Das schnellste kleine SUV hat derzeit Mercedes. Doch jetzt schärft Audi den RS Q3 nach. Kann er den 360 PS starken GLA 45 AMG vom Podest drängen?
SUVs stehen an jeder Straßenecke. In allen Größen, von allen Marken, in allen Preislagen. Doch eine Klasse hat sich in den letzten Jahren frech in den Vordergrund gespielt: die XS-Varianten – kompakt, leicht, wendig. Und somit viel vernünftiger als die dicken Trumme à la BMW X5. Wer in dieser Liga allerdings nach richtig Dampf auf dem Kessel sucht, hat schlechte Karten. Die Auswahl ist geradezu mickrig. Die Top-Klasse (300 PS aufwärts!) besetzen sogar nur zwei Hersteller: Audi und Mercedes.
Kleiner Kraftprotz: Aus dem zwei Liter großen Vierzylinder presst ein Turbo 360 PS und 450 Nm.
Mit dem 360 PS kräftigen GLA 45 AMG liefern die Schwaben den mit Abstand schnellsten Ableger. Und natürlich haben wir die beiden Kraftmeierchen längst miteinander verglichen. Ergebnis damals: knapper Sieg für den Mercedes. Vorrangig gewann der GLA 45, weil er in wichtigen Disziplinen wie Bremsleistung, Spurtvermögen und Rundenzeit die stämmige Sternennase vorn hatte. Diese kleine Schmach scheint ordentlich an Audi genagt zu haben. Denn jetzt haben die Ingolstädter den RS Q3 nochmals angespitzt. Modelljahr 2015 legte 30 PS zu, versucht jetzt, mit 340 PS dagegenzuhalten. Außerdem ist er knackiger und etwas moderner (mehr Multimedia verfügbar) geworden. Heißt: Das Blatt könnte sich schneller wenden, als der Mercedes sein 2.0-Turbotier aufheulen lassen kann. Unser Auftrag also: Das Ganze noch mal, beide Kraft-SUV müssen erneut antreten zum Sport-Appell. So viel vorab: Der Audi heizt dem Mercedes nun ordentlich ein. So jagt er ihm im Sprint auf Tempo 100 wichtige Zehntelsekunden ab, beim Bremsen mit warm geriebenen Scheiben steht er eineinhalb Meter früher.
Mit der effektiven Launch-Control sprintet der Q3 dem GLA davon: Tempo 100 liegt nach 4,2 Sekunden an.
Doch ein Blick auf Fahrwerte in höheren Geschwindigkeitsregionen belegt: Das bessere Spurtvermögen geht wohl vorrangig auf einen explosiveren Antritt aus dem Stand heraus zurück – hier hilft dem Audi eine effiziente Sprintstart-Funktion. Im Durchzug muss sich der großvolumige Fünfzylinder direkt neben den brutal aufgeladenen Vierzylinder des GLA einsortieren, spätestens bei Tempo 200 hat der Mercedes den Audi dann sogar abgehängt. Nebenbei verbrennt er weniger Sprit. So weit die Qualitäten, wenn es um stures Gasgeben geradeaus geht. Wie steht's aber, wenn sich Kurven ins Spiel winden? Das klären gestoppte Runden auf einem Handlingparcours. Hier (im Contidrom bei Hannover) wirkt sich die straffere Abstimmung des Mercedes – die wir für den Alltagsgebrauch allenfalls als jugendliche Härte durchgehen lassen wollen – positiv aus. Wenig Karosserieneigung, fest zupackende Sportsitze, eine direkte Lenkung, stabile Seitenführung durch Fahrwerk und Bereifung, dazu ein grantiger Motor mit zwar spindeldürrem Klang, aber gieriger Vehemenz – so schnürt man ein Paket für schnelle Rundenzeiten.
Nicht ganz auf Augenhöhe: Auf der Rennstrecke siegt der Mercedes, den besseren Allrouder hat Audi.
Nach harter Tortur für das Auto und 1:36,49 Minuten lang Spaß für den Fahrer faucht der AMG über die Ziellinie. Nur mal nebenbei: Das ist in etwa so schnell wie ein Porsche Cayman! Jetzt der Audi: Er legt sich deutlich schräger in die Kurven, das Druckgefühl auf dem Bremspedal wirkt organischer, die Lenkung spricht minimal verzögerter an, die Haftung an den Vorderrädern reißt gefühlt eher ab – so lässt sich der rund 100 Kilogramm schwerere Q3 subjektiv verhaltener (dafür berechen- und beherrschbarer) um den Kurs schrubben. Dickes Plus: Der Motor klingt wie ein ganz Großer, schnappt dank harmonischerer Aufladung früher nach den Antriebswellen und hängt wacher am Gas. Was sagt die Stoppuhr? Sie läuft noch. ... siebenunddreißig, achtunddreißig – jetzt! Gut zwei Sekunden nach dem Mercedes hämmert der Audi vorbei. Bedeutet für uns: Auf dem Track hat der Mercedes die Nase zwar vorn, insgesamt übernimmt jedoch der Audi die Führung. Denn die Unterschiede in dieser einen Disziplin sind schließlich nicht alles.
Mehr Komfort und mehr Ausstattung bietet der Q3, unterm Strich kommt er etwas günstiger (allein die Versicherungskosten holen es raus). Über die Kaufpreise reden wir an dieser Stelle lieber nicht so ausführlich, sie starten nämlich erst bei rund 56.000 Euro. Der Preis des Besonderen – billigere SUVs gibt es schließlich an jeder Straßenecke.
Nach unserem Reglement setzt sich der Audi vor den Mercedes. Denn im Q3 stecken zwei Autos – der Sportler und das Allround-SUV. Im Mercedes schimmert deutlich mehr von einem Racer durch. Und gerade das macht den GLA 45 so aufregend.