Schnell, chic, teuer, vor allem: leicht – keine 1000 Kilo.

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Roding Roadster
Klein, aber sehr fein: Der exklusive Roadster entsteht in einer Manufaktur am Stadtrand von Roding.
Die Macher des Roadsters, ehemalige Studenten der TU München, setzen konsequent auf kohlefaserverstärkten Kunststoff. Das ebenso leichte wie stabile Carbon, sonst lediglich in der Formel 1 oder bei Luxusmodellen wie Mercedes SLR oder Bugatti Veyron verwendet, gilt in der Autoindustrie als Werkstoff von morgen. Im Frühjahr 2007 trafen sich Robert Maier, heute Geschäftsführer von Roding Automobile, und drei Kommilitonen sowie ein Rodinger Maschinenbauer das erste Mal, um ihre Idee umzusetzen: ein Roadster, Fahrerposition nah an der Hinterachse, Leichtbau, für den die Leute bereit sind, viel Geld auszugeben. Fünfeinhalb Jahre später steht an einer Rodinger Ausfallstraße eine moderne weiße Industriehalle. Die Manufaktur. In der Halle kein Staubkörnchen, kein Mucks. Konzentriertes Arbeiten. Die ersten Kundenfahrzeuge sollen bald ausgeliefert werden, zehn Bestellungen liegen vor, Anzahlung inklusive. Der Ort erinnert an die Anfänge des Elektroauto-Pioniers Tesla in Kalifornien. Dieselbe Begeisterung. Dieselbe Improvisationskunst. Derselbe Erfolg?

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Roding Roadster
Kraftpaket im Heck: Ein 340 PS starker Reihensechser von BMW hat mit 950 Kilo Roadster leichtes Spiel.
So wie sich Tesla neben dem Bau des Roadsters mit der Zulieferung von elektrischen Antriebssträngen ein zweites Standbein geschaffen hat, so hat sich Roding Automobile auf die Herstellung von Kohlefaserteilen spezialisiert. Ein Kunde heißt BMW. Da passt es gut, dass der Reihensechszylinder, quer vor der Hinterachse eingebaut, von dem Münchener Autobauer geliefert wird. "Zwischen uns und BMW bestand von Anfang an eine enge Beziehung", so Robert Maier, dessen Schwabinger Büro in Sichtweite der Konzerntürme liegt. Die Kohlefaserverarbeitung geschieht im Untergeschoss der Manufaktur. Hier werden die Matten in verschiedenen Verfahren mit Harz verbunden, in Formen gepresst und ausgehärtet. Das 75 Kilogramm leichte Hauptchassis wird in einer Schalenbauweise aus 14 Carbonteilen zusammengefügt. Das alles klingt nicht nur teuer, es ist es auch. 155.000 Euro kostet der Roadster, der nach dem Ort seiner Entstehung benannt wurde. "Wir hatten erst nach Tiernamen gesucht, aber das klang uns zu sehr nach Bundeswehr", sagt Maier. "Roding, das klingt ja international", ergänzt Bürgermeister Reichold.
Und international ist auch schon die Kundschaft. Zwar gehen die ersten Roadster nach Süddeutschland, doch auch ein in Monaco lebender Amerikaner will Roding fahren."Er hat nach einer Probefahrt bestellt, ohne nach dem Preis zu fragen", erinnert sich Maier. Später bezeichnete der Kunde den geforderten Betrag als "angemessen". Das überrascht nicht. Eine Fahrt im Roding, der mit zwei Carbon-Dachelementen schnell zum Coupé wird, ist wirklich aufregend. Den 320-PS-Motor stört die ungewohnte Quer-Einbaurichtung nicht. Ein Leistungsgewicht von unter drei Kilogramm pro PS ergibt eine ganze Menge Fahrspaß.
Roding Roadster
Lukrative Kleinserie: Roding reichen schon kleine Stückzahlen, um wirtschaflich zu produzieren.
Aber reicht das, damit Roding Automobile nicht dasselbe Schicksal ereilt wie etwa Artega? Der Kleinserienhersteller hat jüngst Insolvenz angemeldet. "Wir müssen nicht Hunderte von Autos auf die Straße bringen, um wirtschaftlich zu sein", erklärt Geschäftsführer Maier den Vorteil. Roding gilt trotz Vollbeschäftigung als strukturschwache Region, das gibt zusätzliche Fördergelder. Dazu kommen private Investoren. Geschäftsbeziehungen zu BMW oder Siemens helfen. Mit dem Technologiekonzern wurde gerade ein Roadster mit Elektroantrieb über Radnabenmotoren gebaut. Doch noch röhrt der Roadster durch Roding, dass Fritz beinah die Pizza aus der Hand fällt. Fritz heißt eigentlich Pasqualino. Aber weil der Name schwer auszusprechen ist und er schon seit 21 Jahren in Roding lebt, wo er sein Restaurant "Bella Italia" betreibt, ist es eben Fritz, der sagt: "Vonne der Form isse das Auto wunderbaaaar. Kanne man mitte eine Ferrari vergleiche." Dann braust der Roadster davon. Es herrscht wieder Ruhe in Roding.

Technische Daten Roding Roadster
Reihensechszylinder-Turbomotor, Mitte quer • Hubraum 2979 cm³ • Leistung 235 kW (320 PS) bei 5800/min • max. Drehmoment 450 Nm bei 1300–4500/min • Hinterradantrieb • Spitze 285 km/h • Sechsganggetriebe • Reifen 225/40 R 18 vorn, 255/35 R 18 hinten • L/B/H 4106/ 2024/1190 mm • Leergewicht 950 kg • Preis 155.000 Euro

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Hauke Schrieber
Artega, Gumpert, Wiesmann – kleine deutsche Automanufakturen mit mehr oder weniger Erfolg. Was diese Firma aus Roding anders macht: Sie setzt nicht nur auf den wirklich gelungenen Roadster. Sie hat sich zudem eine Kompetenz bei der Fertigung von Kohlefaserteilen erarbeitet, die selbst ein Weltunternehmen wie BMW zu ihren Kunden macht. In Roding können sie zu Recht stolz sein auf ihre kleine, feine Autoindustrie.