Die Nacht ist hereingebrochen über der Hamburger HafenCity. Hinter den beleuchteten Fenstern der neuen Bürogebäude im jüngsten Stadtteil der Hansestadt arbeiten Putzkolonnen. Unten auf der Straße herrscht gespenstische Stille. Plötzlich Motorengeräusche. Scheinwerfer. Drei Autos kommen um die Kurve, schemenhaft. Sie liefern sich eine wilde Verfolgungsjagd. Naja, so gut es eben geht mit vier Zylindern und kaum mehr als 100 PS. Sie fahren an einem Mann vorbei, der auf einem Regiestuhl sitzt und schließlich ruft: "Schnitt! Und danke!" Wieder eine Szene im Kasten. Eine Sequenz im Film "Die Unvergleichlichen". Im französischen Original: "Les Incompatibles". In der Hauptrolle der $(LB545884:Renault Kangoo Be Bop)$, in tragenden Nebenrollen Citroën Pluriel und Peugeot 1007. Untertitel: "Drei einmalige Franzosen drehen auf". Das hier ist nicht Hollywood. Kein Glamour, keine Superstars, keine roten Teppiche. Aber es ist auch kein billiger B-Movie-Schund. Denn die drei Darsteller sind zwar nicht groß oder stark oder wunderhübsch. Aber sie sind ehrlich, solide und vor allem – unverwechselbar.

Unvergleichlich sein bedeutet: Mut haben und zu seinen Schwächen stehen

Be Bop, Pluriel und 1007 sind echte Charakterköpfe. Der Vorwurf, heute sähen doch alle Autos irgendwie gleich aus, prallt an ihren ungewöhnlichen Blechkleidern einfach ab. Ihr Auftritt, Be Bop; Kamera läuft. Dieser Kastenwagen ist ein zu kurz gekommener Biedermann, der den jungen Hippie mimt. Die Rolle seines Lebens. Schwer, damit die Massen zu begeistern oder einen Oscar zu gewinnen. Die Stärke des gekürzten Kangoo ist seine Wandlungsfähigkeit. Mit dem verschiebbaren Glasdach im Heck ist er neben dem Maybach Landaulet das einzige Auto, in dem nur hinten Cabriogefühle aufkommen. Was das soll? Anders sein. Unvergleichlich zu sein bedeutet: Mut haben. Mut, es nicht allen recht machen zu wollen. Und zu seinen Schwächen zu stehen. Denn die gibt es: die graue Plastikwüste im Innenraum, die nie eine gute Maskenbildnerin gesehen hat. Die vier Einzelsitze, die zwar viel Platz bieten, aber eben nicht für einen fünften Passagier. Nicht nur die silberne Motorhaube, die man einfach nicht abbestellen kann, sorgt beim Be Bop für mehr Schein als Sein. Renault will mit dem Modell Kunden begeistern, die sich "bewusst von der Masse absetzen wollen, ohne snobistisch zu wirken". So der Original-Ton aus dem Marketing. Man könnte auch sagen: Denen es piepegal ist, was andere sagen. Trendforscher bestätigen schon lange die Entwicklung hin zur Individualisierung, nicht nur beim Autokauf.

Die Deutschen wollen sich auf diese durchgedrehten Typen nicht einlassen

Renault Kangoo Be Bop Citroën Pluriel Peugeot 1007
Was soll man von diesen Kandidaten halten? Sind sie wie ein Film, der erst fesselt und dann doch nervt? Oder sind sie verkannte Klassiker?
Also Be Bop statt B-Klasse? Oder sind solche Autos wie ein Film, der am Anfang fesselt, weil er anders ist, der aber schon nach einer halben Stunde langweilt und am Ende irgendwie nur noch nervt? Oder sind sie doch ewige Klassiker, die heutzutage einfach nur kaum einer versteht? Wie der unvergleichliche Citroën C3 Pluriel. Der Meister der Verkleidung übernimmt seit 2003 mal die Rolle der Limousine, tritt dann als Cabrio auf, mimt Spider oder Pick-up. Doch im vergangenen Jahr wurde der Pluriel nur 529-mal engagiert. Tendenz fallend. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Deutschen auf diese verspielten, leicht durchgedrehten Typen, die ein bisschen mehr Aufmerksamkeit benötigen, einfach nicht einlassen wollen.
Auch der Peugeot 1007 hat dieses Problem. Er ist wahrlich nicht der 007 unter den Kleinwagen. Seine beiden elektrischen Schiebetüren könnten aber von Bonds Forscher-Freund Q stammen. Der 1007 hat fünf Sterne beim Crashtest, aber keinen auf dem Hollywood Boulevard. Genau 206+ Modelle verkauften sich im vergangenen Jahr besser als der "Sésame", so sein Künstlername. Droht dem Be Bop ein ähnliches Schicksal? Von Kritikern gefeiert, vom Publikum missachtet? Nonkonformisten wie er, die ganz bewusst anders sein wollen, haben es schwer. "Die Unvergleichlichen, zwanzig die Erste – uuuund bitte!" Die Verfolgungsjagd geht weiter. Pluriel und Be Bop im alten Elbtunnel. Die beiden Autos geben ihr Bestes, sie ziehen alle Register. Aber ein Blockbuster wird das nicht. Egal. Die Unvergleichlichen haben ihre kleine Fangemeinde. Und die ist immerhin treu.
Hauke Schrieber
Mit dem Renault Kangoo Be Bop hat ein Modell seinen ersten Auftritt, das sich für ein ganz besonderes Publikum auserkoren fühlt – und somit wie Citroën Pluriel und Peugeot 1007 wohl nie über die Rolle des Kleindarstellers herauskommen wird. Aber das ist eigentlich auch ganz gut so. Wie es Filme gibt, die man nicht zu oft sehen darf, damit sie nicht ihren Zauber verlieren, gibt es Autos, denen man zum Glück nur ab und zu an der Kreuzung begegnet und denkt: Nichts für mich, aber schön, dass es sie gibt.