Noch vor ein paar Jahren war die Sache klar: Gegen VW hatte Hyundai keine Chance. Die koreanischen Autos waren zwar okay, die deutschen aber in fast allen Bereichen überlegen. Das soll jetzt anders werden – mit frischen Modellen, die fein gearbeitet sind und voller neuer Technik stecken. Der im September auf den Markt kommende i40 zielt dabei auf den Passat. War der Vorgänger Sonata (nur als Limousine) noch ein rundum koreanisches Gewächs, ist der i40 eigentlich ein deutsches Auto. Okay, er wird zwar in Korea zusammengeschraubt, gezeichnet und entwickelt wurde er aber hier bei uns im Entwicklungszentrum in Oberursel. Und dort haben sie sich den Passat genau angeschaut.

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Video: VW Passat vs. Hyundai i40

Gegenwind für den Passat

Der i40 sieht zwar anders aus, mehr Coupé als Kombi, die Abmessungen rücken ihn aber direkt neben den Passat. Fast auf den Zentimeter gleichen sich die beiden, nur ein wenig flacher ist der Koreaner. Erstaunlich dabei, dass unter dem schräg gestellten Coupé-Heck fast genauso viel Platz ist wie hinter dem eher kantigen Passat-Rücken. In der Disziplin Raumangebot herrscht also nahezu Gleichstand. Gilt das auch für das wichtige Kombi-Kriterium Variabilität? Antwort: Nein. Der Passat überzeugt mit vollkommen ebener Ladefläche (bei vorgeklappten Rückbank-Sitzflächen), beim i40 cw lassen sich nur die Lehnen umlegen, es bleibt eine leicht schräge Ebene. Pluspunkte kann der Koreaner mit seiner Neigungsverstellung der Rückbanklehne und der etwas niedrigeren Ladekante sammeln. Dafür öffnet die Heckklappe beim Deutschen sieben Zentimeter höher, was größeren Menschen Kopfnüsse erspart.

Überblick: Alle News und Tests zum VW Passat

VW Passat
Überzeugend: Material und Verarbeitung sind wirklich Oberklasse im VW Passat.
Insgesamt sind dies aber nur Kleinigkeiten, die den Hyundai nicht entscheidend hinter den VW zurückfallen lassen. Das gilt übrigens auch für das Cockpit. Klare Übersicht und beste Funktionalität im Passat, doch auch der i40 lässt sich ohne Probleme bedienen. Er ist deutlich verspielter, doch das mag einigen unter Umständen sogar besser gefallen als die deutsche Gradlinigkeit. Einen klaren Vorsprung sichert sich der Volkswagen eindeutig bei Material und Verarbeitung. Das ist wirklich Oberklasse, solide, liebevoll und penibel gefertigt. Der Hyundai kann da nicht ganz mithalten, obwohl auch sein Interieur überzeugt. Die Kunststoffe wirken hochwertig, der Chrom-Zierrat ist sauber eingepasst, und nichts knistert oder knarzt. Zum Preis: Der Passat Variant startet mit 25.775 Euro (1.4 TSI mit 122 PS). Den i40 Kombi gibt es für 23.390 Euro (1.6, 135 PS). Gut 2000 Euro billiger bei besserer Ausstattung (unter anderem LED-Tagfahrlicht, Alarmanlage, Multifunktionslenkrad mit Leder). Auch bei den Extras haben die Koreaner dazugelernt. So gibt es auch für den i40 allerlei Schnokus in der Aufpreisliste.
Bei den Dieseln wird es etwas komplizierter. Den i40 gibt es ab der Einstiegs-Ausstattungslinie "Comfort" für 24.990 Euro (85 kW), der von uns gefahrene 100-kW-Diesel kostet als "Style" mindestens 28.990 Euro, als Version "blue" mit Start-Stopp-System sogar 29.390 Euro. Und das ist fast auf den Euro genau der Preis, den VW für seinen Passat 2.0 TDI BlueMotion Technology verlangt. Dann allerdings als Grundmodell "Trendline", dem reichlich Ausstattung zum i40 fehlt. Es sind rund 3000 Euro, die der i40-Fahrer sparen kann. Greift er gar zum "Premium" mit Lederpolstern und Xenonlicht, erhöht sich die Differenz sogar auf 6000 Euro zum vergleichbaren Passat. Nicht vergessen wollen wir die Garantie. Fünf Jahre inklusive aller Wartungskosten gegenüber zwei Jahren beim Passat. So klettert der Preisvorteil des Hyundai auf gut 7000 Euro.

Überblick: Alle News und Tests zum Hyundai und VW

Hyundai i40 VW Passat
Zwei Kombis auf Augenhöhe? Nicht ganz, aber der i40 ist schon ziemlich nahe dran.
Viel Geld, das der Passat-Fahrer mehr zahlt, aber ist der VW auch so viel besser unterwegs? Antwort: Nein. Er rollt zwar etwas geschmeidiger ab, filtert nahezu alle Straßenunebenheiten sauber heraus, bleibt dabei vorbildlich leise. Aber auch der Hyundai ist kein Krawallbruder. Das Fahrwerk ist ebenfalls sehr komfortabel, erreicht allerdings nicht ganz die Klasse des VW – der allerdings auch die famose Stoßdämpferregelung DCC für 1085 Euro an Bord hatte. Leise ist der Koreaner auch, Motor- und Abrollgeräusche sind konsequent ausgesperrt. Der Dieselmotor macht seine Sache gut, kann den Hubraumnachteil gegenüber dem VW geschickt überspielen. Ob er die versprochenen, sehr niedrigen Verbrauchswerte tatsächlich erreicht, muss ein späterer Test zeigen. Wenn es einen echten Kritikpunkt beim Fahren gibt, dann ist es die Lenkung. Sie wirkt teigig, vermittelt keinen guten Kontakt zur Straße. Alles andere überzeugt, Bremsgefühl und Schaltung sind absolut in Ordnung. So sind es am Ende viele kleine Dinge, die beim Hyundai i40 den Unterschied zum Passat ausmachen. Ob diese den Mehrpreis wert sind – das muss jeder Kunde selbst entscheiden.

Fazit

von

Jürgen von Gosen
Mit dem i40 ist den Koreanern ein überzeugendes Auto gelungen. Er sieht modern aus, fühlt sich hochwertig an und fährt gut. Dass er dem Passat nicht ganz das Wasser reichen kann, muss die Koreaner nicht entmutigen. Denn so dicht auf den Fersen war noch kein Hyundai einem Volkswagen. Glückwunsch!

Von

Jürgen von Gosen