Verzerrtes Sportwagen-Weltbild

Sündhaft teuer, rasend schnell, hochexklusiv, dekadent unpraktisch: Kurz gefaßt macht das einen reinrassigen Sportwagen aus. Nun darf ich hier den Cayman einordnen, der vergleichsweise ein Sonderangebot ist. Für meine Verhältnisse mit 58.529 Euro zwar sündhaft teuer, für einen Porsche aber beinahe günstig. Der große Bruder 911 steht mit rund 18.000 Euro mehr in der Preisliste. Genau so konträr verhält es sich beim "schnellen" Aspekt: Den bestätigt der Cayman mit 295 PS (das reicht für 275 km/h) mustergültig. Andererseits knacken heutzutage selbst Diesellimousinen die 300-PS-Grenze.

Und was ist eigentlich unpraktisch am Cayman? Er hat eine weit aufschwenkende Heckklappe, Gepäck-Fassungsvermögen (410 Liter) wie ein Kompakter. Wo soll ich diesen multifunktionalen Boxster-Ableger nun hinstecken? In die Kategorie rassiger Sportler paßt er mit seinen Alltagsallüren irgendwie nicht. Genausowenig wie zwei ähnlich gestrickte Rasse-Renner von Audi und Nissan. Der 39.900 Euro teure TT 3.2 quattro (250 PS) und die Preisattacke von Nissan, der 350Z (280 PS) für 34.900 Euro.

Damit ich mein Sportwagen-Weltbild wieder geraderücken kann, blende ich an dieser Stelle Kofferraumvolumen, Bordwerkzeug-Qualität und Lage des Verbandkastens einfach mal aus. Wer Sportwagen nur nach Vernunfts-Regeln auswählt, geht wohl auch mit Schwimmflügeln in die Badewanne. Sicher ist sicher. Ich forsche lieber nach den Renn-Genen von Cayman, TT und Z. Soviel vorab: Gefunden habe ich sie in jeder der drei Flundern. Aber ich bin auch auf drei völlig unterschiedliche Charaktere gestoßen.

Preise und Ausstattungen

Da ist der "alte" Audi: Seit 1998 fegt die rasende Stromlinie über unsere Straßen, entsprechend häufig kann man ihn sehen. Das spricht für seine Popularität, raubt ihm aber auch eine Portion Exklusivität – für Sportwagen ein nicht ganz unwichtiges Argument. Macht nichts, der wahre Esprit des Audi steckt eh unter dem Blech. Ein Sechszylinder mit 3,2 Liter Hubraum, der satt klingt, mit gleichmäßiger Leistungsentfaltung überzeugt. Nach Audi-typischer quattro-Art geht seine Kraft auf alle vier Räder. Im Testwagen läuft das zudem über ein elektronisch verwaltetes Direktschaltgetriebe (DSG).

Aber speziell der Allradantrieb und das DSG verleihen dem TT einen zwiespältigen Charakter. Einerseits bietet er beste Traktion und besonders auf nasser Fahrbahn einen Gewinn an Spurtreue. In Verbindung mit dem elektronischen Stabilitätsprogramm wird so aus dem TT ein beherrschbarer Kurvenräuber. Aber auch ein etwas unspektakulärer. Was die automatisierte Schaltung angeht, fehlt dem Audi für meinen Geschmack die Verbindung zwischen Mensch und Mechanik.

Auch wenn es der Automat blitzschnell und ruckfrei kann, auch wenn es zum Schalten nur eines Fingerzugs an der Lenkradwippe bedarf: Ein satt einrastender Schalthebel und der federnd zupackende Kraftschluß einer trockenen Kupplung sind mir bei einem Sportwagen lieber. Daß sich die Elektronik zudem frech durch selbsttätiges Hochschalten (am Drehzahl-Limit) einmischt, finde ich auch nicht passend. Kurz gesagt: Das perfektionierte Fahrsystem TT ist in allen Bereichen rasend schnell – aber im Verhältnis zu Porsche und Nissan beinahe erlebnisarm. Schon, weil Nissan und Porsche noch besser klingen.

