"Wir hatten noch nie so viele Probleme mit einem Auto", sagt Torben Meyer. Gemeinsam mit seinem Bruder Christoph betreibt er in und um Bremen eine Fahrschule. Vier Standorte, acht angestellte Fahrlehrer, rund 600 Schüler pro Jahr. Ihr Arbeitsgerät: der Golf. Der lief und lief und lief. Seit allerdings Generation 8 auf dem Hof steht, fünf davon Handschalter, ist es damit vorbei.
Fahrschule Meyer
Torben (43, li.) und Christoph (37) Meyer haben die Fahrschule von ihrem Vater übernommen.
Bild: Holger Karkheck

Dabei waren die Meyers mal echte VW-Fans. "Wir haben jahrelang auf Golf 6 und 7 geschult, ohne Probleme." Und dann kam Nr. 8: Los ging es mit der Software. "Als sie gerade neu waren, mussten bereits alle Autos in die Werkstatt für ein Update. Pro Golf waren das drei, vier Stunden." Zeit, die Geld ist bei einer Fahrschule.

Neue Autos springen nicht an

Inzwischen gesellen sich Lackmängel dazu. Und, was ärgerlicher ist, Startprobleme. "Wir mussten schon mehrere Fahrzeuge überbrücken, weil sie einfach nicht ansprangen." Neue Autos mit neuen Batterien! Hinzu kommen diverse Maleschen mit den Assistenten.
Fahrschule Meyer
OHZ-RM 61 (rechts im Bild) sprang am 9. Februar einfach nicht mehr an. "Batterie tot", steht im Fehler-Protokoll, das die Fahrlehrer führen.
Bild: Holger Karkheck

Parksensoren piepen während der Fahrt

"Manchmal aktivieren sich bei voller Fahrt die Parksensoren und piepen", sagt Christoph Meyer. Und auf die Verkehrszeichen-Erkennung sei auch kein Verlass. "Bei Prüfungen werden wir schon von den Prüfern angewiesen, diese abzukleben, weil sie falsche Tempolimits anzeigen." 
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Vieles sei reproduzierbar. Etwa an einer Stelle, wo häufig die Prüfungsfahrt beginne: "Dort ist Tempo 50, aber das Display zeigt an, dass 100 erlaubt sind", sagt Torben Meyer. Und das mitten im Ort! "Zu 70 Prozent hat die Anzeige recht", sagt Meyer lakonisch. "Das ist für alle nur doof."

Beim nagelneuen Golf löste sich der Schaltknauf

Das i-Tüpfelchen war dann, als sich vor einigen Wochen bei einem nagelneuen Golf der Schaltknauf löste. Das Auto hatte gerade erst 500 Kilometer runter. "Dann meinte ein Fahrschüler, das fühle sich komisch an", sagt Christoph Meyer. Als das Fahrzeug stand, bemerkte der Fahrlehrer, dass er den Schaltknauf einfach nach oben abziehen konnte.

Bei einem nahezu neuen Golf löste sich zuletzt sogar der Schaltknauf.

Eine Werkstatt reparierte den Schaden, VW lehnte eine Kostenübernahme ab. Die 124,95 Euro mussten die Meyers selbst zahlen. Und wandten sich anschließend noch einmal direkt an den VW-Kundenservice. Wieder ohne Erfolg. "Wann immer es geht, kommen wir Ihnen entgegen", heißt es in dem Schreiben aus Wolfsburg. Diesmal sei das leider nicht möglich, da der Schaden durch "äußere Einwirkung" entstanden sei.

Fahrlehrer führen jetzt Fehlerlisten

Vor acht Wochen haben die Fahrlehrer angefangen, jeden Fehler akribisch zu notieren. "Display geht erst nach zehn Minuten an", steht etwa bei OHZ-M 803. "Fahrzeug zum zweiten Mal nicht angesprungen. Überbrückt, läuft wieder", bei OHZ-RM 190. "Verkehrszeichen-Erkennung defekt" bei OHZ-RM 214. Und so weiter.

Fahrschule Meyer
Eine Fehlermeldung von vielen. Ständig ist irgendwas mit den Golf 8.
Bild: Holger Karkheck

Normalerweise behalten die Meyers ihre Autos für zwei bis drei Jahre. "Wir fahren etwa 60.000 Kilometer pro Fahrzeug im Jahr." Doch diesmal ist es kompliziert. "Wir haben schon versucht, die Golf zu verkaufen – aber von den Kollegen will die auch keiner", sagt Christoph Meyer. "Die suchen alle Golf 7."

Allein im Februar sind vier Golf nicht gestartet

Manchmal löse sich die Feststellbremse beim Anfahren nicht. Und allein im Februar habe es vier Fahrzeuge gegeben, die nicht angesprungen seien, sagt Torben Meyer. "Und zwar nicht, nachdem sie länger gestanden haben. Sondern so: Fahrschüler hält an, steigt aus, nächster Fahrschüler steigt ein – Auto geht nicht mehr an. Was ist denn das für eine Außenwirkung, wenn man als Fahrschule erst mal das Auto überbrücken muss?" 

"Das verunsichert die Fahrschüler"

Häufig passierten Fehler auch während der Prüfung. "Das verunsichert natürlich die Fahrschüler", sagt Torben Meyer. Und was sagt VW? Die Software-Probleme sind dort seit Langem bekannt. Im Dezember 2021 beorderte Volkswagen alle bis dahin ausgelieferten Exemplare für ein freiwilliges Software-Update in die Werkstätten. Allein in Deutschland waren 220.000 Fahrzeuge betroffen. Gelöst scheinen viele Probleme bis heute nicht.

VW schiebt der Fahrschule die Schuld zu

Und zum Vorfall mit dem gelösten Schalthebel heißt es von VW gegenüber AUTO BILD: "Nach Rücksprache mit dem zuständigen Autohaus ist unstrittig, dass die Halterung der Schaltbetätigung abgebrochen ist. Laut Werkstatt sind im Bereich der Schaltbetätigung Leitungen verlegt, die ab Werk dort nicht hingehören. Daher kann eine Beschädigung durch Dritte nicht ausgeschlossen werden. Des Weiteren ist das Fahrzeug von Herrn Meyer laut Reparaturhistorie unauffällig."
Die Meyers lassen das nicht gelten. Sie sagen: "Dort ist, wie bei allen unseren Golf, ein Kabel verlegt, das nach hinten zur akustischen Warneinrichtung der Fahrschulpedalerie führt." Sprich: Wenn bei der Prüfung der Fahrlehrer ein Pedal tritt, hört der Prüfer einen Ton. Bei der Verlegung des Kabels werde allerdings die Schalteinrichtung gar nicht ausgebaut, sagen die Meyers. So stehe es in der Anleitung. Und: "Die Fachwerkstatt hat bestätigt, dass der Schalthebel bei der Montage des Kabels nicht beeinflusst wurde."

Umstieg auf Audi – aber die liefern nicht

Es gehe ihnen nicht ums Geld, sagt Torben Meyer. "Aber wir verstehen nicht, dass VW so reagiert." Immerhin seien Fahrschulen doch Multiplikatoren. Viele ihrer Kollegen seien inzwischen auf asiatische Fabrikate gewechselt. Sie selbst warten jetzt auf ihre neuen Autos: elektrische Audi Q4 e-tron. Die sollten eigentlich im Mai 2022 da sein. Aber das ist ein anderes Thema ...