Diesel-Pickups mit 2+2 Sitzen
—PS für Last und Lust
Die wahren Nachkommen der Planwagen
Klar, in Texas wirft man seine Einkäufe auf die Pritsche und zockelt gemütlich nach Hause. Da wird nichts nass. Doch wir befinden uns in Europa. Hier leben viele Menschen auf engem Raum, dazu viel Regen. Bei uns droht das Ladegut noch auf dem Parkplatz geklaut zu werden, ehe es der Regen auf dem Heimweg aufweichen kann. Vernünftig kann Pickup fahren aber durchaus sein. Es gibt viel Auto für wenig Geld, die Lkw-Zulassung erspart den Gewerbetreibenden den Privatnutzungsabzug beim Finanzamt, der Allradantrieb vergrößert die Einsatzmöglichkeiten. Schön, aber könnte man dann nicht einfach einen europäischen Pritschenwagen fahren, einen VW Transporter syncro, Fiat Ducato 4x4 oder Mercedes-Benz Sprinter Allrad?
Könnte man, aber die sehen viel zu sehr nach Baustelle aus, weshalb mancher dann bei den Fernost-Pickups landet. Dabei sind diese schmucken Laster im Grunde ihres Wesens schlichte Dritte-Welt-Vehikel. Das merkt man schnell, wenn man hinter die Fassade aus Breiträdern, Velourspolstern und chromblitzendem Plastik sieht. In Afrika und Asien gibt es keinen Chromschmuck. Denn dort ist der Pickup kein Vergnügungslaster, sondern dient einfach dem Transport von Mensch und Material, genauso wie bei uns ein VW Bus.
Ein Fahrerlebnis der derben Sorte
Am besten verschleiert noch der Nissan das rustikale Wesen seiner Spezies. Seine Federung ist halbwegs anständig abgestimmt, und sein moderner Motor mit elektronisch geregelter Direkteinspritzung entspricht dem europäischen Geschmack für Turbodiesel. Mit seinen 133 PS distanziert er die trotz gleichen Hubraums schwächeren Konkurrenten in allen Fahrleistungsdisziplinen merklich. Insgesamt wirkt er am wenigsten wie ein reines Nutzfahrzeug.
Der Mitsubishi zeigt sich dagegen wie ein Lkw von gestern. Sein betagter Wirbelkammermotor geht trotz der nominell 115 PS zäh zu Werke und säuft, wenn er gefordert wird. Die Federung ist besonders bockig und lässt das in Thailand gefertigte Vehikel auf deutschen Kanaldeckeln erzittern. Dazwischen liegt der Ford. Obwohl vom Motor her ähnlich angejahrt wie der Mitsubishi, rettet er durch eine gelungene Feinabstimmung viele Punkte. Denn er tritt trotz angeblich nur 109 PS ordentlich an und verbraucht nicht zu viel. Dazu erfreut er mit einigermaßen brauchbarem Federungskomfort.
Der Toyota fällt bei Fahrleistungen ab
Zum Test traten alle Pickups als Eineinhalb-Kabiner an. Im Gegensatz zu Doppelkabinern fehlen in der Regel nicht nur die hinteren Türen, es wird auch die Proportion von Kabinen- und Pritschenlänge um rund 30 cm zugunsten der Ladefläche verschoben. Mehr Platz für Ladung, weniger für die Insassen. Nun sind schon die Doppelkabiner aus Fernost keine Gefährte, die im Fond mit komfortablen Maßen aufwarten. Somit reduzieren sich bei den hier angetretenen 1,5-Kabinern die hinteren Sitzgelegenheiten zu reinen Not- oder Strafsitzen.
In allen Fällen hockt man auf dünnen Pölsterchen, bedauernswert eingeklemmt zwischen Vordermann und fast senkrecht stehender Kabinenrückwand. Den Spitzenplatz an Unbequemlichkeit erobert dabei fraglos der Nissan. Hier müssen die zwei im extrem engen Fond auch noch quer zur Fahrtrichtung Platz suchen, finden ihn aber nicht. Somit sieht man die hinteren Sitzchen als Notbehelf – oder am besten als zusätzlichen Stauraum, denn wegklappen lassen sie sich stets.
Nur bedingt fürs Gelände tauglich
Die steifen Fahrwerke lassen den Vortrieb auf buckeligem Untergrund jedoch schnell zusammenbrechen. Dagegen würden Achssperren oder Schlupfregelungen helfen. Aber nur der Toyota hat eine 100%-Hinterachssperre und kommt deshalb mit Abstand am weitesten im Gelände. Im Winterbetrieb geraten die simplen Zuschaltallradler in die Zwickmühle: Fährt man ohne Allrad, bleibt der Pickup ordentlich lenkbar und erzielt den kürzest möglichen Bremsweg, allerdings bricht beim Gasgeben oft das Heck aus. Das kann der zugeschaltete Allradantrieb verhindern, aber dann verschlechtern sich Bremswege, Lenkfähigkeit und Wendekreis drastisch.
Wie also macht man es richtig: Ab 50 km/h den Allrad abschalten? Das funktioniert bei allen während der Fahrt. Für das Zuschalten muss man nur beim Ford Ranger grundsätzlich anhalten. Denn sein Allradsystem ist noch primitiver als das seiner Konkurrenten, bei denen beim Zuschaltvorgang auch Tempo erlaubt ist.