Freud und Leid liegen in diesen Tagen für Seat dicht beisammen. Die neuen Modelle kommen blendend an. In Deutschland konnten die Spanier im ersten Halbjahr mit 41.359 verkauften Autos ihren Absatz um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. Und trotzdem hat die VW-Tochter allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres rund 46 Millionen Euro Verlust angehäuft. Grund: Auf den für Seat besonders wichtigen südeuropäischen Märkten lahmt der Autoverkauf derzeit extrem. Am neuen Leon kann es kaum liegen. Denn der überzeugte in AUTO BILD-Vergleichstests bislang auf ganzer Linie. Jetzt kommt mit dem SC die dreitürige Variante auf den Markt – und fährt selbstbewusst dem BMW 1er und dem Opel Astra GTC ans Blech. Die beiden teilten sich bislang die kleine, feine Nische der sportlich angehauchten Kompakten nahezu allein.
Weitere Kompakte unter 30.000 Euro

Überblick: Alle News und Tests zum Seat Leon

Seat Leon
Aufwendig: Beim dreitürigen Leon ist die Karosserie ab der A-Säule komplett neu gezeichnet.
Der Aufwand, den Seat mit der neuen Leon-Version treibt, erstaunt. Die Karosserie ist ab der A-Säule komplett neu gezeichnet, der Radstand wurde um drei Zentimeter verkürzt. Aber auch Opel griff für den GTC tief in die Technik-Trickkiste: Das Fahrwerk wurde gegenüber dem Fünftürer mit einer aus dem Rennsport abgeleiteten Vorderachse verfeinert und mit breiterer Spur auf Dynamik getrimmt. Die trägt der BMW so oder so in seinen Erbanlagen, ist der 1er doch der einzige Kompakte mit Hinterradantrieb. Mit einer Außenlänge von 4,47 Metern ragt der Astra GTC fast in die Mittelklasse – und kneift trotzdem im Innenraum. Während der Rüsselsheimer auf den Vordersitzen ordentlich Platz bietet, ist er im Fond am engsten. Wegen der tiefgezogenen Dachlinie müssen große Passagiere in der zweiten Reihe zudem den Kopf einziehen. Dazu kommt das schlechteste Raumgefühl im Vergleich und eine miserable Rundumsicht. Kein Wunder also, dass der Opel das Karosseriekapitel mit Abstand verliert. Wie es besser geht, zeigt Seat. Der Leon ist mit seiner Außenlänge von 4,23 Meter zwar 24 Zentimeter kürzer als Opels Astra, bietet aber trotzdem mehr Platz. Vor allem im Fond sitzen Passagiere bequemer. Die filigranen Dachsäulen sorgen zudem für das beste Raumgefühl.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW 1er

BMW 1er
Ausgewogen abgestimmt: Der BMW 1er findet den besten Kompromiss zwischen Dynamik und Komfort.
Deutlich aufgeholt haben die Spanier bei der Qualität. Der Leon erreicht das hohe Verarbeitungsniveau des BMW, bei der Materialauswahl im Innenraum und den feinen Spaltmaßen der Karosserie überholt er ihn sogar. Verdient geht der Sieg im Karosseriekapitel so an den Seat. Obwohl der 1er deutlich enger geschnitten ist als der Leon, überzeugt er im Alltag. Den Nachteil des geringen Platzangebots gleicht er durch den bequemsten Einstieg und intelligente Multimedia-Lösungen aus. So gelingt die Bedienung dank des optionalen iDrive-Controllers auf dem Mitteltunnel am intuitivsten, gegen Aufpreis sind eine Echtzeit-Stauumfahrung (RTTI) und Internet an Bord. Zudem fand BMW für den 1er den besten Kompromiss zwischen Dynamik und Komfort. Obwohl seine Federung mit Abstand am geschmeidigsten arbeitet, ist er kaum weniger agil als der straff abgestimmte Seat unterwegs. Unterm Strich kann der Bayer so die Kapitel Komfort und Fahrdynamik für sich entscheiden. Dagegen enttäuscht der BMW-Diesel, der mit brummigem Laufgeräusch und deutlichen Vibrationen im Leerlauf nervt.
Der Leon fährt alle in Grund und Boden!
Lang: Mit einer Außenlänge von 4,47 Metern ragt der Astra GTC fast in die Mittelklasse.
Der Leon-Antrieb zeigt sich besser in Form. Sein Vierzylinder läuft deutlich geschmeidiger, dreht leichtfüßig in den roten Bereich und ist trotzdem mit einem Testverbrauch von 5,3 Litern am sparsamsten. Das liegt auch am niedrigen Gewicht von nur knapp 1,3 Tonnen. Zum Vergleich: Der Opel wiegt rund 250 Kilogramm mehr – das sind Welten. Und das merkt man dem Astra in jeder Lebenslage an. Im Vergleich zu 1er und Leon fährt er sich behäbiger, sein brummiger Diesel muss sich spürbar mehr anstrengen. Und so fällt, wen wundert es, der Testverbrauch des Opel mit sechs Litern pro 100 Kilometer auch am höchsten aus.
Der Leon ist mit einem Grundpreis von 23.840 Euro das mit Abstand günstigste Auto im Trio – für weitere 1600 Euro tritt der Spanier in der Topausstattung FR an. Selbst der Opel Astra GTC kostet rund 1200 Euro mehr, obwohl er weniger Serienausstattung mitbringt. Traditionell langt BMW kräftig hin. Der 118d kostet mindestens 26.650 Euro, ein wahrlich stolzer Premium-Aufschlag. Unterm Strich sichert sich der Leon so die Eigenschafts- und Kostenwertung sowie den Gesamtsieg. Und das kommt uns gar nicht spanisch vor.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Der neue Leon gewinnt diesen Vergleich souverän, weil er sich keine Schwächen leistet. Einzig das harte Fahrwerk der FR-Ausstattung ist Geschmacksache. Der BMW 1er landet auf Platz zwei. Er bietet den besten Komfort, leidet aber unter seinem rumpeligen Diesel und den hohen Preisen. Der Astra GTC kann auf diesem hohen Niveau nicht mithalten – er ist zu schwer, sein Diesel veraltet. Das aufwendig konstruierte Fahrwerk hingegen überzeugt.

Von

Stefan Voswinkel