Noch immer der kantige Kerl von einst

Urgestein: So nennt Mercedes-Benz die G-Klasse mit Fug und Recht. Mercedes-Benz in Stuttgart und Steyr in Graz feiern Silberhochzeit, das gemeinsame Kind Puch G/Mercedes-Benz G wird 25. Und während etwa der Golf V außer dem Namen wenig mit seinem Ahn gemein hat, ist der G 400 CDI von heute im Grunde der kantige Kerl von einst: Die Design-Moden der letzten Jahrzehnte sind weitgehend spurlos an ihm vorbeigegangen. Aufrecht und mit senkrechten Scheiben trotzt er dem Windkanal, trägt seine Ecken und Winkel sichtlich mit Stolz.

Außer dem Karosserieblech ist auch das Grundkonzept geblieben. Immer noch sind die Räder an zwei schweren Starrachsen montiert, immer noch steht kein mechanisches Bauteil über den robusten Leiterrahmen hinaus. Die Veränderungen kamen behutsam, Schritt für Schritt. Die offene Version hat sich über die Jahre noch stärker gewandelt als die geschlossenen Varianten. Als ich vom heutigen Hightech-Diesel-Cabrio G 400 CDI in den alten 240 GD klettere, steigen mir beinahe Tränen der Rührung in die Augen. Kaum zu glauben, wie unterschiedlich zwei im Grunde gleiche Autos sein können. Der alte 240er wirkt nicht nur von außen, erst recht vom Fahrerplatz aus viel kleiner, zurückhaltender als der mächtige 400er.

Die Rührung setzt sich fort, sobald ich den Schlüssel drehe. Der gutmütige Vorkammer-Saugdiesel stimmt sein melancholisch nagelndes Lied an. Anfahren kann ich ohne Gas und mit 700 Umdrehungen: Wo kein Turbolader, da kein Turboloch. Und kein Turbo-Schub. Beim weiteren Tritt aufs rechte Pedal wird der sparsam gedämmte Motor lauter. Aber sonst tut sich nicht viel. Nur gemächlich klettert die Nadel im schlichten Nutzfahrzeugtacho. Kein Wunder: Hier stemmen sich bescheidene 137 Nm gegen immerhin gut 1800 Kilo. Mehr noch als sein vom Handling behäbigerer, aber mit den Bärenkräften seines Biturbo-V8 gesegneter Bruder steht der Ur-G für entspanntes Reisen. In beschaulichem Tempo gleitet die Landschaft vorbei; wir haben Zeit.

Mischung aus Luxus und Tradition

Die braucht man auch, um die Frühlingssonne direkt genießen zu können. Und zwei, besser vier kräftige Hände. Der Ur-G hat noch ein altmodisches Planen-Verdeck, das mit Stahlseilen, Spannhaken und Klettverschlüssen am Spriegelgestell verankert ist. Das manuelle Klappverdeck kam erst 1985, das heutige elektrohydraulische Dach 1997.

Kennzeichnend für die 25-jährige Entwicklung des Nutzfahrzeuges G-Modell zum "Pkw" G-Klasse ist die geduldige Feinarbeit des schwäbischen Mutterhauses und des steyrischen Fertigungs- und Entwicklungspartners. Schritt für Schritt wurde immer mehr moderne Technik in das längst schon alte Auto integriert, ohne auf Bewährtes zu verzichten. So ist die Geländetauglichkeit noch heute vom Feinsten. Noch immer kann der wissende Fahrer ganz bewusst die beiden Achsdifferenziale voll sperren, wenn anders kein Fortkommen mehr ist. Dass es zusätzlich auch moderne Elektronik-Systeme gibt, die selbst den unbedarften Lenker sicher und ohne sein Zutun durch Schlängelkurven und Morast bringen, ist ein Zugeständnis an die heutige Klientel.

Nur eines ist dem G von heute verloren gegangen: der erfrischende Nimbus der verlässlichen Ehrlichkeit, des schlichten Freundes, der mit seinem Fahrer durch dick und dünn geht. Er musste einer für Puristen zwiespältigen Mischung aus Luxus und Tradition weichen.

Technische Daten im Überblick

Während beim 240 GD der ersten Baureihe noch ein 72 PS starker Diesel für den Vortrieb sorgt, arbeitet beim aktuellen G 400 CDI ein Common-Rail-Turbodiesel mit 250 PS unter der Haube.

Fazit und Preise

Fazit Auch wenn sie fast aussehen wie Zwillinge: Viel haben 240 GD und G 400 CDI nicht mehr gemein. Die Form ist zwar gleich, aber Charakter, Fahrspaß und Einsatzgebiet haben sich im vergangenen Vierteljahrhundert Stück für Stück grundlegend gewandelt: Von Arbeit und Abenteuer zu Business und Lifestyle.

Von

Thomas Rönnberg