Auf langen Strecken haben Transporter mit elektrischem Antrieb so ihre liebe Mühe, doch im citynahen Umfeld spielen sie ihre Vorteile aus. Marken wie MAN, Mercedes, Fiat, Ford oder VW haben Erfolgsmodelle wie Transit, Ducato oder Sprinter also nicht nur mit drehmomentstarken Dieseltriebwerken, sondern auch Elektromotoren im Portfolio. 
MAN ist sogar der erste Lastwagen- und Nutzfahrzeughersteller, der einen elektrisch angetriebenen und gepanzerten Geldtransporter anbietet. Dieser wurde jüngst an den Sicherheitsdienstleister Prosegur übergeben. Der Elektrovan MAN eTGE, der von der Firma Stoof zum sicheren Geldtransporter umgebaut wurde, ist ab sofort in täglichen Werttransport-Einsätzen im Raum Potsdam unterwegs.

Leichte Panzerung kompensiert die schwere Batterie

MAN eTGE
Bei der Panzerung des eTGE wurden besonders leichte Materialien verwendet – sicher ist er trotzdem.
Technische Basis für das gepanzerte Elektromodell ist ein MAN TGE 3.140 E Kastenwagen, der mit einer FB3-Panzerung versehen wurde. Die Herausforderung war es hierbei, besonders leichte Materialien zu verwenden, die über die gleiche Widerstandsklasse wie konventionelle Werkstoffe verfügen. Mit seinem Eigengewicht von knapp 3,2 Tonnen kann das elektrische Panzerfahrzeug neben den Wertgegenständen bis zu drei Personen befördern. Meist werden die Fahrzeuge im Alltagsbetrieb auf Strecken von 60 bis 70 Kilometern bewegt. Daher reicht die recht überschaubare elektrische Reichweite von 115 Kilometern für den Werttransporter aus. Während der MAN eTGE bei Prosegur erst einmal im Testbetrieb läuft, geht Daimler in die Vollen. Lieferdienst Amazon bestellte bei den Schwaben jüngst 1800 Elektrotransporter vom Typ Mercedes eVito und eSprinter.

Amazon will seine Lieferflotte CO2-neutral machen

Mercedes eSprinter
Mit 1800 Elektro-Transportern von Mercedes geht Amazon den nächsten Schritt zur CO2-neutralen Flotte.
"Wir brauchen weiterhin Innovationen und Partnerschaften mit Automobilherstellern wie Mercedes-Benz, um den Transportsektor zu dekarbonisieren und die Klimakrise zu bekämpfen", erläutert Jeff Bezos, Gründer und CEO von Amazon, "die Erweiterung um 1800 elektrische Lieferfahrzeuge ist ein weiterer Schritt auf unserem Weg zum Aufbau der nachhaltigsten Transportflotte der Welt, und wir werden uns beeilen, diese Fahrzeuge noch in diesem Jahr auf die Straße zu bringen." Die 1200 Mercedes eSprinter für Amazon sind Kastenwagen in Hochdachausführung mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen. Ihr E-Motor mit 115 PS (85 kW) und 295 Nm treibt die Vorderräder an. Die für Amazon produzierten Fahrzeuge haben bei einer nutzbaren Batteriekapazität von 47 kWh eine Reichweite von 168 Kilometern sowie eine maximale Zuladung von 891 Kilogramm. Für Flexibilität sorgt eine Schnellladefunktion, dank der die Batterie innerhalb von knapp einer halben Stunde von 10 auf 80 Prozent nachgeladen werden kann.
Die 600 eVitos sind vorrangig für den lokal emissionsfreien Transport auf der letzten Meile gedacht. Die Batteriekapazität von 35 kWh sorgt für eine Reichweite von bis zu 184 Kilometern, wobei nach sechs Stunden Ladezeit die volle Reichweite zur Verfügung steht. Der Antrieb ist weitgehend identisch mit dem des eSprinters. Ist der eVito vorwiegend im innerstädtischen Bereich unterwegs – wie bei den Fahrzeugen für Amazon – schont eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h die Energiereserven und vergrößert so die Reichweite.

Der Fiat E-Ducato bietet zahlreiche Aufbauvarianten

Fiat E-Ducato
Große Auswahl: Der Fiat E-Ducato lässt sich von den Kunden individuell auf ihre Bedürfnisse abstimmen.
Ähnliche Angebote gibt es bei Fiat und dem Erfolgsmodell des E-Ducato, der ein Ladevolumen von zehn bis 17 Kubikmeter und eine Nutzlast von bis zu 1950 Kilogramm bietet. Nach Wunsch lassen sich wie beim Mercedes eSprinter verschiedene Karosserie- und Aufbauversionen realisieren, sodass die Kunden den Transporter ganz nach Wunsch konfigurieren können. Das trifft auch für die Batterie des Ducato zu, die mit Reichweiten zwischen 220 und 360 Kilometern angeboten wird. Der Elektromotor des E-Ducato leistet 122 PS (90 kW) und 280 Newtonmeter, die Höchstgeschwindigkeit ist auf 100 km/h begrenzt. Der französische PSA-Konzern nutzt seine Elektroalleskönner-Plattform EMP2 und will mit dem technisch identischen Stromer-Trio Citroën e-Jumpy, Opel Vivaro-e und Peugeot e-Expert ein möglichst großes Stück des zunehmend lukrativen Kuchens abbekommen.
Volkswagen hält mit dem eCaddy und dem eTransporter, die vom Tuningspezialisten Abt entwickelt wurden, dagegen, da es noch rund zwei Jahre dauern wird, ehe der elektrische Bully zu den Händlern rollt – bis zum ID. Cargo wird sogar noch mehr Zeit vergehen. Die Antriebsstränge sind mit einer Leistung von 112 PS (83 kW) und einem Drehmoment von 200 Nm bei beiden VW-Derivaten identisch und werden in die vorhandene Plattform integriert.

Von

Stefan Grundhoff