Urlaubs-Knöllchen, Bußgelder, EU-Recht, Parkticket, Strafmandat
Nach dem Urlaub kommt ein Ticket aus dem Ausland – was soll ich tun?

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Der Urlaub war prima, doch jetzt liegt ein fieses Souvenir im Briefkasten: ein Knöllchen wegen Falschparkens oder Rasens im Reiseland. Welche Strafmandate muss man bezahlen – und wie kann man sich wehren?
Inhaltsverzeichnis
- Ab welchem Betrag wird in Deutschland vollstreckt?
- Bin ich sicher vor einer Haftstrafe im Ausland?
- Was kosten Verstöße in europäischen Urlaubsländern?
- Was tue ich, wenn private Firmen kassieren wollen?
- Wie lange dauert es, bis ich wieder hinfahren kann?
- Warum lohnt es sich, die Buße schnell zu zahlen?
- Was tue ich, wenn ich gar nicht der Fahrer war?
- Wie gehe ich gegen ein Auslandsknöllchen vor?
- Wo gibt's Vignetten für Auslands-Umweltzonen?
Es gibt schönere Urlaubserinnerungen und Souvenirs: Tickets aus dem Ausland treffen oft mit mehreren Wochen oder sogar Monaten Verzögerung in der Heimat ein und können einem nachträglich die Ferien vermiesen.
Besonders ärgerlich: Die Bußgelder in unseren Nachbarländern sind oft höher als bei uns (siehe Tabelle). Wer in Deutschland 20 km/h zu schnell fährt, zahlt 70 Euro (außerorts: 60 Euro). In der Schweiz sind es mindestens 175 Euro, in Norwegen sogar 490 Euro. Oft kommen noch Bearbeitungsgebühren dazu.
Urlaubsraserei in einem anderen Land oder auch nur ein Ticket wegen Falschparkens sind kein Kavaliersdelikt, nach dem sich der Täter bequem zurücklehnen kann. Motto: Die können mir ja eh nichts. Irrtum! Landet ein Bußgeldbescheid in Ihrem Briefkasten, müssen Sie handeln.
Seit Oktober 2010 erkennen alle EU-Staaten Bußgeldbescheide anderer EU-Mitglieder an und lassen sie grenzüberschreitend vollstrecken. Schwacher Trost: Es werden nur Geldbeträge eingetrieben. Im Ausland verhängte Fahrverbote gelten in der Regel nur dort. Auch kassiert man für Verstöße im Ausland keine Punkte in Flensburg.

Achtung, Ausnahme: Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass ein in der Schweiz wegen Rasens zu Gefängnis verurteilter Fahrer diese Strafe in Deutschland absitzen muss. Und das, obwohl die Schweiz gar nicht in der EU ist.
Bußgelder im Ausland. Wie teuer wird es wo?
Land
Promillegrenze
Alkohol
20 km/h zu schnell
+50 km/h zu schnell
Rotlicht
Parken
Ohne Gurt
Handy am Steuer
Belgien
Dänemark
Frankreich
GB (Schottland)
Italien
Kroatien
Luxemburg
Niederlande
Österreich
Polen
Schweiz
Slowenien
Spanien
Tschechien
Deutschland
Auch wenn es erhebliche Strafunterschiede für Delikte in beiden Ländern gebe, sei dies möglich, "weil die Hilfe bei der Vollstreckung der ... Strafe" nicht unverhältnismäßig sei (OLG Stuttgart, Az. 1 Ws 23/18 vom 25. 4. 2018).
Wichtig: Nur Post von offiziellen Behörden und vom Bundesamt für Justiz (BfJ) ist relevant. Die Vollstreckung von Bußgeldern anderer EU-Länder geschieht durch das BfJ. Fordert ein Anwalt oder ein ausländisches Inkassobüro wie "NIVI" oder die "European Parking Collection" ein Auslandsbußgeld oder versäumte Maut, übergeben Sie den Brief einem Anwalt. Denn deren Praxis ist illegal.
Achtung: Bußgelder verjähren im Ausland oft erst nach Jahren und können bis dahin jederzeit vollstreckt werden. Etwa, wenn man nach einem erneuten Grenzübertritt in eine Kontrolle gerät, eine Mautstation das bereits gespeicherte Kennzeichen des Autos erneut erfasst oder beim Umsteigen am Flughafen der Pass verlangt wird.
Säumige Zahler können an der Grenze sogar festgesetzt werden. Deshalb sollte man auch Bußgelder aus Nicht-EU-Staaten wie der Schweiz, Türkei, Ukraine, Georgien, Norwegen, Liechtenstein und Großbritannien bezahlen, auch wenn das EU-Abkommen dort nicht gilt.
Zügig zahlen hat übrigens Vorteile. Denn Länder wie Belgien, Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Italien, Slowenien, Spanien oder die Türkei geben laut ADAC bis zu 50 Prozent Rabatt auf das Bußgeld, wenn man die Schuld prompt begleicht.

Für Verkehrsvergehen im Ausland gibt es keine Punkte in Flensburg.
Uwe Lenhart, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Frankfurt am Main, rät: "Verstöße, bei denen der Fahrer durch ein Foto oder eine Polizeikontrolle überführt wurde, sollte man sofort bezahlen. Ist man nicht selbst gefahren, sollte man bei der Behörde des jeweiligen Landes Einspruch einlegen und mitteilen, dass das Fahrzeug gegen den Willen benutzt wurde, dass es sich um ein Mietfahrzeug handelt oder das Auto nachweislich verkauft wurde. Dabei einen Anwalt des Urlaubslandes einschalten. Alle Unterlagen sollte man später an das Bundesamt für Justiz weiterleiten."
Gegen ein Ticket aus dem Ausland wehren Sie sich wie gegen einen deutschen Bußgeldbescheid: Sie legen Einspruch ein, am besten mithilfe eines Anwalts. Die ausländische Behörde kann den Einspruch akzeptieren oder die Sache an ein Gericht abgeben. Das entscheidet dann über die Rechtmäßigkeit des Bescheids. Auch dagegen können Sie klagen.

Auch gegen ein Knöllchen aus dem Ausland kann man Einspruch einlegen, am besten mithilfe eines Anwalts.
Ist der Rechtsweg im Ausland ausgeschöpft und die Entscheidung rechtskräftig, wird die Sache zur Vollstreckung in Deutschland an das Bundesamt für Justiz abgegeben. Natürlich kommen durch Rechtsbehelfe im Ausland Bearbeitungs- und Gerichtsgebühren zum Bußgeld hinzu.
Nicht nur in Deutschland gibt es Umweltzonen: In Frankreich wächst deren Zahl ständig, jedes nach 1996 zugelassene Auto oder Wohnmobil braucht eine Crit'Air-Vignette. Ohne drohen Bußgelder bis zu 375 Euro. Die Vignette kostet rund 4,50 Euro, und man bekommt sie über die Webseite des französischen Umweltministeriums.
Auch in Londons Niedrigemissionszone (LEZ) müssen Dieselfahrzeuge über 1,2 Tonnen angemeldet werden. Die Registrierung ist gratis. Gebühren zahlt man für Fahrzeuge mit schlechter Schadstoffklasse. Bei Verstößen gegen die Meldepflicht drohen Bußen von mehreren Hundert Euro. Melden Sie auch Autos wie Renault Kangoo oder VW Bulli, aber auch SUV mit Benzinmotor an, das erspart Ärger.
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