Unter dem etwas reißerischen Titel "Volvo setzt starkes Zeichen gegen zu schnelles Fahren" verkündete der schwedische Autobauer kürzlich, dass er ab 2020 die Höchstgeschwindigkeit seiner Neuwagen auf 180 km/h beschränken werde. Schließlich sei es die Vision des Unternehmens, dass ab 2020 kein Mensch mehr in einem neuen Volvo getötet oder schwer verletzt werden soll. Die Volvo-Unfallforschung habe ergeben, dass zu schnelles Fahren einen besonders negativen Einfluss auf die Verkehrssicherheit habe.

Akkukapazität von E-Autos sinkt mit steigender Geschwindigkeit

Für Volvo ergibt diese Aussage gleich aus mehrerer Hinsicht Sinn. Die Schweden pflegen seit Jahrzehnten ihr Image als sicherheitsbewusster Automobilhersteller und sehen ihre Zukunft in der Elektromobilität. Und die Volvo-Manager wissen genau, dass bei reinen Elektromobilen die Akkus mit steigender Geschwindigkeit schneller leergesaugt werden. Außerdem gehören betont sportliche Fahrzeuge ohnehin nicht zu den Kernkompetenzen der Schweden.

VW: hohe Geschwindigkeit an sich nicht das Problem

Tempolimit: Hintergrund zu Volvo-Plänen
VW sieht in hohen Geschwindigkeiten an sich kein Problem. Unfall-Hauptgrund sei nicht angepasste Geschwindigkeit.
Fragt man bei anderen Herstellern nach, gibt es unterschiedliche Ansichten. VW verweist ebenfalls auf die Datenerhebung der Unfallforschung. Die besage, dass nicht hohe Geschwindigkeit an sich der Unfall-Hauptgrund sei, sondern nicht angepasste Geschwindigkeit. Demnach würde auch ein generelles Tempolimit Unfälle durch unangepasste Geschwindigkeit nicht verhindern. "Statt eines pauschalen Tempolimits sollten unseres Erachtens nach Tempolimits zielgenau und situationsangepasst angewandt werden. Etwa auf nachweislich besonders unfallauffälligen Streckenabschnitten oder temporär bei entsprechenden Witterungsverhältnissen oder hohem Verkehrsaufkommen", lässt Europas größter Autobauer verlauten.

BMW: Tempolimit falsches Signal

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Video: Volvo V60 (2018)

Erste Fahrt im V60

Interessante Töne hört man aus Stuttgart-Untertürkheim. Bei Mercedes würde der Entwicklungsaufwand nach Aussage eines hochrangigen Technikers nennenswert sinken, wenn man die Autos nicht mehr volllastfähig machen müsste. BMW dagegen winkt ab: "Ein Tempolimit wäre das falsche Signal. Außerdem muss man die Bremse immer noch so standfest machen, dass eine Fahrt von einem Bergpass möglich ist. Also ist das kein großer wirtschaftlicher Stellhebel." Diese Argumentation ist aus Sicht der Münchner nachvollziehbar, schließlich steht nach wie vor die "Freude am Fahren" im Zentrum des BMW-Markenverständnisses.

PSA-Chef Tavares glaubt an Freiheit in Europa

Tempolimit: Hintergrund zu Volvo-Plänen
PSA-Chef Carlos Tavares plädiert für Freiheit in Europa – ohne Tempolimit.
Schützenhilfe erhalten die Gegner des Tempolimits von PSA-Chef Carlos Tavares. Die Aussage des Portugiesen ("Ich glaube als ein Bürger dieser Region, dass eine Stärke von Europa die Diversität und die Kreativität ist, die durch Freiheit entsteht") gegenüber der "Automobilwoche" erinnert an den Slogan "freie Fahrt für freie Bürger". Doch der Manager legt nach: "Man kann sich fragen, ob diese Entscheidung darauf zurückzuführen sein könnte, dass die Produkte bestimmte Dinge nicht können." Volvo baut seit einiger Zeit nur noch Drei- und Vierzylindermotoren in seine Pkw. Von R-Sportmodellen hat man sich schon vor Jahren ebenso verabschiedet wie von Achtzylindermotoren, die zuletzt Yamaha zugeliefert hatte.

Von

Wolfgang Gomoll