BMW iX50 im Supertest, Elektroauto, SUV, Reichweite, Preis
Der Elektro-Riese von BMW im Supertest
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Beim batterieelektrischen BMW iX50 wird geklotzt, nicht gekleckert. Denn der 2,6-Tonner will mit 105-kWh-Riesenbatterie und 523 PS auf große Fahrt gehen.
Bild: BMW Group
Noch bestellen auch heute zwei Drittel aller Deutschen ihr Auto als Diesel oder Benziner – wohl deshalb, weil man die große Freiheit bei Fahrtziel, Fahrtpausen und Fahrtdauer seit Jahrzehnten gewohnt ist und schätzen gelernt hat. Das batterieelektrische Auto nähert uns dagegen den Fahrplänen der Bahn an: Wie dort muss man die E-Autofahrt präzise planen.
So wie früher schnell mal in zwei Minuten die Energie für 700 Kilometer Fahrt bunkern und später pausieren, wo und wann man will, würde die Fahrt mit dem Batterieauto in die Länge ziehen. Dem E-Auto müssen wir uns anpassen: Wir pausieren da, wo man laden kann, nicht da, wo es schön ist. Wir starten erst dann, wenn genügend Energie an Bord ist, nicht dann, wenn wir einfach Lust haben loszufahren.
Die große Freiheit ist das nicht mehr, aber wohl die große Zukunft. Denn der europäische und auch der deutsche Gesetzgeber will es so, um unseren Kontinent unabhängiger zu machen von den Erdöl- und Erdgasvorkommen der politisch kritischen Staaten. Darauf kann man sich freuen. Aber bis diese Unabhängigkeit da ist, fahren wir mit der stolzen Vorreiterbrust eines der neuen Batterieautos.

Der iX lässt kraftvolles Anfahren an Steigungen und im Gelände zu. Da dreht auch mal kurz ein Rad durch.
Bild: Thomas Mueller / AUTO BILD
Wer Glück hat und es sich leisten kann, darf sich die große Umstellung mit beispielsweise unserem BMW iX50 versüßen. Versüßen deshalb, weil der iX50 eines der wenigen Batterieautos ist, die den Anspruch ihrer Entwickler erkennen lassen, mehr zu wollen, als nur ein Auto zu schaffen, das uns per Batteriestrom irgendwie von A nach B bringt. Denn der iX50 kann mehr – viel mehr.
Gute Offroad-Qualitäten
Im Gegensatz zu anderen Stromern kann er richtig steile Berge erklimmen. Er kann dank immerhin 210 mm Bodenfreiheit die gleichen Hindernisse überklettern wie ein BMW X3. Er kann und darf durchs Wasser waten. Er kann große Anhänger ziehen, die bis zu 2,5 Tonnen schwer sein dürfen. Er kann trotz des Handicaps seiner schweren Batterie immerhin 570 Kilogramm zuladen. Und er kann gerade wegen seiner schweren und damit großen Batterie immerhin sichere 400 Kilometer weit fahren bis zur nächsten Ladepause.
Böse Zungen würden nun einwenden, dass das alles Werte sind, die fast jedes beliebige Verbrenner-SUV für weniger als die Hälfte des iX50-Grundpreises von 102.500 Euro auch kann. Und die bösen Zungen haben damit natürlich Recht, aber sie fahren dann eben weiterhin mit Kraftstoff aus dem OPEC-Raum und blasen ihre Schadstoffe aus dem Auspuff in die Gegend. Die Frage ist nun: Wollen wir das? Wenn man hier mit einem entschiedenen Nein antwortet, gibt es kaum eine realistische Alternative zum Batterieauto – auch wenn es zunächst einmal richtig viel kostet.

