Seit fünf Jahren kennt der Preis-Poker nur noch einen Sieger: Dacia. Als der erste Logan anrollte, haben wir noch mitleidig gelächelt. Inzwischen ist die Renault-Tochter aus Rumänien bei uns eine feste Größe, Kombi MCV und Sandero sind echte Verkaufsschlager. Ihr Geheimnis: der Rotstift. Gnadenlos haben sie alles Unnötige weggestrichen, alte Renault-Technik neu verpackt. Das Ergebnis sind einfache, aber robuste Autos. Deren oberstes Ziel: ein guter Kamerad sein. Und weil sie zudem unschlagbar günstig sind (Sandero im Polo-Format ab 6990 Euro), passen sie so perfekt in unsere Zeit. Der Boden ist also bereitet. So soll auf das Schwarzbrot jetzt die Butterstulle folgen. Ein trendiges SUV hat sich Dacia dafür ausgeguckt, ganz nach dem bekannten Strickmuster: alte Basis, neuer Hut.

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Dacia Duster
Drunter steckt der Sandero (also der alte Renault Clio), obendrauf haben die Rumänen alles neu gemacht. Und einen frischen Namen gibt es auch: Duster! Der hat zunächst einmal nichts mit Dunkelheit zu tun, vielmehr signalisiert die englische Bedeutung die wahre Botschaft: Staubwedel. Einer, dem auch dicker Dreck nichts ausmacht. Den möchte er lieber der Konkurrenz entgegenschleudern – etwa dem Skoda Yeti. Wir treffen uns zum Trocken-Training auf dem Parkplatz. Fahren ist noch nicht erlaubt, anfassen sehr wohl. Erster Eindruck: Das ist keine kühle Kiste mehr mit sprödem Karpaten-Charme. Der Duster sieht gefällig aus, die ausgestellten Radhäuser lassen ihn bullig und kraftvoll wirken. Gegen das stämmige Skoda-Design mit senkrechten Flächen wirkt der Dacia fast schon verspielt. Nachteil: Die Rundumsicht ist nicht so gut, nach vorn und schräg hinten lässt sich das SUV nur schwer abschätzen.

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Skoda Yeti
Platz hingegen gibt es genug. Die zehn Zentimeter mehr Außenlänge gegenüber dem Skoda (4,32 zu 4,22 Meter) kann er zwar nicht in einen Vorteil umsetzen, kneifen tut es aber nirgends. Knie und Kopf genießen reichlich Luft. In puncto Variabilität zeigt der Skoda, was geht. Wo der Tscheche mit einzeln verstell- und klappbaren Rücksitzen glänzt, bietet der Rumäne einzig eine umklappbare Bank. Immerhin mit asymmetrisch geteilter Lehne – allerdings serienmäßig erst ab "Laureate". Wie viel die Rumänen gelernt haben, zeigt das Cockpit. Das präsentiert sich nicht mehr als trostlose Billig-Plastiklandschaft. Die Kunststoffe wurden nicht aus der untersten Schublade hervorgekramt, die Verarbeitung stimmt, und gegen Aufpreis gibt es sogar Holzimitat. Und auch einen weiteren Kritikpunkt können wir – wenn auch nicht in Gänze – streichen. Der Schleuderschutz ESP sichert künftig die Duster-Fahrt – vorerst aber nur für den großen Diesel.
In diesem Punkt ist der Yeti auf und davon. Was die Sicherheit betrifft, bietet der Skoda alles, was in dieser Klasse heute machbar ist. Und auch im Finish von Karosserie und Innenraum kann ihm der Duster nicht das Wasser reichen. Klar, er kostet ja auch deutlich weniger. Wie viel genau, müssen wir erklären. Da ist der Grundpreis: 11.900 Euro kostet der Dacia mit 105-PS-Benziner und Frontantrieb. Wer Allrad will (mit elektromagnetischer Kupplung, Technik von Nissan), muss 1800 Euro drauflegen. Der Basis-Yeti mit 105 PS kostet bereits 17.990 Euro. Allrad gibt es für den aber gar nicht (erst ab 110-PS-Diesel für 22.690 Euro). Schauen wir mal ans andere Ende der Ausstattungsliste. Wer einen top ausgerüsteten Allrad-Dacia mit Klimaanlage, Alurädern, Metalliclackierung, Dachreling, getönten Scheiben und Lederpolstern will, zahlt trotzdem kaum mehr als 18.000 Euro. Da hat die Yeti-Preisliste gerade einmal angefangen ... Auch das ein guter Grund, warum der Duster mächtig Staub aufwirbeln dürfte.

Fazit

von

Jürgen von Gosen
Mit dem vierten Modell ist Dacia endgültig angekommen. Das SUV ist technisch auf der Höhe, ordentlich verarbeitet – und sieht vor allem gut aus. Dass der Preis mal wieder alle Rivalen gnadenlos unterbietet, hatten wir nicht anders erwartet. Doch zum ersten Mal geschieht das in einer Klasse, wo nicht die Vernunft regiert. Und das ist auch gut so. 

Von

Jürgen von Gosen