Toyota Auris gegen VW Golf
So gut spielt Toyota Golf

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Toyota hat Großes vor. Der Auris soll in der Kompaktklasse ganz nach vorne fahren. Dorthin, wo der VW Golf steht. Die Vorraussetzungen sind gut, denn der Auris punktet vor allem beim Preis.
Wegschauen geht nicht mehr. "Augen auf, Auris" ruft es uns zurzeit zu. Überall, von Plakaten, Leuchtreklamen und Litfaßsäulen, 200.000-mal. Flankiert wird die größte Plakat-Aktion in der Geschichte Deutschlands von massiver Werbung in Radio, TV und Presse. Die Botschaft ist klar: Toyota macht ernst, die Japaner wollen es mit dem neuen Auris wissen. Schon der Name – vom lateinischen Wort Aurum, Gold – klingt alles andere als bescheiden. Und bei der Konstruktion des Autos betrieb Toyota einen Riesenaufwand, nichts sollte mehr schiefgehen beim Angriff auf Deutschlands Flaggschiff. Das fängt mit dem Design an. Darüber kann man ja immer streiten. Fakt ist jedoch, dass der Auris im Vergleich zum Corolla ein Riesen-Schritt nach vorn ist. Im Auftritt dem Yaris sehr ähnlich der – nebenbei – seit seinem Neustart im letzten Jahr bei uns Vergleiche in Serie gewinnt. Gefällig steht der Auris da, die bullige Front und die ansteigende Seitenlinie setzen eigene Akzente. Die europäische Abstammung (Designzentrum in Südfrankreich) ist deutlich zu spüren. Klar ist aber auch, dass der VW das noch mal besser kann: So selbstbewusst, so souverän freundlich und so vertrauenerweckend steht niemand sonst auf den Rädern. Formale Spielchen hat der Golf überhaupt nicht nötig. Das gilt auch für Cockpit und Innenraum, alles brav und solide gebaut. Aufregendes Design sieht anders aus, aber VW ist der Bedienungs- Weltmeister und der Golf das Lehrstück dafür. Es passt einfach alles.
Golf wirkt im Detail hochwertiger

Geringe Größenunterschiede
Bei Grösse und Abmessungen hat man manchmal das Gefühl, dass Toyota direkt beim VW Maß genommen hat. Länge und Breite unterscheiden sich nur unwesentlich, der Kofferraum zum Beispiel schluckt beim Golf 350 bis maximal 1305 Liter, beim Auris sind es 354 bis 1335 Liter. Im VW lässt sich nur die Rücklehne geteilt umlegen, im Toyota sind Lehne und Bank mit einem Griff geteilt umklappbar. Nett, aber einen Vorteil bringt das nicht, in beiden Autos bleibt eine Stufe zwischen Gepäckraumboden und umgeklappter Rücklehne. Und so gering die Unterschiede bei der Größe sein mögen, bei der Zuladung liegt der Golf deutlich vorn: 520 Kilo darf er einpacken, der Auris nur 435 – nicht viel für einen Kompakten.
Unterschiede gibt es auch beim Platzangebot. Vorn ist der Golf etwas geräumiger – vor allem breiter und höher. Und die Sitzposition ist bequemer, die Sitze sind besser ausgeformt, haben eine längere Auflage und eine höhere Lehne, die die Schultern nachdrücklicher unterstützt. Anders im Fond: Hier bietet der Auris einen Hauch mehr Platz, die Beine müssen weniger stark angewinkelt werden. Und es sitzt sich auf der komfortablen Rückbank etwas angenehmer, zumal auch noch die Neigung der Rücklehne verstellbar ist.
Fazit und Bewertung
In diesem Vergleich treten Toyota und VW mit Zweiliter-Dieseln an. 126 PS leistet der D-4D im Auris, 140 PS der TDI im Golf. Der VW hat bei den Fahrleistungen die Nase vorn, nimmt dem Toyota überall ein paar Sekunden ab. Der Japaner wiederum überzeugt dafür mit seiner hohen Laufkultur, läuft weich und geschmeidig und dazu bemerkenswert leise. Schön auch seine gleichmäßige Kraftentfaltung. Anders der TDI. Der arbeitet rauer und ruppiger, entfaltet seine Kraft ungestümer und temperamentvoller. Das Turboloch zu Beginn ist ausgeprägter als beim Toyota, danach geht die Post ab. Dann dreht er bissig und kraftvoll. Beim Verbrauch nehmen sich beide nicht viel. Mit 6,4 Litern begnügt sich der Golf, der Auris nimmt mit 6,6 Litern nicht viel mehr.
Golf fährt sich straffer und handlicher
Ähnlich eng liegen die beiden mit ihrer Fahrwerkabstimmung beieinander. Beide sind angenehm alltagstaugliche, problemlose und sichere Autos, das vorweg. Die Unterschiede liegen im Detail. Immer wieder verblüffend ist die Souveränität und Ausgewogenheit des VW. Im direkten Vergleich fährt er einen Tick straffer und handlicher als der Toyota, lässt sich beim Ausweichtest präziser um die Pylonen zirkeln. Die Lenkung spricht direkt an und erzählt verbindlich von den Kurven, das ESP reagiert feinfühliger als im Auris. Dessen Lenkung fühlt sich sehr synthetisch an und arbeitet dazu nicht besonders harmonisch, reagiert erst verzögert und dann zäh. Auch die teigige Schaltung fällt trotz kurzer Wege im Vergleich zum präziser und leichter schaltbaren VW ab. Vorteil des Toyota: Er federt eine Spur verbindlicher und schluckfreudiger.
Fassen wir bis hier zusammen: Für den VW sprechen Platz, Zuladung, Fahrleistungen, Schaltung, Lenkung. Für den Auris Motor, Bremsen und Komfort. Das würde zusammen einen knappen Sieg für den VW ergeben. Also alles wie immer? Nein, diesmal nicht, denn jetzt kommen die Preise. Der fünftürige Basis-Golf Trendline 2.0 TDI mit Partikelfilter kostet 23.133 Euro. Und den Basis-Auris 2.0 D-4D gibt es schon für 19.750 Euro. Das macht eine Differenz von stattlichen 3383 Euro. Die Ausstattungen unterscheiden sich dabei kaum, der Toyota hat sogar noch einen Fahrer-Knieairbag, einen Bordcomputer (VW 159 Euro) und ein CD-Radio (VW ab 544 Euro) an Bord. Damit ist das Ergebnis klar, der erheblich günstigere Preis entscheidet hier den Vergleich: Der Auris gewinnt gegen den Golf. Das sollte kein Grund zur Panik bei VW sein: Der Golf VI kommt ja bald, startet im Frühjahr 2008. Dann werden die Karten neu gemischt. Aber vor den glänzenden Qualitäten des Auris sollte man auch in Wolfsburg die Augen nicht verschließen.
Fazit von AUTO BILD-Redakteur Dirk Branke

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