Wegen der Riesenbatterie unter dem Boden sitzt man im Fond mit angewinkelten Knien auf der Rücksitzbank. Knie- und Kopffreiheit gibt es mehr als genügend.
Bild: Thomas Mueller / AUTO BILD
Doch man bekommt auch etwas für das viele Geld. Vor allem den ansatzlosen Schub beim Tritt aufs rechte Pedal. Hier muss kein Turbolader anlaufen, kein Getriebe zurückschalten. Hier geht es einfach los – sofort und ohne Verzögerung. Die versprochenen 523 System-PS und 765 Nm Gesamtdrehmoment entladen sich in einer fulminanten Beschleunigung, die erst bei echten 200 Sachen rigoros abgeschnitten wird, um die Elektromotoren vor Überdrehzahl und die Lithium-Ionen-Batterie vor dem Hyperventilieren zu schützen.
Denn heftiges Saugen von Strom bedeutet für so einen Lithium-Ionen-Speicher auch heftigen Stress, der Hitze bringt und Lebensdauer kostet. Wer das weiß und dazu noch sieht, dass bei solcher Fahrweise der Akku nach 250 Kilometern leergesaugt ist, verfällt schnell wieder in den üblichen E-Auto-Trott auf der rechten Spur.
Fahrzeugdaten | BMW iX xDrive50 |
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Motor Bauart | 2 Synchron-Elektromotoren |
Einbaulage | je 1 E-Motor v. und h. |
Leistung E-Motor vorn/hinten | 190/230 kW (259/313 PS) |
Systemleistung/Dauerleistung | 385/140 kW (523/190 PS) |
Drehmoment v./h./System | 365/400/765 Nm |
Batterieart | Lithium-Ionen |
Batteriekapazität | 105,2 kWh (brutto) |
Radaufhängung v. und h. | Einzelrad/Luftfedern |
Getriebe | feste Übersetzung |
Allradantrieb | je ein E-Antrieb vorn und hinten |
Traktionshilfen | el. Bremseingriff v. + h. |
Kofferraumvolumen | 500-1750 l |
Anhängelast gebremst/ungebr. | 2500/750 kg |
Stützlast/Dachlast | 100/75 kg |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h (elektronisch abgeregelt) |
Normverbrauch (WLTP) | 20,4 kWh/100 km |
Normreichweite (WLTP) | 616 km |
Ladeleistung DC Ladeleistung AC | bis 195 kW bis 11 kW |
Ladezeit DC 0-80 % Ladezeit AC 0-100 % | 39 Minuten 11 Stunden |
Grundpreis | 102.500 € |
Testwagenpreis | 108.200 € |
Aber warum eigentlich? Ganz einfach: Weil man möglichst selten an die Ladesäule will. Das sind nämlich in den allerseltensten Fällen romantische Orte, an denen man sich aber wohl oder übel längere Zeit aufhalten muss. Wer sich dagegen immer nur in einem 200-Kilometer-Radius um sein Eigenheim bewegt, kann öffentliche Säulen meiden und den iX generell zu Hause laden.
Wallbox ein muss
Mit der eigenen Wallbox und 11 kW Ladeleistung dauert es elf Stunden, bis die leere Batterie auch wieder wirklich voll ist. Und wer glaubt, auf die Anschaffung einer Wallbox verzichten zu können, weil ja schließlich eine 230-Volt-Steckdose verfügbar ist, dem geben wir zu Bedenken, dass das Aufladen dann 54 (!) Stunden dauert.

Die Fronthaube lässt sich nur mit Werkzeug vom Vertragshändler öffnen. Macht nichts, weil sich darunter nur Technik verbirgt, kein Frontkofferraum (Frunk).
Bild: Toni Bader / AUTO BILD
Das klingt furchtbar und ist es auch. Entschärft wird das Problem auf längeren Fahrten durch die inzwischen ganz ordentliche Zahl an Schnellladern, die mit Gleichstrom (DC) statt mit Wechselstrom (AC) operieren. 300 kW und mehr versprechen diese Ladesäulen an großen Durchgangsstraßen und Autobahnen. Sie fallen durch enorm dicke und erstaunlich schwere Kabel auf, bringen aber viel mehr Ladetempo.
Immerhin 195 kW kann der BMW maximal ziehen – theoretisch ordentlich. Nur darf man jetzt nicht einfach mathematisch vorgehen: 105 kWh Batterie gefüllt mit 195 kW – macht nur gut ein halbe Stunde Ladezeit? Nein, so errechnet man das Tanken mit Benzin und Diesel, nicht aber das Aufladen einer Batterie. Denn von null auf 20 Prozent Ladestand muss die Ladeleistung stark gedrosselt werden, um eine akzeptable Lebensdauer der Batterie zu ermöglichen, und dann noch mal zwischen 80 und 100 Prozent.
Über eine Stunde Laden für 400 km Reichweite
In Wahrheit lädt auch der Schnelllader bestenfalls zwischen 20 und gut 50 Prozent mit wirklich hoher Leistung. Darüber flacht die Ladekurve meist auf 100 kW ab, ab 80 Prozent auf 50 kW und weniger. Wer bis zu den 80 Prozent lädt, kann sich auf knapp 40 Minuten Ausharren am Schnelllader einstellen, hat für die Weiterfahrt dann aber nur rund 300 Kilometer Reichweite.
Für die vollen 400 Kilometer Reichweite und damit für das Aufladen von 80 auf tatsächlich 100 Prozent verstreichen weitere endlose 40 Minuten. Für 400 Kilometer Reichweite hat man also insgesamt eine Stunde und zwanzig Minuten an der Ladesäule vertrödelt.

