Das, was die Zwölfzylinder in den neuen Topversionen von Bentley Continental GT und Mercedes SL veranstalten, ist mit Worten nicht auszudrücken. Es folgt unser Versuch, es dennoch zu tun.
Lauscht man der Zukunftsmusik, die die Downsizing-Dirigenten derzeit fiedeln, müsste das, was sich hier gerade abspielt, eigentlich längst Oldie sein. Zwölfzylinder seien überholt, beteuern sie. Dumm nur, dass das mit dem Überholen diesmal schwierig werden könnte. Über 600 PS und Topspeeds bis 330 km/h. Freiwillige vor! Dabei ist das Beeindruckende an diesen beiden gar nicht mal die rein rechnerische Möglichkeit, in knapp zwei Stunden von Berlin nach München zu brettern; nicht die Erkenntnis, dass man für den Gegenwert eines Vorstadtgrundstücks hier je nur ein paar Quadratmeterchen bekommt; und auch nicht die latente Gefahr, die eigene Führerscheinkarriere binnen weniger Sekunden für immer ruinieren zu können; sondern schlicht die Mühelosigkeit, mit der sie Vortrieb emittieren.
Der Zusatz "Speed" beschreibt den Top-Continental schon ganz gut.
Von außen kaum wahrnehmbar, kultiviert Bentley den Zusatzstoff, der den Conti GT nun noch berauschender macht. Speed – klingt nach Droge und trifft die Sache nicht nur deshalb ziemlich gut. Der Begriff wurzelt in der ruhmreichen Vergangenheit der 20er-Jahre und macht nun den Conti GT zum schnellsten Bentley aller Zeiten. Um 12 km/h toppt er die profane W12-Version, deren Sechsliter durch eine freizügigere, im Durchzug markiger baritönende Abgasanlage um 50 PS und 100 Newtonmetern anschwillt. 21-Zöller, geriffelte Endrohrovale und eine um zehn Millimeter abgesenkte Karosserie kennzeichnen den Speed. Preisunterschied zum Normal-W12: 17.374 Euro.
Der Kern des SL 65 AMG ist Kraftwerk, der Schub ist atomar.
Noch einen ganzen Tick gewaltiger datiert der ebenfalls doppelt geladene, nur minimal kleinvolumigere Dreiventiler des Benz: 630 PS und ein Drehmoment, das man zum Schutz des Getriebes auf glatt 1000 Newtonmeter – kein Scherz – begrenzt. Im Unterschied zum Continental jedoch, der den Speed aus einer feisten Basis züchtet, steht der Zwölfzylinder-SL seit der Pensionierung des 600ers für sich selbst. Mit dem nächstkleineren 63er verbinden ihn nicht mehr als weite Teile des AMG-Stylings und die Sprintwerte, die enger beisammenliegen, als es fast 79.000 Euro Preisunterschied vielleicht vermuten lassen.
Weitere Details zu den beiden Sportlern erfahren Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als pdf-Download im Heftarchiv.
Fazit
von
Stefan Helmreich
Ob es Zwölfzylinder noch lange geben wird, steht in den Sternen. So lange es sie aber gibt, sind diese beiden ihre Stars. Schillernd, glamourös, überirdisch. Der SL sprintet galaktischer und wirkt agiler als der Bentley, der – thank god – auch auf Speed ein GT bleiben darf.