Rennfahrer Wolfgang Kaufmann verfügt über ein sonniges Gemüt. Trotzdem entlockt ihm unser Starterfeld nicht mal ein müdes Lächeln: "A3 gegen Golf – klingt ja total spannend." Was sich vor seinem inneren Auge abspielt, scheint offensichtlich: 1.9-TDI-Motor, maximal 150 PS, 200 km/h Spitze. Wie soll er wissen, dass wir nach Höherem streben und mit Autos anrücken, deren Potenzial auf öffentlichen Straßen kaum auszuloten ist? Mit der Nordschleife dient die berühmteste Rennstrecke der Welt als Terrain, um den beiden Kraftbolzen Auslauf zu gewähren.

Understatement ist anders: Zender verleiht dem A3 Überhol-Prestige.
Am Steuer: Wolfgang Kaufmann, zuletzt in einem Porsche Gewinner des 24-Stunden-Rennens von Bahrain, Renn-Routinier und Nordschleifen-Ass. Seine Miene hellt sich auf, als er die beiden Protagonisten zu Gesicht bekommt: "Dem Audi nimmt man auf den ersten Blick ab, dass er richtig Dampf hat. Der harmlos aussehende Golf wirkt daneben etwas verloren." Diese Fehleinschätzung kommt nicht zufällig zustande, stapelt HGP doch ganz bewusst tief. Dem Veredler liegt die große Show überhaupt nicht. Sein Über-Golf unterscheidet sich nur durch andere Räder (im 18-Zoll-Serienformat) vom originalen R32. Auch der Endschalldämpfer bleibt unverändert – nur sein zum Krümmer führendes Rohr-Geäst ist großzügiger bemessen.

Doppelendrohr, Schürze, Spoiler: Das Heck ist die Schokoladenseite.
Zender setzt andere Prioritäten: Sein Fahrzeug blickt mit riesigem Single-Frame-Schlund so düster in die Welt, als würde es die Straße samt dazugehörigem Verkehr auf der Stelle verschlingen und unverdaut wieder ausspucken wollen. Neue Kotfügel mit großflächigen Auslassöffnungen verbreitern das Fahrzeug um vier Zentimeter und unterstreichen den Streitwagen-Charakter des A3. Ben Hur würde diesen Audi lieben. Das Heck präsentiert sich als Schokoladenseite des Sportback: Eine wuchtige Schürze plustert den Audi auf, das mittige Doppelendrohr gerät deutlich voluminöser als beim HGP-Golf. Natürlich trifft ein derartiger Umbau nicht jedermanns Geschmack. Ein positiver Nebeneffekt lässt sich jedoch nicht leugnen: Das Überholprestige steigt dadurch um ein Vielfaches.

Zender mit HGP-Technik: Die Leistungssteigerung wird zugekauft.
Das tut auch not: Betrachtet der Sportback doch die linke Autobahnspur als sein Zuhause. Dahinter steckt keine Arroganz, sondern das Wissen um die eigene Macht. Die kommt nicht von ungefähr: Dank aufgesetztem Turbolader leistet der Zender-A3 440 PS. Ein Blick in den Motorraum irritiert. Prangt auf der silbrig schimmernden Ansaugbrücke doch das HGP-Logo. Zender-Pressechef Harald Schmidtke erklärt: "Unsere Kernkompetenz ist und bleibt die Spoilerproduktion. Was Leistungssteigerungen anbelangt, kaufen wir bei HGP ein." Warum auch nicht? Einem Klamottenverkäufer nimmt es ja auch keiner krumm, wenn er seine Anzüge bei Boss erwirbt, anstatt sie selbst zu schneidern. Neben einem Turbolader umfasst das Tuningprogramm einen Ladeluftkühler, größere Einspritzdüsen, modifziertes Steuergerät, zweite Benzinpumpe, Hochleistungs-Pleuellagerschalen und einen gegossenen Abgaskrümmer.

Nur nach vorne: Dank Allrad kennt der HGP-Golf kaum Traktionsprobleme.
Der VW erfährt die gleiche Konfiguration wie der Audi. PS-Zauberer HGP hat für das eigene Auto sogar noch tiefer in den Zylinder gegriffen: Neben einem zweiten Ladeluftkühler verfügt das Auto über einen nochmals vergrößerten Lader. Die Leistungssteigerung geht einher mit einer längeren Übersetzung und einer komplexen Verstärkung des DSG-Getriebes. Eine solche Verstärkung erfährt auch das Zender-Auto, können doch auch seine 580 Newtonmeter einen unvorbereiteten Antriebsstrang nachhaltig verknoten. Das Schönste daran: Der Allradantrieb transferiert die Power direkt auf den Asphalt – ohne jegliche Traktionsprobleme. Turbo und DSG gönnen sich bei plötzlichem Volllast-Bedürfnis des Piloten eine winzige Gedenk-Zehntelsekunde, um dann ohne weiteres Federlesen über die Besatzung herzufallen.

