Es war nur eine kleine Notiz am Rande. Volkswagen hat im Oktober die Produktion des Passat für zwei Tage ruhen lassen. Ausgerechnet die erfolgsverwöhnten Wolfsburger haben Probleme mit dem Absatz des Mittelklassemodells. Und es kommt noch dicker. Wenn am 15. Februar die dritte Generation des Skoda Octavia auf den Markt kommt, dürfte sich der eine oder andere Kunde fragen: Muss es unbedingt ein teurer Volkswagen sein, oder reicht nicht auch der deutlich günstigere Skoda?

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Skoda Octavia
Neue Größe: Die dritte Generation des Octavia ist gewachsen und erreicht jetzt Mittelklasse-Format.
Schon beim ersten Aufeinandertreffen fällt auf: Der Octavia hat spürbar an Format gewonnen. Länge, Breite, Radstand – Skodas Bestseller hat Mittelklasseformat erreicht. Beim Platzangebot kann der neue Octavia locker mit dem bekannt großzügigen Passat mithalten. Zumindest in Reihe eins. Im Fond ist der Volkswagen dann doch noch eine halbe Nummer größer. Trotzdem zwickt auch der Skoda nirgends wirklich. Selbst große Passagiere sitzen bequem. Beim Kofferraum hingegen punktet der Tscheche. Sein Gepäckraum ist nicht nur größer, sondern dank niedrigerer Ladekante und großer Heckklappe auch besser zu beladen. Dazu kommen nette Details wie klappbare Haken zum Befestigen von Tragetaschen oder ein Wende-Ladeboden, dessen Rückseite gummiert ist. Im Cockpit wird der Altersunterschied der Konzernbrüder besonders deutlich. Der Passat ist bereits seit 2005 auf dem Markt. Er wurde 2010 zwar aufgefrischt, doch er ist spürbar in die Jahre gekommen. Bedienung und Qualitätsanmutung sind zwar einwandfrei, das Multimediasystem allerdings wirkt hoffnungslos veraltet.

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VW Passat
In die Jahre gekommen: Der VW Passat ist seit 2005 auf dem Markt, wurde 2010 noch mal aufgefrischt.
Skoda kann bereits auf den neu entwickelten Elektronikbaukasten mit bis zu acht Zoll großen Displays zurückgreifen. Das neue System arbeitet schneller, die Navigation gefällt mit feiner Kartengrafik. Keine Unterschiede gibt es bei der Verarbeitung – und den verwendeten Materialien. Die bei beiden im oberen Bereich des Cockpits weich geschäumt sind, unterhalb des Handschuhfachs wird jedoch billiges Hartplastik verbaut. Im Gegensatz zu VW hat es sich Skoda verkniffen, eine elektrische Handbremse zu verwenden, und setzt lieber auf einen konventionellen Hebel. Erst einmal in Fahrt, fällt schnell auf, dass der Octavia leichter ist als der Passat. Obwohl sein 1,6-Liter-Turbodiesel mit 105 PS exakt gleich viel leistet wie der des Passat, beschleunigt er temperamentvoller. Dazu kommt, dass der Motor im Skoda trotz gleichen Hubraums neu konstruiert ist, seine maximale Leistung bereits bei 3000/min erreicht – und damit 1400 Umdrehungen früher als der Motor im VW. Abzüge handelt sich der Octavia hingegen für sein Getriebe ein. Es muss mit fünf Gängen auskommen. Entsprechend größer fallen die Drehzahlsprünge beim Gangwechsel aus.
Den Fahrwerten schadet das jedoch nicht. Bei beiden reicht die Leistung im Alltag völlig aus, auch dank des hohen Drehmoments von 230 (Octavia) und 250 (Passat) Newtonmetern schon knapp über der Leerlaufdrehzahl. Beim Verbrauch macht sich die Gewichtsreduzierung des Octavia um bis zu 102 Kilogramm gegenüber dem Vorgänger bemerkbar. Der Skoda kommt im Test mit vorbildlichen 4,5 Litern Diesel 100 Kilometer weit. Der Passat verbrauchte auf unserer Testrunde einen halben Liter mehr.

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Skoda Octavia VW Passat
Unterschiedlich abgestimmt: Der Octavia zeigt sich straff, der Passat setzt deutlich auf Komfort.
Bei der Abstimmung der Fahrwerke verfolgen die Hersteller unterschiedliche Philosophien. Volkswagen legt den Passat betont komfortabel aus. Er schluckt kleine Stöße ebenso gekonnt wie lange Wellen – ohne schaukelig zu wirken. Noch immer eines der besten Mittelklasse-Fahrwerke. Der Skoda – basierend auf der Kompakt-Plattform des Golf – ist straffer abgestimmt. Vor allem bei kleinen Unebenheiten kommt schneller Unruhe ins Auto. Nicht wirklich dramatisch oder nervig. Immerhin werden die Tschechen erstmals gegen Aufpreis ein verstellbares Fahrwerk anbieten, das mehr Komfort verspricht. Lange Wellen schluckt der Skoda dank seinem langen Radstand auch mit dem Serienfahrwerk ähnlich gut wie der Passat. Vorteile bietet die sportlichere Auslegung des Skoda beim Fahrverhalten. Der Octavia fährt sich leichtfüßiger, umrundet Kurven ohne große Seitenneigung. Der Passat wirkt limousiniger – und schwerfälliger. Unterm Strich kann der Octavia so die Eigenschaftswertung gewinnen – eine beeindruckende Leistung gegen den ausgereiften Volkswagen. Zumal der Skoda nicht nur das bessere Auto, sondern auch das deutlich günstigere ist.
Bereits im Grundpreis liegt der Tscheche rund 4200 Euro unter dem Passat, obwohl er als "Elegance" mit serienmäßiger Klimaautomatik, Radio und Aluminiumrädern ähnlich gut ausgerüstet ist. Bei der Sicherheitsausstattung hat der Octavia mit serienmäßigem Knieairbag, aktiver Motorhaube und Multikollisionsbremse sogar die besseren Argumente. So gewinnt er auch die Gesamtwertung klar. Der Abstand des neuen Octavia zum Passat fällt überraschend deutlich aus. Und das dürfte in Wolfsburg sicherlich mehr als eine Randnotiz sein.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Die Sensation ist perfekt – wenn es denn eine ist: Der neue Skoda Octavia gewinnt im ersten Vergleichstest gegen den VW Passat. Und zwar souverän. Er ist ähnlich groß, aber sparsamer, und er bietet dabei bessere Fahrleistungen. Dazu kommen die deutlich günstigeren Preise. Auffällig beim ausgewogenen Passat: Er ist nicht mehr der Jüngste.

Von

Stefan Voswinkel