Es wird Zeit für den ersten Test des VW ID.3. Die große Frage: Ist der Elektro-VW ein gutes Auto – oder eher nicht? Zunächst: Der ID.3 fährt sehr ordentlich. Bis auf ein leicht kantiges Abrollverhalten (grundsätzlich fahren alle ID.s mit recht spröden, ab 19 Zoll großen und 215 Millimeter schmalen Energiesparreifen umher) haben wir dem VW nichts vorzuwerfen. Er liegt verbindlich auf der Straße, fühlt sich reaktionsfreudig an, seine Lenkung hilft sicher und zielgenau, Kurs zu halten und dank Hinterradantrieb und wirksamer Gewichtsverteilung – Schwerpunkt tief unten, absolut in der Balance – kratzt der kompakte Elektrowagen auch zügige Kurven problemlos und unspektakulär.

Der Fahreindruck ist positiv

VW ID.3 im ersten Test: Für den Preis hätten wir mehr erwartet
Die stolzen 1,8 Tonnen Gewicht kaschiert das dicke Drehmoment (310 Nm) der E-Maschine erfolgreich.
Bild: Tom Salt / AUTO BILD
Ausweichen passiert beinahe von allein, allenfalls unter Volllast am Kurvenausgang möchten die hinten angetriebenen Räder für einen Wimpernschlag lang nach außen ausbüxen, bevor das ESP den Vorgang dezent, aber souverän glättet. Gute Bremswerte und ein sauberer Geradeauslauf auch bei Höchstgeschwindigkeit vervollständigen den positiven Eindruck. Die stolzen 1,8 Tonnen Gewicht kaschiert das dicke Drehmoment (310 Nm) der E-Maschine erfolgreich. Unter Gas fühlen sich die 204 PS des ID.3 angenehm spontan, spritzig und fast schon mühelos an.

Die WLTP-Reichweite ist zu schaffen

Satter Durchzug oder maximale Sprints nuckeln natürlich schnell am Akku. Verhalten bewegt, schafft der ID.3 den von VW versprochenen WLTP-Reichweitenwert von 344 Kilometern. Und: Auch ein Verbrenner erreicht bei einer solchen Beschleunigungsübung nicht die versprochenen Verbrauchswerte. Der Ladevorgang bis auf 100 Prozent Füllung dauert bei entladenem Akku an einer 11-kW-Ladesäule eine Elektro-Ewigkeit: sechs bis sechseinhalb Stunden. Mit "Haushaltsstrom" geht mehr als ein ganzer Tag drauf. An der Schnelladesäule können nur maximal 75 Prozent Kapazität nachgeladen werden, ergeben nach Testverbrauch (21,3 kW) im Eiltempo nachgeladene 250 Kilometer Reichweite.

Der ID.3 bietet zu wenig für seinen hohen Preis

VW ID.3 im ersten Test: Für den Preis hätten wir mehr erwartet
Die Frontscheibe unseres Testwagens klebt um mehrere Millimeter asymmetrisch versetzt im Rahmen.
Bild: Tom Salt / AUTO BILD
Der ID.3 sollte eigentlich ein VOLKSwagen sein, ist aber weit davon entfernt. Abseits von den Zuschüssen ist ein ID.3 teuer. Der Testwagen in der Ausstattung "1st Max" kommt auf einen Listenpreis von 48.734 Euro (Ersparnis bei carwow.de bis zu 10.375 Euro). Im Innenraum gibt's dafür viel hartes Plastik für die Oberflächen, lieblos vernähte Stoffbezüge bedecken die Sitzlehnenrückseite, die Frontscheibe klebt um mehrere Millimeter asymmetrisch versetzt im Rahmen. Da dürfte auf dem Preisschild eigentlich eher eine Zwei vorne stehen. Dazu kommt: Der ID.3 ist erst gegen rund 10.000 Euro Aufpreis absolut sicher. Denn den vollen Assistenzumfang inklusive etwa Emergency Assist und Spurwechselunterstützung gibt es nur in Verbindung mit der Topausstattung "Max". Außerdem ist die Wärmepumpe (für stabile Reichweite bei Kälte) nicht serienmäßig an Bord, die tollen ErgoActive-Sitze mit gutem Seitenhalt und effektiver Rückenunterstützung sind auch nicht einzeln bestellbar.
Dass der ID.3 bei uns trotzdem eine 2+ bekommt, liegt daran, dass er sich wirklich gut fährt und das mit geringem Stromverbrauch. Außerdem gibt es ein Konzept für ökologisch orientiertes Nachladen, er hat zukunftssichere Connectivity an Bord und mit der staatlichen Förderung (fast 10.000 Euro) hält der Preis sich wieder im Rahmen.