VW T5/T6: Bulli-Umbau zum E-Auto, Preis, Leistung, Akku
Hier werden VW-Verbrenner-Bullis zu Elektroautos umgebaut

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Ausgenudelter TDI-Motor raus, dafür ein topmoderner rein: Ein Start-up aus Niedersachsen hat einen Elektroantrieb für VW Bulli T5 und T6 entwickelt. Das Ziel: Ressourcen schonen.
Bild: NAEXT GmbH
Der 18 Jahre alte Bulli mit mehr als 350.000 Kilometern auf der Uhr und Motorschaden hat schon bessere Tage gesehen. Ein Fall für Nick Zippel und Henning Behn. Der Umwelttechniker und der Flugzeugbauer aus Hamburg schenken Gebrauchtwagen ein zweites Leben. Alter Verbrenner raus, neuer E-Antrieb rein, ein Akku unter die Karosserie, notwendige Verschleißteile ersetzen, fertig. Egal ob VW T5 oder T6. Kostenpunkt: ab 28.000 Euro für den Umbau.
"Uns geht es darum, Ressourcen zu schonen", sagt Nachhaltigkeitspionier Zippel. Seine 160-Mann-Firma baut erfolgreich Photovoltaikanlagen und Brennstoffzellen für Einfamilienhäuser. Eigentlich sei er Auto-Verneiner, wären da nicht seine vier Kinder. Seit elf Jahren setzt er nun auf E-Autos. "Der Planet kann es sich nicht mehr leisten, dass immer alles neu produziert wird", sagt Dipl. Ing. Zippel.

Nick Zippel (l., 48) verdient sein Geld eigentlich mit Gebäudetechnik, Kumpel Henning Behn (41) arbeitete zuletzt für Airbus.
Bild: Holger Karkheck / AUTO BILD
Also haben er, Kumpel Behn und zwei weitere Ingenieure das Start-up Naext mit Sitz in Seevetal bei Hamburg gegründet. Die Fahrzeugbau- und Flugzeugbau-Ingenieure hatten zuletzt für Airbus am A380 getüftelt. In nur 100 Tagen entwickelten sie nun einen serienreifen E-Antrieb mit 110 kW Leistung für Gebrauchtwagen. Mittlerweile sind zwei umgebaute VW-Bullis mit dem neuen E-Antrieb unterwegs.

Ein ausgeweideter alter Bulli. Die vielen weißen Punkte sind für den 3D-Scanner. Jetzt kommt der E-Motor rein.
Bild: Holger Karkheck / AUTO BILD
Akkus, Motor, Steuergerät – die Ingenieure greifen auf bewährte Technik zurück. Die Kunst ist es, alles miteinander zu verbinden und in eine bestehende Fahrzeugstruktur einzubinden, die Autos sind für Plug-and-Play gebaut. Dafür hat Behn den Motorraum des Bulli mit einem sündhaft teuren 3-D-Scanner vermessen. Dieser zeigt auch, wie und wo die einzelnen neuen Bauteile integriert sind: Der E-Antrieb steckt unter der Motorhaube, der große Akku unter dem Boden. Alles mit TÜV-Siegel.

Die Lithium-Batterie passt ohne Höherlegung unter den Bulli. Reichweite: 200 Kilometer, auf Wunsch auch 400.
Bild: Holger Karkheck / AUTO BILD
Aber bei welchen Autos lohnt sich der Umbau? Ein Mitarbeiter der Firma gegenüber AUTO BILD: "Hohe Laufleistungen allein sind kein Problem. Wichtig ist, dass die Karosserie gut in Schuss ist. Es darf kein 'runtergerocktes' Fahrzeug sein. Wenn Schweißen oder Lackieren nötig ist, sollte man es lassen." Aktuell bietet die Firma den Umbau für VW Bulli T5 und T6 an. Für März 2022 streben die Tüftler eine Homologation an. Die eretzt dann die Einzelzulassung durch eine Prüforganisation.

Zurück in die Zukunft: Die Beleuchtung des Naext-Kompensators wechselt regelmäßig die Farbe.
Bild: Holger Karkheck / AUTO BILD
Die ersten beiden umgebauten Bullis sind schon verkauft, fahren für Kunden durchs Hamburger Umland. Reichweite des einen: rund 200 Kilometer, mit der 54 kWh-Batterie, 400 km bei dem Bulli mit 72 kWh-Akku. Der Stromverbrauch bei bewusster Fahrweise liegt bei 23 kWh/100 km. Zum Vergleich: Ein VW ID.3 verbraucht 15,5 kWh/100 km. Auf Wunsch verbaut Naext auch mehr Kapazität, das funktioniert in Schritten von 18 kWh. So ist eine Erweiterung auf bis zu 90 kWh möglich.
"Aber auch da gilt: Ressourcen schonen", sagt Zippel. "Mit dieser Technik können wir die Millionen Verbrenner in die Zukunft tragen – und müssen nicht gleich neue Autos kaufen." Was ist der Naext Step? "Wir wollen Umbausätze liefern und bundesweit mit Werkstätten kooperieren, die die Technik dann einbauen." Mittelfristig sollen die Umbau-Kits für 200 Kilometer Reichweite unter 20.000 Euro kosten. Und die Seevetaler wollen weitere Automodelle elektrifizieren: Bald soll der Audi A2 hinzukommen. Mercedes Vito, VW Crafter und Ford Transit sind ebenfalls in Planung,
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