Es gibt nichts Blöderes, als auf der Rückfahrt vom Urlaub im Stau zu stehen. So wie letzte Woche passiert: Das Auto hatte keine Navigation, die auf Echtzeit-Verkehrsinfos zugreifen konnte. Stattdessen nutzte es den veralteten Standard TMC (Traffic Message Channel) – und ich stand in Staus, die es laut Navi gar nicht gab. Kommt Ihnen das bekannt vor? Dabei müsste das gar nicht mehr sein. Immer mehr Autos verfügen über einen Onlinezugang, können blitzschnell Informationen über Verkehrsstörungen verarbeiten und notfalls um Staus herumlotsen.

In der Oberklasse sind längst nicht alle Modelle online

Lexus GS
Zu wenig für eine Edelmarke: Lexus hängt beim GS mit Navi und Multimedia deutlich hinterher.
Spannend vor allem, dass es sich schon lange nicht mehr um Luxustechnik handelt. Selbst Kleinwagen sind mittlerweile im Netz, dank dem neuen Standard "Mirror Link" muss kein sündhaft teures Navigationssystem mehr angeschafft werden. Das hat sich leider nicht bis zu jedem Hersteller herumgesprochen. Sogar in der Oberklasse, wo die Begehrlichkeiten der Dienstwagen- und Vielfahrer dieser Republik beginnen, sind längst nicht alle Modelle online. So kann etwa der GS der Toyota-Luxusmarke Lexus nicht viel mehr, als bereits vor zehn Jahren Standard war. Der Monitor zeigt eine grobpixelige Grafik wie bei einer Spielkonsole aus dem vergangenen Jahrzehnt, ein Onlinezugang ist selbst gegen Aufpreis nicht zu bekommen. Trotzdem langen die Japaner kräftig zu: Um dieses veraltete Navi-System kaufen zu können, muss eine 6750 Euro teure Ausstattung bestellt werden, die Navigation kostet weitere 2300 Euro. Dafür gäbe es bereits einen neuen Aygo, der dank "Mirror Link" um Staus navigieren könnte. Auch Cadillac und Volvo nutzen alte Daten, der nächste Stau-Frust ist mit ihnen also absehbar.

Multimedia und Navi sind lohnende Investitionen beim Autokauf

Audi A7
Deutlich schneller surfen: Der modellgepflegte Audi A7 geht mit dem LTE-Standard ins Internet.
Wie es anders geht, zeigen die deutschen Hersteller. Oft dafür kritisiert, dass sie moderne Technik wie etwa Elektro- oder Hybridantrieb zu spät anbieten, haben sie sich in den vergangenen Jahren im Bereich der Connectivity einen erheblichen Vorsprung erarbeitet. Sowohl BMW 5er als auch Audi A7 und Mercedes E-Klasse sind wie selbstverständlich online, begeistern mit einer Vernetzung ihres Multimediasystems, die einem Tablet-PC kaum nachsteht. Vor allem Audi hat sich mit dem Facelift des A7 einiges vorgenommen, will zum neuen Maßstab in der Oberklasse werden. So surft der Ingolstädter mit schneller LTE-Geschwindigkeit im Netz, das ist kaum langsamer als der heimische Internetzugang. Vor ein paar Jahren noch unvorstellbar, heute Realität. Wenn auch eine teure. Denn diese voll integrierten Systeme kosten schnell 4000 Euro und mehr. Trotzdem unser Tipp: Neuwagenkäufer sollten beim Händler künftig vor allem eine Frage stellen: Ist der schon drin? Denn es gibt nichts Blöderes, als heute noch im Stau zu stehen ...

So haben wir getestet

• Telefon: Hier prüfen wir, ob das Handy-Telefonbuch im Auto dargestellt werden kann, der Zugriff auf SMS und E-Mails möglich ist und ob es eine USB-Ladebuchse gibt. • Online/Apps: Punkte gibt es, wenn das getestete Auto eine eigene Mobilfunkverbindung hat, das System SMS und Mails vorlesen beziehungsweise der Fahrer diese via Spracheingabe diktieren kann und wenn das Infotainmentsystem Zugang zu Apps hat. • Navigation: In dieser Kategorie geht es darum, ob sich eine Navi-App vom Handy auf dem Display im Auto anzeigen lässt und ob das eingebaute Navi eine aktive Stauumfahrung hat. • Audio: Neben den möglichen Audioquellen (USB, Bluetooth, iPod-Unterstützung) testen wir, ob Musik via Bluetooth in Stereo übertragen wird.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Beim Connected Car gibt es in der Oberklasse eine Zweiklassengesellschaft. Auf der einen Seite die Deutschen, die hier weltweit führen und von Internet über Echtzeit-Stauinformationen bis hin zu technisch perfekten Assistenzsystemen alles an Bord haben, was zurzeit machbar ist. Auf der anderen Seite die Importeure, die hier mindestens eine Generation hinterherhinken – und sogar weniger bieten als so manches Nachrüst-Navi für wenige Hundert Euro.

Von

Stefan Voswinkel