Gute Performance: Rennfahrer Kaufmann ist vom Golf begeistert.
So ist Kaufmann denn auch uneingeschränkt angetan: "Der Vortrieb ist bestialisch", konstatiert er in aller Deutlichkeit. Begleitet wird das Ganze von einem grimmigen Sechszylinder-Bellen, das nur manchmal mit Dröhnfrequenzen nervt. Bis Tempo 230 bleibt der Vortrieb konstant, erst danach lässt es der Audi etwas gemächlicher angehen. Der Geradeauslauf ist tadellos, das Auto liegt so stabil auf der Straße, als wäre es mit Felsbrocken beschwert. Lediglich auf Querrillen reagiert es allergisch. Und selbst mit niedriger Geschwindigkeit genommene, flache Bordsteine führen zu unwilligen Schüttelattacken. Auf Kaufmanns Freude ob des gelungenen A3 folgt ein überraschter Begeisterungsausbruch nach einer schnellen Runde im Golf R32: "Der geht ja noch besser." Recht hat er: Setzt der Golf sein Leistungsplus doch in jeder Situation um. "Die Leistung fällt zwar geringfügig ab, wenn das Auto warm wird, reicht aber immer noch dicke aus", stellt Kaufmann fest. "Ein Riesenspaß – wenn die Standfestigkeit stimmt."

Um die sollte es bestens bestellt sein – wie wir anhand des inzwischen dritten tadellos funktionierenden HGP-Test-Golf einmal festzustellen wagen. Es fällt schwer, mit Worten zu beschreiben, mit welch rigoroser Unbarmherzigkeit der Golf anschiebt. Unter Volllast dreht der Motor mit einer solchen Vehemenz laut brüllend in den roten Bereich, dass man die Befürchtung hegt, der Motor würde sich strangulieren. Bis das DSG ihm die nächste Gangstufe gönnt. Die steht aufgrund einer Drehzahlanhebung allerdings erst bei 7000 Umdrehungen an. Trotzdem fährt sich das Auto lammfromm. Das unproblematische Handling des Golf hat seinen Grund: Das KW-Gewindefahrwerk verleiht dem Auto eine satte, unerschütterliche Straßenlage. 290 km/h werden im Golf zur normalen Reisegeschwindigkeit, erst jenseits der 300 km/h tritt ein Zustand ein, der sich mit etwas Übertreibung als leichte Unruhe skizzieren ließe.

Trotz der gigantischen Leistung gibt das ESP nur bei allzu tollkühnen Fahrmanövern Laut, sieht sonst aber keinerlei Notwendigkeit, mahnend einzugreifen – ein Indiz für gute Abstimmung. Auch das Zender-Auto fährt sich erfreulich unkompliziert. Lange neutral, beginnt der A3 erst spät zu untersteuern. Insgesamt wirkt der Audi einen Tick schwerfälliger und etwas weniger feinnervig als der Golf. Das liegt mit Sicherheit an den größeren Rädern. Die 19-Zöller erhöhen die ungefederten Massen und drücken auf die Agilität. Übrigens hatten weder HGP noch Zender die Gelegenheit, ihre Autos auf die Höllenqualen in der Eifel vorzubereiten. Mit ein Grund, warum die Reifen des Golf in engen Kurven im Radhaus schleifen. Kaufmann konstatiert: "Das Auto müsste einen Zentimeter nach oben geschraubt werden. Wenn ich voll in die Fuchsröhre fahre, habe ich Angst, dass der komplette Innenkotflügel rausfliegt."

Der Audi schwächelt im Gegenzug auf der Bremse. Die ist, bis auf größere Scheiben, serienmäßig. "Anfangs packt sie das Auto im Würgegriff, baut dann aber deutlich ab", so Kaufmanns kritisches Urteil. Trotzdem haben sowohl HGP als auch Zender einen neuen Fan. Und Wolfgang Kaufmann wird scheinbar farblose Kompakte ab sofort mit anderen Augen sehen.

Von

Ben Arnold