Ein Leuchtturm für VW sollte er sein, der von 2002 bis 2016 in der Gläsernen Manufaktur Dresden teils in Handarbeit gebaute Phaeton. Der technische und finanzielle Aufwand war enorm, ebenso der Verlust pro gebautem Fahrzeug – rund 28.000 Euro, sagt man sich. Auch der zwischen Passat und Phaeton platzierte CC war kein Bestseller. Der neue Arteon im zeitgeistigen Coupé-Chic soll jetzt alles besser machen als die erfolglosen Vorgänger. Ja, Sie haben richtig gelesen: Der Arteon soll CC und Phaeton gleichermaßen ersetzen.

Das Design des Arteon ist wirklich gelungen

VW Arteon !!! SPERRFRIST 31. Mai 2017	00:01 Uhr !!!
Blechkleid mit Wow-Effekt: Die kuppelartige Dachlinie und die rahmenlosen Scheiben machen was her.
Bild: Toni Bader / AUTO BILD
Das ist umso erstaunlicher, wenn man weiß, dass der Arteon wie der Golf auf dem Modularen Querbaukasten aufbaut, der Phaeton jedoch eine komplett eigenständige Plattform nutzte. Das neue Spitzenmodell fährt in der 280 PS starken Top-Variante 2.0 TSI 4Motion (ab 49.325 Euro) vor. Zum Vergleich tritt ein ebenfalls 280 PS starker, gebrauchter VW Phaeton 3.6 FSI V6 4Motion an. Fünf Jahre jung, 39.000 Kilometer frisch, mit einem Kaufpreis von 31.451 Euro kostet er nur noch rund ein Drittel seines einstigen Neupreises. Kommen wir zum Vergleich: Beim ersten Annähern an den Arteon gibt es durchaus einen Wow-Effekt: Der kuppelartige Dachverlauf, rahmenlose Seitenscheiben und die muskulösen, mit 20-Zöllern üppig beräderten Flanken machen schon was her. Ein Show-Car! Ganz anders als der Phaeton, dessen zurückhaltend-schlichtes Blechkleid gänzlich unauffällig ist – ein zeitloses Auto.
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Beim Ambiente setzt der Neue leider auf Altbekanntes

VW Arteon 2.0 TSI 4 Motion
Solide, aber wenig luxuriös: Den Arbeitsplatz des Arteon kennen wir schon aus dem Passat.

Bild: Thomas Ruddies / AUTO BILD
Das Bild wandelt sich komplett, sobald man einsteigt und die Türen schließt. Beginnen wir mit dem Arteon. So wow, wie er außen ist, so gähn ist er innen: Das Cockpit mit optionalem Infotainment Discover Pro für 1945 Euro kennen wir aus dem Passat. Der größte Unterschied: Der Arteon hat einen um fünf Zentimeter längeren Radstand, der vor allem Fondpassagieren zugute kommt. Die stoßen sich im Arteon wegen des abfallenden Dachs schon mal den Kopf. Das könnte im Phaeton nicht passieren, dort sitzt, nein: thront es sich königlich. Allein die 18-fach verstellbaren Sitze sind ein Denkmal für Ingenieurskunst. Auch die zugfrei arbeitende Klimaanlage mit sanft und sich lautlos bewegenden Holzblenden vor den Lüftungsgittern zeigt, wie hoch der Aufwand war, den VW betrieb. Diesen konstruktiven Overkill findet man beim Arteon nicht. Alles gut und ordentlich, aber die massive Opulenz des Phaeton geht dem passatigen Arteon gänzlich ab.
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Die Überraschung: Trotz seiner Länge fährt er sich fast so agil wie ein Golf GTI, der 280-PS-Vierzylinder macht dem Arteon Beine. Agilität und Sportlichkeit sind für den 2154 Kilogramm schweren Phaeton ein Fremdwort – die würden jedoch auch zu ihm passen wie Laufschuhe zum Smoking.

Der Phaeton schwebt in einer deutlich höheren Liga

VW Phaeton 3.6 FSI 4 Motion
Querdynamik ist zwar nicht die Sache des Phaeton, sein Fahrkomfort allerdings ist eine Offenbarung.

Bild: Thomas Ruddies / AUTO BILD
Schon auf den ersten Metern spürt man nicht nur die Masse dieser Königs-Kalesche, sondern auch ihre Würde und ihre Brillanz. Es ist eine Offenbarung und ein Erlebnis, wie sanft, satt und im positiven Sinn schwer sich diese Luxuslimousine fährt. Die Luftfederung sorgt für ein schwebendes Fahrgefühl, stoisch und ruhig zieht der Luxusliner seine Bahn und gibt dem Fahrer stets das Gefühl, in einem ganz besonderen Auto zu sitzen. In einem, das es in dieser Form und Konsequenz von VW wohl nie wieder geben wird. Die Frage, wie viel Phaeton denn nun im Arteon steckt, lässt sich also klar beantworten. Bei Fahrkomfort, Verarbeitungs- und Materialqualität sowie technischem Anspruch schwebt der Phaeton in einer viel höheren Liga. Er ist näher an einem Bentley Continental als an einem Passat und zeigt auf, was der Arteon tatsächlich ist: eine ordentliche Fließheck-Limousine der Mittelklasse. 100 Prozent Passat, null Prozent Phaeton.
Technische Daten VW Arteon 2.0 TSI 4Motion DSG: • Motor: Vierzylinder, Turbo, vorn quer • Hubraum: 1984 cm³ • Leistung: 206 kW (280 PS) bei 5100/min • maximales Drehmoment: 350 Nm bei 1700/min • Vmax: 250 km/h • 0–100 km/h: 5,6 s • Antrieb: Allradantrieb, Siebengang-DSG • Tankinhalt: 66 l • L/B/H: 4862/1871/1450 mm • Kofferraum: 563–1557 l • Leergewicht: 1716 kg • EU-Mix: 7,3 l/100 km (Super plus) • Abgas CO2: 164 g/km • Preis: ab 49.325 Euro
Technische Daten VW Phaeton 3.6 V6 FSI 4Motion: • Motor: V6, vorn längs • Hubraum: 3597 cm³ • Leistung: 206 kW (280 PS) bei 6250/min • max. Drehmoment: 370 Nm bei 3500/min • Vmax: 250 km/h • 0–100 km/h: 6,2 s • Antrieb: Allradantrieb, Sechsstufenautomatik • Tankinhalt: 90 l • L/B/H: 5059/1903/1450 mm • Kofferraum: 500 l • Leergewicht: 2154 kg • EU-Mix: 11,4 l/100 km (Super) • Abgas CO2: 265 g/km • Preis: 73.100 Euro (2012) • Gebrauchtpreis: 31.500 Euro
Für sich betrachtet ist der Arteon ein gutes Auto, aber kein Phaeton-Ersatz. Denn seine technische Basis kann der Arteon nicht leugnen. Der Phaeton wiederum hat die Ausstrahlung eines echten Luxusautos. Exklusive Details, manufakturartige Qualität und exquisiter Fahrkomfort zeigen, wie brillant dieser VW noch immer ist.