Dacias Elektro-Zwerg hat Änderungen erfahren: an Motor, Fahrwerk und Ausstattung. Wer will, bekommt jetzt 65 PS. Erster Test!
Bild: Dacia
Der Dacia Spring bietet wenig Auto für wenig Geld. Also im Verhältnis betrachtet. Es gäbe auch noch weniger Auto für noch weniger Geld: einen gebrauchten E-Smart zum Beispiel. Alternativ ließe sich für ungefähr 10000 Euro mehr auch etwa ein Opel Corsa Electric erwerben. Größer, schneller, mit doppelt so großem Akku. Mehr Auto also – für deutlich mehr Geld.
Kleine SUV mit Ersparnis
Ausgewählte Produkte in tabellarischer Übersicht
Aktuelle Angebote
Preis
Zum Angebot
Dacia Spring
UVP ab 22.750 EUR / Ersparnis bis zu 8178,00 EUR
Ford Puma
UVP ab 27.400 EUR / Ersparnis bis zu 8685,00 EUR
VW T-Cross
UVP ab 22.450 EUR / Ersparnis bis zu 4524,00 EUR
VW T-Roc
UVP ab 25.860 EUR / Ersparnis bis zu 8809,00 EUR
Seat Ateca
UVP ab 27.380 EUR / Ersparnis bis zu 8960,00 EUR
Renault Captur
UVP ab 23.700 EUR / Ersparnis bis zu 6468,00 EUR
Das festzustellen, erscheint auf den ersten Blick banal. Aber genau diese Art von Gedanken machen wir uns, nachdem wir den Spring zwei Wochen testen konnten: "Wäre er meiner, würde ich im Alltag zurechtkommen? Und wäre ich bereit, nach Abzug aller Boni immerhin noch rund 17.000 Euro für ihn auszugeben?"
Mit gerade einmal 3,73 Metern Länge zählt der Spring noch zum Segment der Kleinstwagen.
Bild: Michael Nehrmann/AUTO BILD
Um Zweiflern wie uns den E-Floh schmackhafter zu machen, hat Dacia nachgelegt. Wer will, bekommt ihn jetzt auch mit 65 statt 44 PS, dazu wurden das Fahrwerk neu abgestimmt und der neue Volle-Hütte-Trimm Extreme eingeführt. Mehr Auto kostet aber auch bei Dacia mehr Geld. Alles zusammen 1800 Euro, um genau zu sein. Ergibt das Sinn?
Der Innenraum gibt sich stark kostenoptimiert: Fast nur Hartplastik, Fensterheberschalter in der Mitte. Wer den Spring startet, dreht noch klassisch den Schlüssel um. Wer parkt, schaltet in N und zieht die manuelle Handbremse an.
Bild: Michael Nehrmann/AUTO BILD
Freudig stimmt, dass mit dem ersten Tritt aufs Strompedal tatsächlich ein kleiner Aha-Moment geschieht. Der Antritt des 65ers ist eine andere Hausnummer, zumindest im Stadtverkehr. 3,8 Sekunden auf Tempo 50 sind sogar noch eine Zehntel schneller, als die Rumänen selbst angeben. Der 45er brauchte hier in unserem letzten Test 5,8 Sekunden, gefühlt ein Riesenunterschied. Kurios: Die 113 Newtonmeter sind sogar 12 Nm weniger als beim 45er-Modell. Die bessere Beschleunigung erreicht Dacia aber auch über eine veränderte Getriebeübersetzung.
Der Platz hinten geht für Kurzstrecken in Ordnung. Gut: vier Türen, keine Ausstell-Ware, sondern richtige Fenster hinten. Elektrische Fensterheber hinten bietet erst die Extreme-Linie.
Bild: Michael Nehrmann/AUTO BILD
Auch darüber hinaus hängt der stärkere Spring seinen kleinen Bruder klar ab, keine Frage. 14,5 Sekunden auf Tempo 100 entsprechen trotzdem nicht ganz der Werksangabe von 13,7 Sekunden. Noch deutlicher: Den Spurt von 80 auf 120 km/h haben wir mit glatten 18 Sekunden statt 13,5 Sekunden gemessen. Mit 15,4 kWh Testverbrauch saugt der Spring dabei für seine Größe ordentlich am Akku, rekuperiert eher wenig. Macht am Ende 174 Kilometer Reichweite, im reinen Stadtverkehr auch mal mehr.
