VW stellt die sechste Auflage des Transporters vor. Als Multivan trifft er auf die Mercedes V-Klasse. Beide mixen Luxus mit Lastwagen. Wir haben sie genauer untersucht.
Heerscharen von Handwerkern feuern nach getaner Arbeit ihr Werkzeug in den Laderaum, Myriaden von Muttis wuchten die verdreckten Kinderkarren hinter die Sitzbank. Harte Arbeit steht jeden Tag im Stundenplan eines Transporters – egal ob der nun VW Multivan oder Mercedes V-Klasse heißt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn beide können auch Edel-Laster.
In einer V-Klasse geht es je nach Ausstattungslage zu wie in einer Lounge, im neuen VW T6 vermitteln lackierte Blenden im Cockpit und sorgfältig zusammengebaute Verkleidungen ein ordentliches Wohlfühl-Ambiente.
Der Multivan "Generation Six" zeigt schicke Retro-Anleihen und ist zweifarbig lackiert, erinnert so an die ersten beiden Generationen T1 und T2.
Dass der Mercedes seine Lastwagen-Gene nicht nur mit Tand und Glitter kaschiert, konnten wir längst prüfen. Ein V 220 d zum Beispiel trifft den Mix aus verlässlichen Lasteselqualitäten und einer ordentlichen Portion Luxus auf den Punkt. So beeindruckt das große V durch sehr ordentliche Cockpitmaterialien und durchdachte Details – zum Beispiel lässt sich die Glasscheibe der Heckklappe separat öffnen, und der Comand-Regler des Multimediasystems liegt perfekt platziert. Jetzt hatten wir endlich auch Gelegenheit, einem neuen VW T6 Multivan hinter die hübsch lackierte Fassade zu gucken. In unserem Fall wirkt die übrigens besonders gelungen. Der Multivan "Sondermodell Generation Six" zeigt schicke Retro-Anleihen (die Zweifarblackierung soll an den legendären Samba-Bulli erinnern) und mixt diesen Revival-Anzug mit LED-Rückleuchten sowie dem neuen VW-Markengesicht. Klasse sieht das aus! Allerdings: Durch die Türfugen schimmert die weiße Grundlackierung. Auch nicht besonders fein: Im Passagierraum leuchten edel schimmernden LED-Strahler, das Gepäckabteil wird dagegen lediglich von zwei gelblich glimmenden Glühlampen aufgehellt – das geht moderner.
Die V-Klasse bietet mehr Assitenzsysteme als der T6
Ansehnliches Cockpit im VW T6 mit pfiffigen Detaillösungen. Bei den Assistenzsystemen kommt der T6 gegen die V-Klasse nicht an.
Wie auch die Bestückung mit Assistenzsystemen. Zwar hat der T6 ordentlich aufgeholt, bietet nun zum Beispiel eine Müdigkeitserkennung oder das bis 30 km/h aktive City-Stop-System (kann Unfälle in der Stadt vermeiden). Gegen das volle Programm einer V-Klasse hat der neue Multivan dennoch das Nachsehen. Allein über seine elektrische Lenkung lässt sich im Benz mehr Assistenz darstellen. Der Mercedes kann selbsttätig einparken oder die Spur halten. In einem weiteren wichtigen Detail sehen wir den VW Bus ebenfalls hintendran: Zumindest in der Multivan-Ausstattung kommt der VW mit einer zwar praktischen (weil einfach zu verschiebenden und zur Schlafstätte verwandelbaren), jedoch enorm schweren Rückbank daher. Sind die Einzelsitze im Mercedes relativ leicht demontierbar, ist das im T6 (für eine Person) ein hoffnungsloses Unterfangen. Trost: Die Sitze selbst wirken größer, bequemer und angenehmer gepolstert als in einer V-Klasse.
VW bietet mehr Auswahl bei den Motoren
Etwa alle 7000 Kilometer muss bei den T6-Dieseln ein Additiv nachgefüllt werden. Nur so erreichen die Motoren Euro 6. Gleiches Spiel bei der V-Klasse.
Unter der Motorhaube herrscht im Grunde Gleichstand – allerdings bietet VW mehr Auswahl an Leistungsstufen. Im neuen VW kommen überarbeitete TDI- und TSI-Maschinen zum Einsatz, die deutlich sparsamer laufen. Bis auf eine Diesel-Bestückung im kleinsten Transporter schaffen alle Versionen die Abgashürde Euro 6. Kleiner Schönheitsfehler: Um die NOx-Werte zu erreichen, muss der Bulli-Fahrer etwa alle 7000 Kilometer Harnstofflösung in einen Extratank kippen – das kennen wir ja auch von V-Klasse-Dieseln. Von 84 bis 204 PS reichen die Motoren, Doppelkupplungsgetriebe und Allradantrieb wird es wie bei Mercedes gegen Aufpreis geben. Die V-Klasse startet mit mindestens 136 PS (maximal leistet der V 250 d 190 PS), Benziner sind nicht verfügbar. Bei 29.952 Euro (für den 2.0 TDI mit 86 PS) soll der T6 Multivan starten, eine V-Klasse (V 200 d mit 136 PS) kostet mindestens 42.983 Euro. Aua! Da dürften Handwerker und Muttis gleichermaßen ins Grübeln kommen.
Ganz offen: Der VW T6 wirkt zu vertraut. Er unterscheidet sich nicht deutlich genug von seinem Vorgänger. Trotz aller Assistenztechnik und des Multimediasystems auf aktuellem Stand. Außerdem schimmert hier und da zu viel vom schlichteren Transporter durch. Das Gefühl, ein hochaktuelles Modell zu fahren, gibt es so wohl eher bei Mercedes. Schade jedoch: Den Stuttgartern fehlt ein günstiger Einsteiger.