Betriebskosten und Garantien

Der Z zum Beispiel garniert seinen dumpf polternden Grundklang des V6 mit herrlich metallisch tönenden Einlagen aus Getriebe und Kupplung. Und der 3,4-Liter-Boxermotor im Porsche beherrscht die ganze Soundklaviatur, die ein Sportwagen überhaupt im Repertoire haben kann. Den Lufthol-Vorgang durch sein komplexes Schalt-Ansaugsystem quittiert er je nach Drehzahl mit wohligsten Röhr-Tonlagen. Die Mechanik des turbinenartig ausdrehenden, giftig am Gas hängenden Boxermotors hämmert dazu je nach Lastzustand ein sonores Rumoren oder ein – den alten luftgekühlten Porschemaschinen ähnliches – Singen heraus.

Auch in puncto Fahrspaß haben 350Z und Cayman ihre flachen Nasen vorn. Speziell der Japaner fordert den Piloten auf angenehm aufregende Art. Allein, daß der Fahrersitz im Gegensatz zum Sessel daneben deutlich enger, im Schulterbereich kompromißlos zupackend geschnitten ist, zeigt: Hier nehmen Kenner und Könner Platz. Die Lenkung ist einen Hauch direkter übersetzt als die des Audi – zudem mit deutlich weniger Servounterstützung belegt. Kleiner Nachteil: Beim hektischen Ausweichmanöver verhärtet die Lenkung.

Die leicht knochige Schaltung des Z braucht ebenfalls eine feste Hand – aber der harte Anschlag in der Kulisse und eine entschlossen beißende Kupplung geben ein perfektes Gefühl der Macht beim Schalten. Hier bin ich der Chef, hier hab ich alles im Griff. Mindestens genauso aufrichtig zeigt sich der Nissan im Fahrverhalten. Ein bäriges Drehmoment, das sich in den kürzer übersetzten Gängen wuchtig über die Hinterräder hermacht, fährt in Kurven schnell zum Heckschwenk, aber selbst bei abgeschaltetem Antischleuder-Programm läßt sich der gereizte Nissan wieder spielend leicht beruhigen. Auf den Punkt gebracht: Der spürbare, zupackende Arbeitseifer macht den Z zum besonders authentischen Sportler. Eine unverfälschte Maschine mit Lust-auf-mehr-Garantie.

Technische Daten und Fahrleistungen

Was sich aber im Porsche noch um einiges steigern läßt. Für mich jedenfalls gleicht der Cayman einem geeichten Präzisionsinstrument unter den Rennern. Das beginnt im Innenraum: Stramm geschnitten, lassen sich die Sitze (gegen Aufpreis) noch enger justieren, das Lenkrad hat einen weiten Tiefenverstellbereich – der Cayman paßt wie ein OP-Handschuh. Zur akustischen Offenbarung gesellen sich noch kaum faßbare Möglichkeiten im Bereich Fahrdynamik. Da läßt der Cayman noch kleinere Kurvenradien zu, wo Audi und Nissan längst wimmernd der Ideallinie entgleisen. Mit der variablen Übersetzung seiner Lenkung (ab 30 Grad Einschlag am Lenkrad werden die Reaktionen ungleich spitzer) deklassiert er die immerhin ordentliche Zielgenauigkeit der Konkurrenten deutlich.

So erlaubt der Cayman selbst in extrem schnell gefahrenen Kurven noch Kurskorrekturen im Zentimeterbereich. Genauso läßt sich der Cayman auch ab Tempo 250 aufwärts, sozusagen im indirekten, entspannten Arbeitsfeld der Lenkung akribisch genau führen. Auch passen der in allen Lagen lebhafte Motor mit dem enorm breit nutzbaren Drehzahlband und das hervorragend abgestufte Getriebe mit genauer Schaltung optimal zusammen. Gegen Aufpreis liefert Porsche noch das Sport-Chrono-Paket inklusive herrlich anzuschauender Stoppuhr (742 Euro): Dann läßt sich die Gaspedalkennlinie auf Tastendruck schärfen, ein noch giftigeres Ansprechen des Motors ist die Folge.

Daß der stärkere, einige hundert Touren höher drehende Sechszylinder-Boxer zudem ein viel leichteres Auto bewegen muß, komplettiert das Bild von den berauschenden Dynamik-Qualitäten. Was übrigens auch für die Bremsen gilt. Porsche zeigt mit dem Cayman S auf beinahe demütigende Weise, was möglich ist. Mit unter 35 Metern läßt er die auch sehr guten Werte von TT und Z schlecht aussehen. Das alles lassen sich die Suttgarter natürlich bezahlen. Zwischen Cayman und den beiden anderen liegt ein gut ausgestatteter Golf – und die Erkenntnis, daß auch schon Porsches Junior-Sportler in einer eigenen Liga fährt.

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