Vorfreude: eine Emotion, die durch die Erwartung eines künftigen positiven Ereignisses gekennzeichnet ist. Der Lenz kommt. Bei wem es jetzt noch nicht kribbelt, dem müssen wir wohl erst noch die Winterhornhaut von der Seele kratzen. Kein Problem: Dächer auf, Gas geben und ganz tief den Frühling inhalieren. Haben wir für Sie schon mal vor den Toren Roms erledigt. Ein internationales Team von AUTO BILD-Chefredakteuren ließ die Hüllen fallen. Saison eröffnet! Premieren-Ausfahrt mit dem neuen E-Klasse Cabrio von Mercedes und seinen Konkurrenten von Audi und Lexus. Nur ein erster Schnupper-Test, noch ohne vergleichbare Motorisierungen.

Test the Best: Teil 1 (Luxuslimousinen) und Teil 2 (Kleine Knaller)

E-Klasse Cabrio
Ein Cabrio wie eine Burg: Die offene E-Klasse wirkt äußerst solide.
Doch den Charakter dieser drei viersitzigen Luft-Schlösser, den bekommt man bei so einem "Himmelfahrtskommando" schneller mit, als sich Wolken vor die Frühlingsonne schieben können. Nehmen wir den neuen Mercedes. Ein unglaublich solides Stück Cabrio. Typ Freiheitsstatue. Steif, als hätten sie ihm Eisenbahnschwellen druntergelötet. 120 Kilo schwerer als das E-Coupé, von dem es abgeleitet ist – und trotzdem flink auf den Beinen wie der Jüngling auf dem Wege zum ersten Rendezvous. Meint auch Tito Klein aus Spanien: "Diese Dynamik hätte ich ihm nicht zugetraut." Wir auch nicht. Doch da muss der Stuttgarter in einem Luftzug mit dem (ebenfalls enorm steifen) A5 Cabrio genannt werden. Mag sein, dass dessen Ruder die Straße eine Spur direkter abtastet. Aber der Spagat zwischen Komfort und Dynamik, der gelingt dem Mercedes besser. Kollege Lexus hat dagegen eine Art Ginseng-Gen im Blech, ein rollendes Allheilmittel gegen Hektik. Nein, ein Gleitmittel. Wo andere Stabis einbauen, scheinen die Japaner Wattestäbchen zu benutzen.

Der Lexus IS 250C ist einzige Testkandidat mit Stahl-Klappdach

Lexus IS 250C
Großes Kino: Das Stahl-Klappdach des Lexus vollführt ein schönes mechanisches Ballett.
No sports. Einfach laufen lassen – am besten über babypopoglatte US-Highways. Auf Rumpelpisten zittern die Passagiere schon mal mit der Karosserie um die Wette. "Eine enttäuschende Konstruktion", notiert Jarmo Markkanen aus Finnland. Irgendwie hat er recht, denn auch das ganze Innenraum-Design scheint von gestern. Super verarbeitet, aber auch – gähn – langweilig. Natürlich ist es großes Kino, wenn der IS 250C seinen Metallhut zieht, ihn surrend mithilfe von 15 Motoren in den Kofferraum faltet. Hightech-Origami. Aber, sorry, wo ist der Vorteil gegenüber den Jungs mit Stoffkapuze? Wenn Dachdecker so professionell arbeiten wie bei Mercedes und Audi, benötigt kein Mensch ein solch schweres Metalldach, schon gar nicht bei Viersitzern. Die daunendeckendicken Stofflaken können nichts schlechter. Sie schlucken Geräusche genauso gut und ziehen sich im Gegensatz zum Metallkäppi einfach eleganter und platzsparender zurück.
Bei geschlossenem Verdeck gleicht der Lexus-Kofferraum einer kleinen Turnhalle, offen passen gerade noch Ballerinas rein. Kommen wir nun zu den Punkten, die jedem Puristen Pickel auf der Cabrioseele wachsen lassen. Ich nenne sie mal "die Weichmacher". Audi hat so was. Einen Nackenföhn. Unter uns: herrlich. Kostet allerdings mindestens 1385 Euro, weil man stets Sportsitze und Sitzheizung dazubestellen muss. Mercedes hat den Puster auch, aber im Paket mit dem neuen Windschott-System Aircap (1250 Euro). Es besteht aus einem auf Knopfdruck (bis 160 km/h) ausfahrbaren Windabweiser im Scheibenrah men und einem Windschott zwischen den Rücksitzen. Dieses vernetzte Duo reduziert Verwirbelungen und Geräusche im Innenraum so effektiv, dass man bis weit über 200 Sachen entspannt offen fahren kann – genial. Schon allein darauf können wir uns freuen.

Fazit

von

Tomas Hirschberger
Drei Cabrios, zwei Offenbarungen – und einer, der das ganz gelassen nimmt. Den Lexus musst du genießen, nicht fordern. Steifigkeit und Motor sind nicht dolle. A5 und E-Klasse können das besser und sind sich recht ähnlich. Top verarbeitet, supersteif, dynamisch, Dachdeckerarbeiten vom Feinsten. Welchen nehmen? Die Entscheidung fällt beim Geschmack, aber auch zwischen Daumen und Zeigefinger, beim Preis.

Von

Tomas Hirschberger