Diese Farbe kann einfach kein Zufall sein: Der Jeep erstrahlt in einem derart durchdringenden Himmelblau, dass jede Postkarten-Idylle dagegen verblasst. Ziemlich grau sehen daneben auch BMW X3 und VW Tiguan aus – bei einem Blick in die Preisliste. Denn den kantigen Patriot gibt es in der Ausstattungslinie Sport mit 2,4-Liter-Motor und 170 PS schon für 24.490 Euro. BMW verlangt für einen X3 mit Zweiliter und 150 PS dagegen satte 34.900 Euro – also gut 10.000 Euro mehr als der Ami. Und der Tiguan mit 1,4-Liter und 150 PS kostet in unserer Testversion mit 18-Zöllern und Sportfahrwerk auch schon 28.330 Euro. Alles nur blauer Dunst? Oder graue Theorie?

Das Raubein unter den Vierfüßlern: der Jeep Patriot

Jeep Patriot 2.4 Sport
Mal sehen, jedenfalls ist der Patriot ein Typ mit Charakter. Kantig, markig, eckig, fällt er auf im Straßengewühl. Und klein ist er auch nicht – sein Platzangebot entspricht ziemlich genau dem des BMW. Allerdings ist die Atmosphäre eine andere als im X3. Typisch für den Jeep sind die kleinen, schmalen Fenster und die betont rustikale Inneneinrichtung. Das kantige Design im Lego-Stil geht grundsätzlich in Ordnung, aber das viele grobe Hartplastik ist wirklich nicht schön anzuschauen. Vorn sitzt man im Patriot angenehm, auch wenn die Auflage der Sitze zu kurz ist. Und auf der schwammig gepolsterten Bank im Fond ist es etwa so gemütlich wie auf dem Sofa von Oma. Doch der Eindruck täuscht: Der Jeep ist kein verschlafener Typ, sondern geht kernig zur Sache. Raubeinig wie ein Cowboy beim Saloon-Besuch benimmt sich der Motor: Der 2,4-Liter-Vierzylinder leistet kräftige 170 PS und sorgt für anständige Fahrleistungen – er braucht dafür aber hohe Drehzahlen, und dabei wird es laut und ruppig. Im direkten Vergleich mit X3 und Tiguan fährt sich der Jeep schwerfällig, fast störrisch. Es riecht nach Arbeit hier, nicht nach Vergnügen. Knochige, zähe Schaltung, gefühllose und bei schnellen Ausweichmanövern verhärtende Lenkung – ein herber Typ. Aber er bleibt stets sicher in der Spur, das ESP regelt brutal. Ein Ärgernis sind die Bremsen mit ihrem ausgeprägten Fading. Die Wirkung lässt mit warmer Anlage deutlich nach.

Für knuspriges Fahrvergnügen: der BMW X3

BMW X3 2.0 i
Der BMW – auch im vergangenen Jahr wieder das meistverkaufte SUV bei uns – kann gerade das alles viel besser. Nach wie vor gibt es in dieser Klasse keinen anderen Typ mit vergleichbarer Agilität und ähnlich knusprigem Fahrverhalten. Direkte, präzise Lenkung, Sahne-Schaltung, hervorragende Bremsen, feinfühliges ESP – ein Leckerbissen für alle, die so etwas mögen. Und die werden sich dann auch nicht an der für unseren Geschmack zu humorlosen Federung stören. Das hohe Niveau des Fahrwerks kann der Zweiliter-Benziner mit seinen 150 PS dann nicht ganz halten. Der Vierzylinder ist zwar ein kultivierter Motor, muss hier jedoch ein 1,8 Tonnen schweres SUV bewegen. Und da wird es für die maximal 200 Nm, die auch erst bei 3750 Touren anliegen, schon mal knapp. Also sprinten Jeep und VW dem BMW mühelos davon. Und der Tiguan hat auch noch den kräftigeren Durchzug. Bitter für einen BMW, oder? Aber es kommt auch auf den Standpunkt des Betrachters an: Langsam ist der X3 deshalb noch lange nicht, er rennt ja auf der Autobahn fast 200 km/h und läuft angenehm leise. Für den fetten Mehrpreis gegenüber dem Jeep bietet der BMW sonst noch eine tadellose Verarbeitung, eine umfangreiche Ausstattung und sehr gute Sitze mit einer bequemen Sitzposition im Fond. Wie stets ist aber die Zuladung recht gering – der X3 darf gerade mal 430 Kilo einpacken, die beiden anderen über 500.

Fast perfekt: der VW Tiguan

War der BMW bisher der Bestseller, wird sich diesen Titel jetzt wohl der VW greifen. Denn der Tiguan hat einfach keine Schwächen. Nur Nörgler werden vielleicht am (zu unauffälligen) Design herummäkeln, die sachlichen Gründe aber sprechen eine deutliche Sprache. Der VW ist mit Abstand am geräumigsten und dazu mit seiner verschiebbaren Rückbank auch noch variabel. Die Sitze vorn und hinten sind ausgeprochen bequem, die Verarbeitung ist tadellos und die Ausstattung umfangreich. Und der von uns bisher hochgelobte, von Kompressor und Turbolader aufgeladene 1,4-TSI-Motor beweist einmal mehr sein Talent. Ein kleines Kraftpaket ist er, quicklebendig, wach und vergleichsweise sparsam – er bietet im Vergleich die besten Fahrleistungen und mit 8,7 Litern auch den niedrigsten Verbrauch. Obwohl er mit seinen 150 PS im 1,7-Tonnen-Tiguan natürlich mehr zu tun hat als etwa im Golf und ab und zu etwas angestrengt klingt, ist er mit diesem Auftritt eine ernsthafte Alternative zum Diesel. Der Test-Tiguan kam auf 18-Zöllern (1470 Euro) und mit Sport-Fahrwerk (160 Euro). Beides tut ihm gut. Er fuhr erstaunlich handlich und leichtfüßig und war dem BMW damit dicht auf der Spur. Ähnlich präzise Lenkung, exakte Schaltung, sauber abgestimmtes ESP. Gerade von solchem Feinschliff ist der Jeep meilenweit entfernt, ein ganzer Ozean liegt dazwischen. Und deshalb bleibt ein blaues Wunder auch aus.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Dirk Branke

Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Der Jeep Patriot ist ein charmanter Typ, sehr sympathisch. Ein Fall für Fans. Dem Feinschliff und der Perfektion der beiden Deutschen kann und will er nicht viel entgegensetzen. Deren Duell entscheidet der geräumige und variable VW Tiguan mit seinem tollen TSI-Motor für sich. Der BMW X3 glänzt wie immer mit seiner Agilität.