Er hat einiges zu schultern, der arme Golf. Die Erwartungen eines Riesen-Konzerns mit 520.000 Mitarbeitern zum Beispiel. Oder so bedeutungsschwangere Phrasen wie "Demokratisierung des Fortschritts". Und eine Präsentation in der ehrwürdigen Berliner Nationalgalerie. Kleines Auto trifft große Meister – bei so viel Aufwand sollte dann schon ein klitzekleines Auto-Wunder ins Rampenlicht rollen. Tatsächlich steht da in Berlin aber einfach ein Golf. Kantiger, einen Tick größer, irgendwie erwachsener. Aber immer noch ein Golf. Ist das jetzt enttäuschend? Sicher nicht. Denn was einen da im Cockpit des Siebeners erwartet, macht Lust auf mehr.

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Der neue Golf: Film ab!

Plopp. Draußen lärmen 600 Schreiber, Fotografen und Reporter, drinnen ist Ruhe. Sind die Golf-Türen zu, bleibt die Welt draußen. Das Zusammenspiel aus dicken Türgummis, speziellen Scharnieren und jeder Menge Dämmstoff soll den Premium-Anspruch des Golf unterstreichen und vermittelt die Solidität der Schweizer Alpen. Kaufen kann man sich dafür freilich nichts, in der Golf-Realitität zählen bedingungslose Haltbarkeit, ein sparsamer Verbrauch und maximale Alltagstauglichkeit. Die hat spürbar gewonnen. Ein kleines Dreiecks-Fenster in der A-Säule minimiert tote Winkel, Navi/Radio-Display und Klima/Lüftungsbedienung sind ein gutes Stück nach oben gerutscht. Hinzu kommt die Kofferraumkante, die weiter nach unten gewandert ist. Geschmackssache: die elektromechanische Parkbremse. Muss man mögen, Traditionalisten wird der Handbremshebel sicher fehlen.

Vorstellung in Berlin: Das ist der VW Golf VII

VW Golf
Unter der Haube ginge deutlich mehr: Elektro- und Hybridantrieb gibt es auch für den Golf VII noch nicht.
Fleißig waren die Wolfsburger Techniker in Sachen Radio-, Navi- und Infotainmentsystem. Jeder Golf kommt mit einem Touchscreen, beim Kassenmodell flimmern Radio-Infos (410 Euro Aufpreis), Bordcomputer-Daten und Klimaeinstellungen (Klimaanlage serienmäßig) übers einfarbige Display.  Ab 1946 Euro gibt's das neue Super-Navi "Composition Media", das auf die Annäherung der Hand reagiert, drei Jahre kostenlose Karten-Update mitbringt, 64 Gigabyte Daten speichert und als WLAN-Hotspot funktioniert. Für Otto-Normal-Golfer kein Thema. Der ärgert sich derweil vor allem übers kostenpflichtige Basis-Radio und die beim Kassenmodell gar nicht mehr so fluffig weich hinterschäumten Kunststoffe. Da regiert das Hartplastik. An der bestechenden Ergonomie ändert das natürlich nichts. Wer das Golf-Cockpit nicht bedienen kann, sollte mit Bus und Bahn fahren.
Und sonst so? Mehr Platz. Vorne wie hinten. Da profitiert der Siebener vom viel zitierten MQB, dem modularen Querbaukasten, der zentrale Bauteile standardisiert und enger zusammenrücken lässt. Die Folge: Die Vorderachse wandert ein Stück nach vorne, die Hinterachse ein Stück nach hinten. Nur um wenige Zentimeter zwar – die sind allerdings im Fond deutlich spürbar. 1,90-Fahrer und 1,90-Passagiere auf der Rückbank – geht locker. Abzüge gibt's in Sachen Flexibilität. Zwar ist schon beim Basis-Golf die Rücksitzlehne umklappbar, das war's aber auch schon. Verschiebbare Sitze, versenkbare Sitzflächen? Fehlanzeige. Das kann vor allem die japanische Konkurrenz seit Jahren besser!

Fazit

von

Jochen Knecht
Ein Golf ist ein Golf ist ein Golf ist ein Golf. Auch in der siebten Auflage. Das mag man langweilig finden, ist aber ein Zeichen für Kontinuität – und genau dafür schätzen Golf-Fahrer ihr Auto. Die technischen Innovationen (Super-Navi) lesen sich prima – können aber nicht ganz überdecken, dass VW in Sachen Antriebstechnik nach wie vor hinterherfährt. Hybrid? E-Golf? Kommt alles, heißt es bei VW – leider schon seit viel zu vielen Jahren.

Von

Jochen Knecht