Die vier "Kleinen" beweisen durchaus Größe

Was passiert, wenn man Woll-Pullover zu heiß wäscht? Na klar, die Teile laufen ein – aus Mode wird im Kochprogramm ruck, zuck Miniatur, XL schrumpft ratzfatz auf Kindergröße. Aber was geschieht, wenn automobile Oberklasse etwas Format verliert?

Ich würde sagen, im Falle der Stufenheck-Varianten von Audi, Skoda, Volvo und VW zumindest optisch nicht viel. Denn wenn ich mir einen A4 so ansehe – der geht doch auch als zaghaft minimierter A6 durch. Der Skoda Octavia steht im Prinzip da wie eine Eins-zu-eins-Ausgabe des Tschechen-Flaggschiffs Superb.

Oder VWs brandneuer Jetta: Könnte doch auf einen flüchtigen Blick ohne direkten Größenvergleich beinahe als geschrumpftes Passat-Double herhalten. Und den Volvo S40 habe ich im Augenwinkel schon häufiger für einen S60 oder gar einen S80 gehalten. Alles frei nach dem Motto: Liebling, ich habe die Großen geschrumpft.

Kosten und Ausstattungen

Beim Kaufpreis fällt es mir allerdings verdammt schwer, weiterhin von Verkleinerungen zu schreiben. Schließlich kostet ein Audi A4 als 2.0 TDI mit 140 PS, Schaltgetriebe und Partikelfilter fast 30.000 Euro! Wie ein wahres Schnäppchen wirkt dagegen der Billigheimer in diesem Quartett, der Octavia. Skoda verlangt für den ebenfalls 140 PS starken 2.0 TDI Ambiente knappe 22.000 Euro. Allerdings: Auf einen Rußfilter müssen Kunden verzichten – es gibt noch keinen.

Den nagelneuen Jetta (2.0 TDI Comfortline, 140 PS) liefert VW nicht unter 24.450 Euro aus. Auch ihn müssen Kunden ohne Partikelfänger akzeptzieren. Noch einmal 650 Euro zusätzlich sind für den 136 PS starken Volvo S40 2.0 D zu bezahlen. Immerhin, in diesem Preis ist die moderne, staubfreie Abgasreinigungstechnik enthalten. Doch Vorsicht: Volvo bietet auch noch eine S40-Variante ohne Filter an – die erfüllt dann aber nicht einmal die Schadstoffnorm Euro 4.

So oder so: Für meinen Geschmack gehören Volvo, Skoda und VW damit weder in die Ober- noch in sonst irgendeine Vernunftsklasse. Dieses Verhalten zum Thema Dieselruß stinkt zum Himmel. Dafür kassieren Skoda und VW jeweils fünf Punkte Abzug.

Einen Trost bietet immerhin das Ausstattungsniveau der vier Limousinen. Denn insgesamt gilt für alle: Sie sind sicher (mindestens sechs Airbags, aktive Kopfstützen und elektronisches Stabilitätsprogramm ab Werk) und ausreichend komfortabel. Elektrische Fensterheber vorn, Klimaanlage und Servolenkung sind bei allen an Bord.

Raumangebot VW Jetta und Audi A4

Nun zur Anprobe: Zunächst schlüpfe ich in den dunklen Zweireiher von VW. Der in Mexiko gebaute Jetta engt im großen und ganzen nicht ein. Im Fond gibt es über dem Kopf, neben den Schultern und vor den Knien ausreichend Luft. Selbst der Mittelplatz ist brauchbar. Vorn ist er ebenfalls recht großzügig geschneidert. Schließlich ist der Stufenheck-VW im Gegensatz zu seinem Bruder Golf um 35 Zentimeter gewachsen.

Das kommt dann auch dem Kofferraum zugute. Mindestens 527 Liter passen hinein – und die Öffnung unter dem recht kleinen Heckdeckel ist dank ordentlicher Innenhöhe sogar erstaunlich brauchbar. Ab Werk läßt sich zudem die Rückenlehne nach vorn klappen. An einer Stelle des Jetta kneift es aber doch ein bißchen: Dem ab Werk höhenverstellbaren Fahrersitz fehlt es an einer Neigungsjustierung. Große Fahrer sitzen deshalb nicht entspannt, zumal die harte Auflage den Effekt verstärkt.

Als nächstes ziehe ich mir den Audi über. Vorn: sitzt perfekt. Gesäßtasche: Fürs Alltägliche reicht die Paßform (460 Liter Ladevolumen). Hinten: autsch! Obwohl Raum genug zur Verfügung steht, zwingen mich die stark ausgeprägten Sitzlehnenwangen an den Außenplätzen in eine leicht eingedrehte, somit unbequeme Haltung.

