Große Klappe und viel dahinter

Rucksäcke sind angesagt: In der Uni, beim Sport, im Beruf, im Urlaub überall werfen sich mobile Menschen die praktischen Dinger über die Schulter. Selbst Manager kramen ihre Unterlagen aus den trendigen Textilbeuteln statt aus seriösen Aktenkoffern.

In der Automode sind angehängte Gepäckabteile nicht erste Wahl. Nur 0,7 Prozent der Neuzulassungen in der Golfklasse entfallen auf Stufenhecks. Aber: Autokäufer in den neuen Bundesländern schätzen die Karosserie-Klassiker weiterhin. Dort liegt ihr Marktanteil immerhin zwischen 1,6 und zwei Prozent. Sie wissen, warum. Denn die automobilen Rucksäcke haben unbestreitbare Vorteile. Nicht nur für die große Reise, sondern auch für Wochenendeinkauf und sperrige Sportgeräte.

Zunächst ein wenig Formenkunde: Mazda3 und Renault Mégane sind Kompaktmodell-Ableger mit großem Kofferraum und Heckdeckel. Auch den Hyundai Elantra gibt es als reines Stufenheckmodell (ab 16.990 Euro). Zum Test angetreten ist aber die 500 Euro teurere, optisch sehr ähnliche Fließheckvariante, die so den Bogen schlägt zum neuen Skoda Octavia. Denn der ist nur als Fünftürer zu haben, obwohl er wie eine traditionelle Vier-Türen-Limousine aussieht. Beim Öffnen der Kofferraumklappe schwingt die Heckscheibe mit nach oben und gibt den Weg frei in einen gigantischen Laderaum.

Skoda Octavia: Tiefstapler mit Riesenabteil

Mit 560 Liter Fassungsvermögen sprengt der tschechische VW alle gängigen Raster und übertrifft selbst Oberklasse-Autos. Wer jetzt noch die Rücksitze umlegt, schafft Raum für bis zu 1350 Liter. Rekord! 6,5 Zentimeter länger ist der Octavia II gegenüber seinem Vorgänger. Vorn reisen Fahrer und Beifahrer in luftigem Ambiente, können sich über ein Platzangebot freuen, das eher der Mittel- als der Kompaktklasse entspricht. Hinten allerdings müssen große Personen Abstriche bei der Beinfreiheit machen. Der neu aufgelegte Skoda ist ein wertiger XXL-Trekkingrucksack und dennoch Tiefstapler. Das macht ihn symphatisch.

Optisch wurde er vorsichtig retuschiert. Das Heck ist kaum vom ersten Octavia zu unterscheiden. Seine Front wurde behutsam den Linien des Superb angenähert. Technisch hält er es mit der preußischen Maxime "Mehr sein als scheinen". Bietet er doch Golf-Qualitäten wie die aufwändige Vierlenker-Hinterachse und elektromechanische Lenkung zum volkstümlichen Preis. Der 102-PS-Zweiventiler von VW wirkt jedoch etwas müde und wird bei höheren Drehzahlen laut. Dennoch reicht die 1,6-Liter-Maschine völlig aus und erzielt mit 8,1 Liter Verbrauch den besten Wert im Vergleich.

Knöpfe und Schalter sind sachlich gehalten und gut bedienbar. Große Türablagen bieten reichlich Platz. Bei eingeschaltetem Licht leuchten die Skalen in einem beruhigenden Grün. Die Ziffern indes dürften besser ablesbar sein. Straff, aber angenehm federt der Skoda über schlechte Straßen. Auch die Lenkung wirkt verbindlich, erreicht aber nicht die überragende Präzision des Golf V. Gespart wird dort, wo es verschmerzbar ist. Zum Beispiel mit den ungedämpften Haltegriffen oder den Plastikscharnieren von Handschuh- und Brillenfach.

Mazda3 und Elantra: wie Tag und Nacht

Im direkten Vergleich mit dem Octavia ist der Elantra 1.6 nicht nur alt, sondern auch teuer. Zumindest in diesem Testfeld beweist der Hyundai, dass ein Koreaner nicht zwingend ein Billigangebot sein muss. Im Gegenteil: Sein Basispreis von 17.490 Euro ist der höchste, dennoch fehlt dem Elantra Sicherheitsausstattung wie Bremsassistent sowie Seitenairbags hinten, die auch gegen Aufpreis nicht erhältlich sind. Auch bei den Messwerten und Fahreindrücken kann er nicht überzeugen. Polteriges Fahrwerk, teigige Schaltung, schwammige Lenkung, billige Materialien sorry, aber dem Koreaner bleibt in diesem Vergleich nur die traurige Rolle eines Schulranzens, der seine besten Tage bereits hinter sich hat.

Immerhin ist im Fließheckmodell der Kofferraum befriedigend groß, gut zugänglich und nutzbar. Zu seinen wenigen Pluspunkten zählen gute Garantieleistungen und Komfortausstattung. So hat der Elantra Klimaanlage, Reisecomputer und E-Fenster serienmäßig an Bord. Löblich auch, dass er mit der Spritsorte Normal auskommt. Davon schluckt er aber durchschnittlich neun Liter und macht den Preisvorteil beim Tanken wieder zunichte.

