Da steht er nun, der Panamera, brabbelt im Leerlauf dezent vor sich hin und macht es einem schwer. Was wäre die passende Schublade für diesen Porsche? Ist es ein Sportwagen? Kaum – das Ding misst fünf Meter und wiegt 1,8 Tonnen. Ein Coupé? In welchem Coupé kann sich hinten ein 1,90-Meter-Mann ausstrecken, auf elektrisch verstellbaren, ventilierten Sitzen? So was kann nicht mal der Mercedes CLS. Also eine Limousine? Das trifft es auch nicht ganz. In welcher Limousine sitzt es sich schon derart bodennah? Und welche hat einen variablen Kofferraum mit großer Heckklappe? Und wie er aussieht. Erster Eindruck: ein aus den Nähten geplatzter Elfer, hinten ein Buckel mit dem Charme einer Gesäßbacke. Geschmacksache also, wie saure Nieren oder gebratene Froschschenkel – entweder man fährt darauf ab, oder man verlässt das Zimmer, um sich zu übergeben.

Panamera: nicht klassisch schön, aber aufregend anders

Doch ein Tag in Gegenwart des Panamera, und Zweifler werden zu Schwelgern. Er hat die Präsenz eines Exoten – nicht klassisch schön, aber breit, geduckt, aufregend anders. Und mit den untrüglichen Zügen eines Porsche. Ein Auto wie ein Kamelopard, ein bisschen von allem. Und entsprechend schwer einzuordnen. Wir entschieden uns beim ersten Abgleich für den 7er von BMW, die sportlichste unter Deutschlands Luxuslimousinen. Zum Basismodell Panamera S mit Heckantrieb, 4,8-Liter-V8 und 400 PS passt der 750i. Sein 4,4-Liter-Turbo-V8 bringt es auf 407 PS. Mindestens 93.670 Euro kostet so was mit dem adaptiven Fahrwerk ("Dynamic Drive"). Porsche verlangt 94.575 Euro, aber ohne die Leckerbissen. Mit PDK-Automatik, Luftfederung sowie "Sport Chrono Plus"-Paket (zusätzlicher Elektronikmodus mit betont sportlicher Abstimmung) – alles im Testwagen eingebaut – kommt der Spaß auf 101.131 Euro. Der übliche Porsche-Zuschlag eben.

Das Ambiente ist typisch Porsche, aber exklusiver als gewohnt

Porsche Panamera S
Erste Sitzprobe hinter dem Panamera-Lenkrad, und die Reize des Porsche beginnen zu fluten. Tiefe Sitznischen, voraus ein Instrumentenspalier, hohe Mittelkonsole – alles wie im waschechten Sportwagen. Doch zugleich überziehen die noblen Holzpaneele die Kanzel mit dem Fünf-Sterne-Flair einer Hotelbar. Irgendwie typisch Porsche, das Ambiente, aber gefühlt teurer und exklusiver als gewohnt. In der aktuellen Autolandschaft ist diese Mixtur einzigartig. Die Schaltersammlung auf dem bauchhohen Mitteltunnel schüchtert ein, ist aber logisch sortiert und griffgerecht – kein Problem. Weiter oben der Bordmonitor mit Touchscreen wie im 911. Dazu genügend Elektronik-Gimmicks: Lifestyle-Befindlichkeiten kommen nicht zu kurz. Gestartet wird markentypisch links vom Lenkrad, allerdings schlüssellos per Drehknauf. Danach grummelt der V8 zahm, als hätte er Watte geschluckt. Mehr vornehmer Gentleman als röhrendes Ungeheuer will er sein.
Der Eindruck verstärkt sich beim Eintauchen ins Verkehrsgewühl. Unvermutet sanft wirkt er, gleitet dezent durch die Gänge, Lenkung und Bremse arbeiten weich und mit geringem Kraftaufwand. Und wenn Rot ist, schweigt er sogar gänzlich, dafür sorgt die Start-Stopp-Automatik. Sie ist mit dem Bremspedal gekoppelt – Fuß runter, und er springt wieder an. Ein Trick, der mit dem Doppelkupplungsgetriebe, nicht aber mit einer gewöhnlichen Vollautomatik funktioniert. Wir stechen auf die Autobahn. 400 PS sind schon eine mächtige Ansage, kämpfen allerdings auch mit knapp zwei Tonnen Gewicht. Gleichmäßig, mit zunehmendem Nachdruck dreht der Saugmotor hoch (maximal 6700/min), wird nun auch akustisch deutlicher. Er ist kein Stürmer, aber ein strammer Sprinter, Tempo 270 geht ihm erstaunlich leicht von der Hand, maximale 283 km/h sind möglich. Zugleich sorgt der extrem lang übersetzte siebte Gang für Gelassenheit: 3000 Touren genügen für knapp 200 km/h. Noch größer ist die Komfort-Überraschung: Der Panamera federt, als hätte ihn Porsche mit einer S-Klasse gekreuzt. Nur Querfugen bringen erhöhte Unruhe in den Vorderwagen.

Der BMW-V8 tritt satter an als das Porsche-Aggregat

Porsche Panamera S, BMW 750i
Wie kompetent der Panamera die Komfortrolle spielt, belegt die Gegenprobe im BMW. Es sitzt sich höher, luftiger im 7er, die Übersicht ist besser, aber einen Platzvorteil bietet er nicht. Und komfortabler ist er auch nicht. Im Gegenteil: Kurze Bodenwellen überfordern seine Federung. Dann wird er bockig, egal in welchem Fahrwerkmodus (Sport, Normal oder Komfort). Noch etwas entspannter als im Porsche wirkt dagegen die Antriebsquelle: 600 Nm Drehmoment (Porsche: 500 Nm) lassen den BMW-V8 satter antreten. Und so sahnig säuselt sonst kein Achtzylinder. Aber wie steht es um die sportlichen Talente des Porsche? Wir verlassen die Autobahn, und die beiden Dickschiffe offenbaren sofort ihre angeborene Schwäche: Sie brauchen Platz, viel Platz. Vor allem der Panamera wirkt aus der Fahrerperspektive ungeheuer breit. Ist er auch, nämlich 1,93 Meter. Und damit noch drei Zentimeter breiter als der 7er. Gut, dass seine Lenkung so präzise ist, schön linear, feinfühliger und schneller als die des BMW. Sicher, ein 911 ist da noch deutlich direkter, aber das gehört sich ja so.
Eindrucksvoll, wie willig dieser lange Lulatsch in die Kurven geht, wobei er sich im "Sport"- oder "Sport Plus"-Fahrprogramm bereitwillig mit dem Gaspedal nachhelfen lässt. Alles ohne Drama und ohne sich groß in den Federn zu wälzen, selbst ohne den aufpreispflichtigen Wankausgleich. Auch auf holpriger Piste liegt er bestens – ein Vorteil des tiefen Schwerpunkts und der gekonnten Abstimmung, die auch im Sportmodus noch genug Komfort bietet. Keine Frage: Der Panamera ist kein Elfer (logisch), aber er ist eindeutig der Porsche unter den Luxuslimousinen. Das unterstreicht der Wechsel in den BMW: Vorn fehlt ihm kurveneingangs der Grip, er leistet sich stärkere Karosseriebewegungen, und der Fahrer fühlt sich stärker vom Geschehen entkoppelt – kein schlechtes Auto, ganz klar. Aber eben auch kein Porsche.

Von

Wolfgang König