100.000 Kilometer? Ein Klacks für den Passat Variant 1.8, der mit Note 1– ins Ziel kam. Also ging der Dauertest in die Verlängerung - weitere 50.000 Kilometer mit dem Ergebnis, dass VW wieder haltbare Autos bauen kann.
Das Geschäft läuft. Wieder. Zwei Jahre lang war der Passat bei Businesskunden in Ungnade gefallen und hatte seinen Titel als beliebtester Firmenwagen verloren. Die Gründe? Alle selbst verursacht: Dieselskandal, verunsicherte Flottenmanager, saure Kunden und viel zu spät die sauberen neuen 6d-Temp-Modelle. Deshalb wählte AUTO BILD mitten in der Selbstzünder-Krise den 180-PS-Benziner, der seit Mai 2016 im Dauertest schnurrte. 100.000 Kilometer, am Ende stand als Note eine 1–. Wir wollten ihn gar nicht mehr hergeben. Mussten wir auch nicht, weil der Zustand des Variant 1.8 TSI Comfortline nahelegte: Der Test muss in die Verlängerung gehen, zerlegt wird erst nach 150.000 Kilometern. Nach dieser Laufleistung, die viele Passat bereits in der Leasingzeit erleben, versprachen wir uns weitere Erkenntnisse zur Dauerhaltbarkeit. VW sah das gelassen, die Wolfsburger setzten auf die eigene Qualität und hofften auf gute, vertrauensbildende Nachrichten.
AUTO BILD Gebrauchtwagenmarkt
44.790 €
VW Passat Business 2.0 TDI LED NAVI KLIMA SHZ PDC ACC
* Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist (www.dat.de).
Für Kilometerschrubber ist der TSI kein Diesel-Ausweg
VW Passat (2016): Test - Dauertest - Technik - DSG - TSI
Dauertest-Passat im Check
Schlechte gab es in der Zeit für die Marke schließlich genug, während der Kombi mit stiller Zuverlässigkeit seine Extratour abspulte. Ob Fernreisen, Fotoeinsätze, Lastentrips – nichts wurde ihm zu schwer. Es war, als würde der Passat in seiner Immerda-Mentalität unterm Aufmerksamkeitsradar hindurchrauschen. Wir kannten ihn ja: diesen "vernünftigen Traumwagen", wie ihn Archivar Willi Kock beschrieb. Ein Platzriese mit reichlich Luxus an Bord, der den Testwagen unterm Strich 55.849 Euro teuer machte. Laut Preisliste, rabattstarke Flottenkunden liegen weit darunter. Sie fahren auch nicht den Benziner, der im Dauertest weiter begeisterte. Die Laufruhe war zu erwarten. Wie angenehm im Vergleich zum gewohnten Diesel-Rumoren. Aber dass der Vierzylinder bei etwas Beherrschung im Gasfuß mit unter acht Liter auskam (Testschnitt: 8,7 Liter/100 km), verdiente anerkennendes Nicken. Sollte der 1.8 TSI doch noch als Diesel-Ausweg taugen? Nein, nicht für Kilometerschrubber, weil ein TDI bei gleicher Fahrweise gut 30 Prozent weniger schluckt.
Die Massagesitze klingen wie "ein rachitischer Opa"
Bekannte Macke: Unter einem flotten Gasfuß kuppelt das DSG manchmal ruckelig ein oder bekommt einen Gangwechsel nicht ganz glatt hin.