Weil die kompletten Rückleuchten zusammen mit der Heckklappe nach oben schwingen, hat BMW Zusatzleuchten eingebaut.
Bild: Thomas Mueller / AUTO BILD
Und doch entschädigt der iX50 auf diesen anschließenden 400 Kilometern für die schier endlose Warterei. Faszinierend, wie er fast lautlos durch Orte und Städte rollt. Die zusätzliche und hier serienmäßige Hinterachslenkung entschärft dabei beim Abbiegen und Rangieren die prinzipielle Unhandlichkeit eines Autos mit 1,97 Meter Breite und drei Meter Radstand. Trotzdem will so viel Auto erst einmal parkiert werden.
Doch außerorts hat man das schnell vergessen. So entspannt genießt man die Fahrt über Land. Auch alpine Steigungen nehmen die beiden Synchron-Elektromotoren praktisch nicht wahr; der BMW schießt förmlich Richtung Gipfel, als wolle er dort abheben. Derweilen rekelt man sich auf den straffen, aber dennoch bequem gepolsterten Sitzen.
iX mit 2575 Kilogramm Leergewicht
Und man lauscht – entweder dem ganz leisen und nie störenden Singen der beiden E-Maschinen und ihren jeweils direkt integrierten Eingang-Untersetzungsgetrieben. Oder dem von keinem Motorgeräusch gestörten Klang der Hi-Fi-Anlage.
Dazu passt der erstklassige Federungskomfort des serienmäßigen Luftfeder-Fahrwerks, das aber dennoch nie schaukelig wirkt. Als zackiger Sportler würde der iX mit seinen 2575 Kilogramm Leergewicht auch eher deplatziert wirken. Lieber zelebriert er das mühelose, leise Gleiten, unterstützt auch von einer Lenkung, die zum Glück niemals zappelig wirkt, und einem entspannend stabilen Geradeauslauf. Da sind die nächsten 400 Kilometer schnell wieder absolviert.

Unrundes Lenkrad, der leicht gebogene 14,9-Zoll-Berührbildschirm in der Mitte ist auch per Drehsteller bedienbar.
Bild: Thomas Mueller / AUTO BILD
Die Mitfahrer im Fond sehen das womöglich ein wenig anders. Denn die sitzen wegen der im Wagenboden angeordneten Riesenbatterie mit deutlich angewinkelten Knien auf ihrer niedrigen Bank und werden obendrein von den stark ausgeprägten Außenwangen der Lehne in den Rücken gedrückt. Doch das ist Jammern auf hohem Niveau.
Überraschend hohes Niveau zeigt der iX50 auch auf rutschigem Untergrund. Selbstverständlich gibt es genügend Kraft an beiden Achsen: vorn 365 Nm Drehmoment, hinten deren 400. Trotzdem kommen oft auch theoretisch starke Allradler nicht weit, wenn der Untergrund weich und kraftfordernd wird, weil die elektronischen Regelsysteme die Motorkraft zu stark drosseln. Das tun sie beim iX nicht.
Zentralbildschirm gewöhnungsbedürftig
Fast schon überraschend lässt der BMW die Steinchen spritzen, wenn man im Gelände versehentlich ein wenig zu stark aufs rechte Pedal tritt. Auch mächtige Steilhänge nimmt er lässig. Zu viel Mut wäre aber auch nicht gut. Denn zwar reicht die Bodenfreiheit von maximal 210 mm in den meisten Fällen aus, doch die tief heruntergezogene Frontschürze begrenzt den vorderen Böschungswinkel auf magere 19 Grad. Will man sich diese nicht ruinieren, muss man sich gefälligst mit äußerster Vorsicht vorantasten.
Mehr als das Offroadtalent beeindruckt die Mitfahrer sicher der mit 14,9 Zoll Diagonale riesige Zentralbildschirm. Der Fahrer findet das vielleicht weniger gut. Schließlich ist er es, der den Berührbildschirm und seine vielen Touchflächen und Untermenüs verstehen und dann bedienen muss. Das ist gewöhnungsbedürftig und lenkt selbst mit dem Drehdrücksteller ab. Aber das ist nun mal der Zug der Zeit – genau wie das Elektroauto selbst.
Fazit
Der iX50 ist immerhin ein brauchbares SUV – denn er hat ausreichend Platz, Bodenfreiheit und Anhängelast. Mehr geht zur Zeit nicht, trotz mehr als 100.000 Euro. Der iX50 versüßt das gekonnt mit Kraft und Komfort.
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