Tiefgraue Wolken ziehen über den Hockenheimring. Alle zehn Minuten peitschen Regenschauer durch das Motodrom. Der Asphalt ist kalt. Eine heikle Angelegenheit, unter diesen Bedingungen Rennreifen auf Betriebstemperatur zu bringen. "In den ersten zwei Runden fährst du fast jede Kurve quer", warnt Claudia Hürtgen (36), die mir das Rennfahrzeug der Mini Challenge erklärt. Die Tourenwagen-Pilotin war maßgeblich an der Entwicklung der aktuellen Version des Mini John Cooper Works (JCW) Challenge beteiligt. So heißt das Auto offiziell. Nach vier Jahren wechselt der Markenpokal auf die zweite Generation des Mini. Die Leistung bleibt mit 211 PS fast unverändert. Kompressorstatt Turbobeatmung und Direkteinspritzung sind aber neu. Und geben das Gefühl, viel mehr als 1,6 Liter Hubraum unter der Haube zu haben.

Neuer Motor für höchste Hubraum-Gefühle

Ab 2000 Touren legt sich der Motor kräftig ins Zeug, dreht ohne Verzögerung gleichmäßig hoch. Immer unter kernigem Knurren, zu dem auch die neue Auspuffanlage beiträgt. Schwer einsehbar: Die Schaltlampen hinter dem Lenkrad. Sie fordern zügig den nächsthöheren der sechs zur Verfügung stehenden Gänge. Die Kunst beim Herausbeschleunigen aus Kurven: die Wirkung des Sperrdifferenzials optimal zu nutzen. Das sperrt mit 25-prozentiger Wirkung. Bedeutet: Es verhindert nur bis zu einem gewissen Maß, dass eines der beiden Antriebsräder durchdreht. Denn eine höhere Sperrwirkung würde aus dem Mini einen gnadenlosen Untersteuerer machen, der in Kurven heftig über die Vorderreifen schiebt. Mit viel Gefühl im rechten Fuß versuche ich den Punkt mit dem Gaspedal zu ertasten, bei dem das Rad gerade noch nicht durchdreht. Genau dann beschleunigst du perfekt.

Das Cockpit zeigt viel Liebe zum Detail

Tracktest Mini JCW Challenge, Cockpit
Im Cockpit ist weitgehend alles serienmäßig und mit viel Liebe zum Detail gestaltet.
Die langgezogene, kaum wahrnehmbare Linkskurve der Parabolika gibt mir Zeit, das Cockpit genauer zu betrachten. Es entspricht weitgehend der Serienversion. Abweichungen: kleines Digitaldisplay vor dem Serien-Drehzahlmesser, Kippschalter für die Stromversorgung und Taster für die Feuerlöschanlage. Auch der pizzagroße Tacho am oberen Ende der Mittelkonsole funktioniert einwandfrei. Beeindruckend ist die Liebe zum Detail, mit der die Rennwagen gefertigt werden. Schließlich geht es bei der Mini Challenge nicht nur um Rennsport. Viele der charakteristischen Designelemente (z. B. die Schalter in der Mittelkonsole) stammen aus der dem Lifestyle verpflichteten Serienversion. Aber auch die eingebauten Motorsportkomponenten sind piekfein verarbeitet – ganz wie die Serienteile. Nicht ganz so einfach wie beim Mini für jedermann ist das Einsteigen. Das Kreuz der Sicherheitszelle im unteren Teil des Türausschnitts, dazu der seitliche Kopfschutz des Schalensitzes – der Pilot muss gelenkig wie ein Schlangenmensch sein. Das abnehmbare Lenkrad erleichtert diese Übung etwas. Ein Glück für die älteren Gentleman-Driver der Mini Challenge – und für mich.

Untersteuern ist ein Problem

Ganz in Gedanken versunken verpasse ich beinahe den Bremspunkt vor der Rechtskehre am Ende der Parabolika. Hektisch springe ich mit aller Kraft auf das mittlere Pedal. Das pulsiert heftig. Aber die Räder blockieren nicht. Ein Segen, dass BMW Motorsport das ABS aus der Serie übernommen und etwas schärfer abgestimmt hat. Nicht ganz so idiotensicher gibt sich der Krawallzwerg in Kurven. Da Untersteuern bei leistungsstarken Fronttrieblern – Sperrdifferenzial hin oder her – generell ein Problem ist, stimmen Routiniers das Fahrwerk bewusst so ab, dass die hinteren Räder deutlich weniger Grip aufbauen als die an der Vorderachse. Die in Zug- und Druckstufe verstellbaren Stoßdämpfer lassen den Challenge-Piloten dabei eine Menge Spielraum, den persönlichen Fahrstil zu unterstützen. Ein Übriges tun die Michelin-Slicks, die gegenüber 2007 in der Konstruktion verändert wurden: Sie reagieren empfindlicher auf Änderungen in der Fahrwerksabstimmung. Tatsächlich ist das Fahrzeugheck in langsamen und mittelschnellen Kurven hypernervös. Wer nicht aufpasst wie ein Luchs, steht schlagartig quer. Erst bei hoher Geschwindigkeit machen sich der große Spoiler an der hinteren Dachkante und die Luftkanäle unter der Heckschürze bemerkbar. Mit dem dann kräftigeren Fahrtwind stabilisieren die Aerodynamik-Helfer das Heck. Und zwar unabhängig von Luft- und Asphalttemperatur.

Fazit von AUTO BILD MOTORSPORT-Tester Christian Schön

Der neue Mini ist viel mehr Rennauto als sein Vorgänger. Er lässt sich feinfühliger abstimmen, lenkt direkter ein, beschleunigt besser aus Kurven heraus. Das ist die gute Nachricht für Profis im Teilnehmerfeld. Die schlechte für alle Hobbypiloten ist, dass dadurch der Fahrer auch deutlich mehr gefordert wird.

Technische Daten

Von

Christian Schön