Dass der Turbomotor mit 250 Nm genug Drehmoment hinlegt, um die Vorderräder bei voller Beladung oder nasser Fahrbahn durchdrehen zu lassen – kein wirklich überraschender Ärger. Ebenso, dass das Doppelkupplungsgetriebe (bei VW: DSG) unter einem flotten Gasfuß manchmal ruckelig einkuppelt oder manchen Gangwechsel nicht so glatt hinlegt wie eine Wandlerautomatik. Kannten wir. Mal sprang das Start-Stopp-System im Stauverkehr zu langsam an, dann schaltete es den Motor beim Ausrollen vor der Ampel so früh aus, dass die Servokraft fehlte. Das hat VW in der Serie inzwischen ebenso geändert wie den Wasserablaufschlauch für die Kameraluke in der Heckklappe oder die Mechanik der Massagesitze. Über Letztere notierte Redakteur Stefan Novitski ins Fahrtenbuch: "Klingt wie ein rachitischer Opa." Wer will sich schon bei solchem Ächzen verwöhnen lassen? Die Werkstätten kennen die Klagen der Kunden, dort werden die Massagesitze nach Werksvorgabe abgeschmiert.
Schon beim Start waren einige Assistenten nicht mehr aktuell
Das Tachodisplay kostet 680 Euro extra und zeigt für Puristen auch zwei klassische Rundinstrumente.
Beim Infotainment leidet der Passat – an sich ein Profiteur des ausgereiften VW-Baukastens – unter unglücklichen Entwicklungszyklen. Schon beim Start waren einige Assistenten nicht mehr auf dem jüngsten Stand. Träge Fernlichtautomatik, manche Verkehrszeichen nicht erkannt, das Navisystem im Ausland unbrauchbar, weil ohne SIM-Karte nichts geht. Dafür gefielen uns das digitale Tachodisplay und die Rückfahrkamera, die zwar lautstark einklappt, dafür immer ein sauberes, gestochen scharfes Bild liefert statt Regentropfen auf dem Objektiv. Damit zu den vielen positiven Seiten dieses Dauerläufers, die bei Weitem überwogen. Aus den Ergo-Active-Sitzen wollten manche gar nicht mehr aussteigen, und die variablen Dämpfer, die auf Knopfdruck das Fahrwerk von flauschig bis forsch verstellen können, sind auf Langstrecken eine Wohltat. Auch die Frontscheibenheizung, ohne die verwirrenden Drähte, die bei anderen Herstellern für Grisselbilder bei Sprühregen sorgen, hat sich bewährt. Noch eine Erkenntnis aus dem verlängerten Dauertest: In diesem Kofferraum konnten Kollegen sogar schlafen. Ob sie dabei auch den satten Raumklang des Dynaudio-Systems (1325 Euro extra) genossen haben? Darüber schweigt das Fahrtenbuch gnädig, von anderen Testern wurde die Musikanlage jedenfalls gelobt.
An der Gesamtnote ändert sich nichts
Dann fragte Malte Büttner nach 132.984 Kilometern: "Geht dem Passat doch die Luft aus?" Der Testredakteur monierte ein Ächzen in der Vorderachse und rappelnde Heckklappendämpfer. Dass die vorderen Stoßdämpfer gelegentlich "schwitzen" und Öl auswerfen, ist bei VW bekannt. Lange viereinhalb Jahre nach dem Start bekommt der Passat endlich ein Facelift: modernere Assistenten, das neueste Infotainment, ein bisschen Optik. Die Qualität stimmt, bis zum 150.000-Kilometer-Finale gab es keine weiteren Schäden. Es blieb bei acht Minuspunkten (für Wasserablauf, Massagesitz, Start-Stopp und die Assistenten), sodass der Variant wieder eine 1– als Gesamtnote bekommt. Da passt, dass der Wolfsburger auch die Gunst der Business-Kunden zurückerobert hat. Laut KBA-Statistik steht er bei den Geschäftswagen wieder ganz oben in der Gunst. Läuft also.
Fazit
von
Manfred Klangwald
Ein VW, wie man sich ein Auto der Marke wünscht. Hochwertig, unauffällig, zuverlässig. So hat der Passat – wie schon der Golf Sportsvan zuvor – auch auf der längeren 150.000-Kilometer-Distanz eine Qualität bewiesen, die auf Dauer das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen könnte. Es sind Autos wie dieser Variant, die VW aus der Krise fahren werden. Note: 1-