Äpfel mit Birnen zu vergleichen, führt nicht zu hilfreichen Ergebnissen. Und wie ist es, wenn wir Äpfel mit Äpfeln vergleichen wie in diesem Fall – können wir uns den Aufwand dann nicht gleich schenken? Nein, können wir nicht. Denn Seat Alhambra und VW Sharan werden zwar im selben Werk in Portugal von denselben Menschen gebaut. Doch das muss ja nicht heißen, dass es nur Unterschiede im Front- und Heckdesign gibt. Könnte ja auch sein, dass Fahrwerke und Lenkungen anders abgestimmt sind oder im Innenraum unterschiedliche Materialien verbaut werden.

Überblick: Alle News und Tests zum Seat Alhambra

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Video: Seat Alhambra vs. VW Sharan

Das Duell der Zwillingsbrüder

Schließlich ist der Alhambra billiger. 1525 Euro beträgt der Preisvorteil des Seat, wenn man die Konzern-Zwillinge als 2.0 TDI mit 140 PS in gehobener Ausstattung (Style und Comfortline) als Siebensitzer mit Drei-Zonen-KlimaautomatikClimatronic bestellt. Denn derart zum Allround-Familienauto konfiguriert, kostet der Seat 34.025 Euro und der VW 35.550 Euro. Stramme Preise hier wie da. Und die Preisdifferenz macht umso neugieriger – sind die gut 1500 Euro Differenz im Alltag spürbar? Wir haben den Alhambra mit dem Sharan zusammen über miese Landstraßen geprügelt, mit fast 200 km/h über die Autobahn gehetzt, Phonwerte und Bremswege, Beschleunigung und Elastizität gemessen, Verbräuche ermittelt, alle Sitze verschoben, geklappt, auf schlechte Spaltmaße geachtet, auf Klappereien gelauscht – kurz: Wir verlangten den zwei Vans alles ab, was zu einem AUTO BILD-Vergleichstest gehört.

Überblick: Alle News und Tests zum VW Sharan

Seat Alhambra VW Sharan
Zwillinge: Bis auf leichte optische Unterschiede gleichen sich Alhambra und Sharan sehr.
Und dann holten wir Wertverlust-Prognosen ein und erfragten Wartungskosten, verglichen Versicherungstypklassen, Ausstattungstabellen und Aufpreise – und stießen tatsächlich auf Unterschiede, aber auch auf viele Gemeinsamkeiten. Und diese Gemeinsamkeiten sind durch die Bank erfreulich. Denn es ist zum Beispiel immer wieder erstaunlich, wie leichtfüßig und komfortabel diese 1,8-Tonner unterwegs sind. Die feinfühlige, präzise Lenkung und sorgfältig abgestimmte Federn und Dämpfer bescheren den Dickschiffen ein unerwartet flinkes Handling und jede Menge Komfort. Die Straßenbauer müssen schon einen verdammt schlechten Job gemacht haben, ehe harte Stöße in die Sitze vordringen. Auf den allermeisten Kilometern packen Alhambra und Sharan ihre Besatzung in Watte und verkneifen sich auch Knistern, Knarzen oder gar Klappern. Auch bei der Geräuschdämmung wurde nicht gepart: Das Grummeln der Turbodiesel verschwindet bei konstantem Tempo im leisen Rauschen von Wind und Reifen. Unterschiede, die den VW Mehrpreis rechtfertigen könnten, gibt es im Fahrbetrieb nicht.
Das Platzangebot ist natürlich auch identisch. Selbst in der dritten Reihe gibt es genügend Platz für Erwachsene, wenn die Mitfahrer in der zweiten Reihe ihre Sitze ein wenig vorschieben. Erfreulich auch, dass nicht nur Schlangenmenschen auf die hinteren Plätze kommen. Die großen, mit wenig Kraft (und auf Wunsch auch elektrisch) zu bedienenden Schiebetüren öffnen weit, und die Sitze der mittleren Reihe gleiten schräg nach vorn. In jeder Hinsicht erfreuliche Autos also, die mit kaum mehr als sechs Liter Diesel 100 Alltags-Kilometer bewältigen. Unentschieden auf hohem Niveau also, was das Leben mit den Siebensitzern angeht. In Details (serienmäßiger USB-Port und aufpreisfreie Fond-Bedieneinheit der Climatronic) bietet der Seat zwar die bessere Komfortausstattung. Andererseits lässt er sich nicht mit dem superkomfortablen Adaptiv-Fahrwerk oder schlüssellosem Zugang ausstatten wie der Sharan. Das bringt dem VW einen Extra-Punkt bei den Technik-Optionen.
Mit penibler Verarbeitung, durchdachter Bedienung und nichts, was wirklich stört, sind sie in der Eigenschaftswertung absolut ebenbürtig – und erreichen je 310 Punkte. Schiebt sich der Alhambra daher in der Gesamtwertung vor den Sharan, weil er gut 1500 Euro billiger ist? Klare Antwort: Nein. Für diesen Vorteil sammelt er zwar Punkte, verliert die aber wegen einer schlechteren Restwert-Prognose wieder. Ein Sharan ist nach drei Jahren rund 1800 Euro mehr Wert als ein gebrauchter Alhambra.

Fazit

von

Michael Harnischfeger
Sie werden kommen, ich weiß. Wer? Die Leserbriefe natürlich. Denn es ist nicht leicht zu verstehen, dass der billigere Seat den VW nicht besiegt. Schließlich kann der Sharan nichts besser, was sich erleben oder messen ließe. Wieso dann ein Unentschieden? Tatsache ist, dass Alhambra und Sharan – abgesehen von leichten Design-Dingen – absolut identisch sind. Wer also kein Adaptiv-Fahrwerk oder keinen schlüssellosen Zugang braucht, kann den billigeren Seat kaufen. Ob er dann aber viel günstiger fährt als mit dem VW, zeigt sich erst nach Jahren – denn auch der Wiederverkaufswert ist niedriger. Fest steht: Welchen der beiden man auch kauft, man kauft einen Sieger-Typ.

Von

Michael Harnischfeger