Sitzgefühl Volvo S40 und Skoda Octavia

Da sitzt der Volvo-Frack besser. Nur ist es hier umgekehrt. Im Fond läßt es sich gut lümmeln, vorn zwickt der eingelaufene Schwede etwas. Genauer: Die – zugegeben – sehr gefällige, freischwebende Mittelkonsole drückt sich etwas hinterhältig in meinen rechten Unterschenkel. Hier fehlen einfach ein paar Zentimeter Breite im unteren Beinraum. Auch die Sitze der ersten Reihe hätten etwas mehr Material vertragen können. Kurze Flächen und relativ wenig Führung der Seitenwangen können einem Langstreckenfahrten verleiden. Das Urlaubsgepäck muß sowieso mit Bedacht ausgewählt werden – im Laderaum stehen nur 404 Liter Fassungsvermögen zur Verfügung.

Locker und lässig wie ein Jogginganzug fällt der Octavia um die Knie. Hier scheint nicht eine einzige Faser mit zu heißem Waschwasser in Berührung gekommen zu sein. Zwar fehlt auch ihm die Neigungsverstellung der Fahrersitzfläche. Aber die rund zwei Zentimeter längeren Auflagen der Sitzfläche sowie die weichere Polsterung machen das wieder wett.

Wie ausgebeult – im praktischen Sinn – wirkt der große Kofferraum. Besonders deshalb, weil er über eine riesige Heckklappe zu beladen ist und nach dem Umklappen der hinteren Sitze mit einer ebenen Ladefläche verwöhnt. Die Sitzflächen lassen sich ebenfalls hochklappen. Aber dann sollte niemand so ganz genau hinschauen: Der Stoff an der Unterseite ist wie ein billiger China-Import erschreckend lausig vernäht.

Werksangaben und Testwerte

Genug probiert – jetzt zum Wesentlichen. Beim Anzug mag ja bestes Material für neidische Blicke sorgen – die vier Diesel in diesem Vergleich protzen mit üppigem Futter. Satte Drehmomente (320 Newtonmeter) liefern sie alle. Und auf die Verbräuche nimmt das sogar wenig Einfluß. Werte um sechs Liter sind top, der Octavia knausert mit 5,9 Litern vorbildlich. Der Skoda setzt zudem das Kraft-Pfund am besten um. Im Durchzug (letzter Gang), im Sprint auf 100 – der Tscheche läßt die anderen drei stehen. Erst bei Höchstgeschwindigkeit muß er den akkurat windschlüpfig gebügelten Audi ziehen lassen.

Dem Designerstück aus Schweden fehlt besonders im langen sechsten Gang etwas Puste. Die Elastizitätswerte von 80 auf 120 km/h sprechen eigentlich für eine kleinere Klasse. Subjektiv bietet er dennoch den souveränsten Durchzug. Weil er etwas weicher schnurrt als die knurrig-brummig schuftenden Pumpe-Düse-Aggregate von Audi, Skoda und VW.

Dazu kommt: Nach den Gangwechseln fällt die Drehzahl des S40 deutlich geringer in den Keller, als es bei Jetta und Co der Fall ist. So stürzt die Drehzahlmessernadel des Volvo beim Schalten vom zweiten in den dritten Gang um rund 1400 Touren ab – bei der Konkurrenz sind es dagegen jeweils rund 1800 Umdrehungen in der Minute. So fehlt im Gegensatz zum Volvo – zumindest gefühlt – Schub im folgenden Gang.

Das Fahrverhalten

Mit gedämpftem Schwung geht es für den Volvo dagegen durch die Ausweichgasse. Schon sicher, ohne Schwächen. Aber durch die verzögerten Reaktionen auf Lenkbefehle und ein sehr rigoros regelndes ESP keimen kaum dynamische Qualitäten auf. Das gilt auch für den VW. Eine reichliche Portion Seitenneigung trifft auf eine unpassend eifrige Tendenz zum Eindrehen beim Lastwechsel. Gut, daß hier die elektronische Fahrhilfe äußerst bissig kommandiert und falsche Reaktionen des Fahrers fehlerfrei ausbügelt.

Skoda und Audi meistern Ausweichübungen geradezu entspannt. Ohnehin auf stabiles Fahrverhalten getrimmt, haben sie rücksichtsloses Einmischen der Elektronik kaum nötig. Für beide gilt: Lenkung und Federung gäben auch in der Oberklasse eine ordentliche Vorstellung ab. Wenn, dann könnten A4 und Octavia – wie Jetta und S40 auch – eine weicher federnde Reifendimension gebrauchen. Schon geringe Kanten an Fahrbahnfugen knallen hart in die Flanken. Aber das ist nicht tragisch. So was soll ja sogar in der Oberklasse vorkommen.

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