Der Spring hat andernorts Geschwistermodelle. In Indien zum Beispiel läuft er als Renault Kwid, in China als Dongfeng X1 – jeweils als Verbrenner. Die klassische Abstammung ist dem Motorenabteil auch anzusehen.
Bild: Michael Nehrmann/AUTO BILD
Änderungen gibt es auch beim Fahrwerk: Die Dämpfer hat Dacia ausgetauscht – bei beiden Versionen. Das Anfedern gerät jetzt straffer, der Spring wirkt weniger schaukelig. Die Lenkung reagiert ebenfalls harmonischer, nicht mehr ganz so leichtgängig und mit mehr Rückstellmoment. Dreht man bei niedrigem Tempo schnell am Rad, lässt die Lenkunterstützung allerdings noch immer nach. Ganz so, als sei der Servomotor zu schwach.
270 bis 1110 Liter Kofferraumvolumen sind für diese Klasse ein solider Wert. Unter dem Laderaumboden sitzt sogar noch ein kleines Fach, in dem sich Ladekabel verstauen lassen.
Bild: Michael Nehrmann/AUTO BILD
Insgesamt mag sich der Spring also mit der Überarbeitung verbessert haben – zu kritisieren gibt es immer noch jede Menge. Noch immer passen die geringen Seitenführungskräfte der 165er-Räder, die 1,51 Meter hohe Karosserie und die schmale Spur schlecht zusammen. Wer mit über 100 km/h in eine leichte Kurve fährt, spürt, wie sehr das Fahrwerk bereits gefordert wird. Das ESP greift grob und spät ein. Dazu kommt, dass die Bremswege schon auf den Bridgestone-Turanza-Reifen des Testwagens zu lang ausfielen: warm fast 38 Meter.
Serienmäßig ausgeliefert wird der Spring aber auf chinesischen Eco-Reifen der Marke LingLong, die – wir haben es in der Vergangenheit bereits erlebt – bei Nässe komplett versagen. Wirft man einen Blick in Dacia-Foren, haben zahlreiche Käufer sie möglichst schnell durch andere Gummis ersetzt.
Die Sitze lassen sich nicht in der Höhe verstellen
Insgesamt ärgern viele Dinge im Spring, die sich eigentlich leicht hätten vermeiden lassen. Die Sitze vorne lassen sich nicht in der Höhe verstellen, das Lenkrad gar nicht. Die ordentlich großen Ablageflächen bieten keinen Halt, alles rutscht wild umher. Immerhin bietet Dacia passende Plastikeinsätze im Zubehör an. Auch eine nachrüstbare Mittelarmlehne ist dort zu finden. Sitzheizung gibt es gar nicht ab Werk. Viele Spring-Fahrer lösen das Problem mit Heizmatten, die sie über den 12-Volt-Anschluss anstöpseln.
ANZEIGE
* Die durchschnittliche Ersparnis berechnet sich im Vergleich zur unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers aus allen auf carwow errechneten Konfigurationen zwischen Januar und Juni 2022. Sie ist ein Durchschnittswert aller angebotenen Modelle und variiert je nach Hersteller, Modell und Händler.
Mit dem Platz im Innenraum lässt es sich dagegen leben. Klar, die 1,58 Meter schmale Karosserie begrenzt die Schulterfreiheit, hinten will man nicht lange ausharren. Für zwei reicht der Platz aber aus. Die können dann immerhin 270 bis 1100 Liter einladen und sich an den Bronze-Akzenten der Extreme-Linie erfreuen. Die kommt mit Navi inklusive CarPlay und Android Auto, Parkpiepsern und Kamera hinten. CCS-Laden mit 30 kW kostet aber 800 Euro, ist jetzt nur noch für den 65er zu haben. AC-Laden mit nur 3,7 kW? Ist uns dann echt zu wenig.
Für 1800 Euro mehr ist der 65er ein fairer Deal, immerhin behaltet diese Summe auch die Mehrausstattung der Extreme-Linie. Außerdem bietet nur noch er gegen 800 Euro flotteres CCS-Laden. Da der Spring AC-Laden nur mit 3,7 kW beherrscht, dürfte das für die meisten Kunden den 45er unattraktiv machen. Für beide Versionen gilt: Bei Komfort und Fahrsicherheit muss man nach wie vor Abstriche machen.