Der Elektro-Smart ist zwar kein Alleskönner, hat aber seine Stärken
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Einer für alles war der Smart noch nie. Er ist das ultimative Stadtmobil und wird oft als Zweitwagen gekauft. Mittlerweile ausschließlich als Stromer erhältlich, verkörpert er diese Rollen deutlicher denn je.
Smart und Elektro? Ist ja mittlerweile ein alter Hut, werden die Kenner der Szene zu Recht sagen. 2012, noch auf Basis der zweiten Smart-Generation, bot Daimler mit dem Smart fortwo electric drive das erste batterieelektrische Auto des Konzerns an. Der Erfolg hielt sich in Grenzen, stand es vor acht Jahren ja noch deutlich schlechter um die Ladeinfrastruktur als heute. Trotzdem sollten sie mittlerweile Erfahrung haben mit den kleinen E-Mobilen. Schließlich bietet sich der Smart auch wie kaum ein anderes Auto für die Rolle als effizientes stromerndes Stadtmobil an.
Die Akkukapazität ist seit dem Debüt nicht gewachsen
Bitte nicht zu weit von der Steckdose entfernen: In der Regel zeigt der Smart unklimatisiert um die 120 Kilometer an.
Langstrecke machte auch mit Benzinern keinen Spaß, und in der Stadt ist die E-Maschine einem kleinvolumigen Verbrenner in Wirkungsgrad und Beschleunigung sowieso weit voraus. Da müssen dann auch der Akku und die entsprechende Reichweite nicht überdimensional groß sein. Das spart CO2 in der Produktion und macht den Smart nicht nur in der Politik, sondern auch in der Realität umweltfreundlich. Dennoch muss auch der urbane Altstadtgassen-Pilot erst mal schlucken, wenn er die zur Verfügung stehende Reichweite sieht. In der Regel zeigt der Smart ohne aktivierte Klimatisierung etwas um die 120 Kilometer an. Das liegt auch daran, dass die Akkukapazität des kleinen, unter dem Kofferraum sitzenden 96-Zellers seit dem Debüt im Jahre 2012 kein bisschen gewachsen ist. 17,6 kWh bekam man schon bei Smart, als der BVB seine letzte Meisterschale holte, 17,6 kWh bekommt man auch jetzt, wo Fußball ohne Zuschauer gespielt wird. Selbst der VW e-Up! kommt mit über 36 kWh Kapazität. Wer fleißig heizt oder kühlt, reduziert die Reichweite weiter, denn eine Wärmepumpe wie in anderen elektrischen Kleinstwagen fehlt hier.
Trotz kurzen Radstands zeigt sich der Smart stets fahrsicher
Auch bei Höchstgeschwindigkeit bleibt der Smart sehr stabil. In Kurven untersteuert er deutlich, wird aber vom restriktiven ESP eingebremst.
Ist jedoch etwas Saft im Akku, spielt der Smart im Stadtverkehr seine Stärken gekonnt aus. Da man gefühlt auf einem verglasten Bürostuhl mit größeren Rädern sitzt, ist die Übersichtlichkeit hervorragend. Kleine Löcher im dichten Automobil-Teppich verstopfter Innenstädte werden im Lenkradumdrehen in einen Parkplatz verwandelt. Dabei gibt sich der Smart trotz kurzen Radstands allseits sehr fahrsicher. Selbst bei Höchstgeschwindigkeit bleibt er sehr stabil. In Kurven untersteuert er deutlich, wird aber meist schon vorher vom äußerst restriktiven ESP eingebremst. Trotzdem vermittelt er bei normaler Fahrweise ein sehr handliches Gefühl. Gewöhnungsbedürftig ist die etwas eigenwillige Sitzposition, denn dort, wo man normalerweise seinen linken Fuß abstützen würde, sitzt das Vorderrad. Dementsprechend bringen größere Fahrer das linke Bein immer merklich angewinkelt im Fußraum unter. Zudem fehlt es dem Lenkrad etwas an Einstellweite, und so fährt man immer mit ausgestreckten Armen. Der WLTP-Verbrauch von 15,2 kWh lässt sich in der Stadt leicht in die 13er-Werte drücken. Wichtig dabei: der Eco-Modus, denn nur mit ihm rekuperiert der Smart konstant. Ansonsten geschieht die Rekuperation über eine Radarsteuerung, die abhängig vom vorausfahrenden Fahrzeug die Rekuperation aktiviert. Hier wäre eine individuelle Steuerung wünschenswert. Geht es dann ans Laden – und das wird oft der Fall sein –, spürt man schnell das Alter des Smart-Antriebsstrangs. Serienmäßig schafft er maximal 4,6 kW an der Ladesäule und fesselt den fortwo damit trotz des Winzakkus für dreieinhalb Stunden (10 bis 80 Prozent Ladung) an den Stecker. Für den 22-kW-Lader (10 bis 80 Prozent in 40 Minuten) verlangt Smart happige 990 Euro Aufpreis. Ein klarer Pflichtkauf, auch wenn das Teil eigentlich serienmäßig sein sollte. Gleiches gilt für das Ladekabel für die Haussteckdose, denn das kostet zusätzliche 300 Euro.
Höheneinstellung für Fahrersitz und Lenksäule nur mit Paket
Simples Cockpit mit durchschnittlicher Material- und Verarbeitungsqualität.
Aber diese Preisgestaltung setzt sich konstant über die Preisliste hinweg fort. Smart fahren war noch nie günstig, aber selten teurer als in elektrischer Form. Die sonst recht karge Basis bringt immerhin eine Klimaautomatik mit, dennoch empfehlen wir die zweite Linie Passion (1900 Euro). Die gewährt nämlich den bedingungslosen Zugang zu den Ausstattungspaketen. Hier empfehlen wir Advanced (955 Euro), das unter anderem das Smart-Media-System inklusive Navigation sowie Smartphone-Integration via Mirror Link Android Auto oder Apple CarPlay ins Auto holt. Außerdem braucht es eines der Pakete, um eine Höheneinstellung für Fahrersitz und Lenksäule zu erhalten. Auch wenn die Ausstattungspolitik primär auf die vier Linien und die vier wählbaren Pakete zugeschnitten ist, gibt es noch einige Einzelextras – gut so! Dennoch sind die Preise mehr als happig. Mit den genannten Extras steht der EQ fortwo bei über 26.000 Euro. Das ist in Anbetracht des recht geringen Nutzwerts schlicht zu viel, wenn die Mitbewerber aus dem VW-Konzern die doppelte Reichweite und eine optionale CCS-Schnellladefunktion für weniger Geld bieten.Fazit: Die herrlich übersichtliche und handliche Karosserie, ein vollständiges und leicht zu bedienendes Infotainment, der druckvolle E-Motor: Es gibt viel Positives am Smart EQ fortwo, jedoch stehen seine Talente und seine eingeschränkte Nutzbarkeit in keinem Verhältnis zum deftigen Preis. Die neue Generation EQ fortwo muss da ab 2022 dringend nachlegen.