Dass der Elantra keine Kaufempfehlung sein kann, wird klar, wenn er sich direkt mit Mazda3 und Renault Mégane messen muss. Besonders der Japaner scheint geeignet, das schlechte Image der Rucksackautos aufzupolieren. Sein Design wirkt jung, die Formensprache stimmig. Vorn linsen drei hinter Klarglas gestaffelte Rundleuchten dynamisch auf die Straße. Das Heck könnte auch ein Alfa Romeo tragen.

Ebenso das Interieur. Wie aus tiefen Höhlen leuchten spannend drei Rundinstrumente. Kurzum: Der Mazda macht schon vorm Losfahren Spaß. In Bewegung bleibt es dabei. Der Dreier ist leichtfüßig und fahraktiv. Gute Werte für Beschleunigung und Bremsen unterstreichen seine dynamische Ausrichtung. Vor allem die spontan ansprechende Lenkung ist klasse. Gepaart mit dem drehfreudigen Vierventiltriebwerk, ist der Mazda3 ein gelungenes Beispiel für eine kompakte Sportlimousine, die mit 105 PS gut motorisiert ist. Weniger glanzvoll ist seine praktische Seite. 413 Liter Kofferraumvolumen machen aus dem Mazda eher einen durchgestylten Trendrucksack als ein Raumwunder.

Renault Mégane: Glamour inklusive

Der Stufenheck-Mégane bietet bei fast identischer Außenlänge über 100 Liter mehr. Grund: Renault hat den Radstand um sechs Zentimeter gegenüber dem Steilheckmodell verlängert. Das schafft Platz. Vor allem im Fond. Einstieg, Sitzkomfort und Raumgefühl hinten sind so großzügig wie in einem Mittelklasse-Modell. Hinterm Lenkrad jedoch wirkt die Sitzposition sportlich eng und will nicht so recht zum Gesamtcharakter des Mégane passen. Denn der ist eher gemütlich und nutzwertorientiert. Fahrer über 1,85 Meter Größe werden sich schwer mit ihm anfreunden können. Sie sitzen zu hoch. Die Rückenlehne bietet wenig Seitenhalt. Ansonsten verspricht der Mégane viel Auto fürs Geld. Als Einziger verfügt er serienmäßig über die ESP und glänzt mit einer preiswerten Versicherungseinstufung.

Reparaturen sind günstig und selten. Kein Wunder: Selbst in den fünf neuen Ländern haben Mégane-Stufenheckmodelle Seltenheitswert. Das muss wohl an ihrem bislang altbackenen Image liegen. Dabei gibt sich der Franzose alle Mühe, schön auszusehen. Die extravagante Gestaltung des Golf-Konkurrenten übernimmt Renault auch für die Limousine. In den Kofferraumdeckel haben sie eine pfeilförmige Falte modelliert und die Rückleuchten nach vorn angespitzt.

Ein schicker Rucksack, der sich auch vor einer Szenekneipe blicken lassen kann. Weniger begeisternd dagegen fällt das Fahrgefühl aus. Nur die komfortable Fahrwerkabstimmung und der laufruhige Vierzylinder verdienen uneingeschränktes Lob. Die Lenkung indes bietet viel zu wenig Fahrbahnkontakt und arbeitet ungenau. Gleiches gilt für die Schaltung, die dem Chauffeur beim Gangwechsel ein sperriges Gefühl vermittelt. Nein, für lustbetontes Autofahren eignen sich andere besser. Nicht jeder Tornister muss sportlich sein. Der Mégane versteht sich eher als vielseitiger Begleiter mit großem Platzangebot, der mit einem Schuss Glamour daherkommt. Und das ist für einen Rucksacktyp schon eine ganze Menge.

Kosten und Ausstattungen

Nachteil Skoda: Die Tschechen geben dem Octavia gerade einmal zwei Jahre Gewährleistung mit auf den Weg. Bei Renault gibt es dagegen zwei, bei Mazda und Hyundai sogar drei Jahre Garantie.

Technische Daten und Testwerte

Der Hyundai hält spät. Über 40 Meter sind nicht mehr Stand der Technik. Eine Mitschuld an den schlechten Werten tragen die Hankook-Reifen. Mazda, Renault und Skoda bremsen ohne Tadel.

Fazit und Wertung

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan Selten geht ein Vergleichstest so deutlich aus: Der neue Skoda Octavia gewinnt mit klarem Vorsprung. Zwei von drei Testkapiteln kann der tschechische Tiefstapler für sich entscheiden und wird so in der kompakten Stufenheck-Klasse zum ganz heißen Kauftipp. In dieser guten Frühform dürfte das VW-Tochtermodell sogar dem Golf Käufer wegschnappen. Dass er auf dessen Plattform basiert, ist jederzeit spürbar. Warum also VW kaufen? Eine sportliche Alternative bietet der Mazda3. Styling und Fahrgefühl sprechen für den Japaner. Auch sein Nutzwert geht okay. Der ist beim Mégane durch geringe Zuladung eingeschränkt. Der Franzose versucht es mit der individuellen Note und liegt damit weit vor dem Hyundai Elantra.

Welche Limousine gefällt Ihnen besser?

Ob ein Auto letztlich ankommt, wissen nur die Verbraucher selbst also Sie. Deshalb ist uns Ihre Meinung wichtig. Vergeben Sie eigene Noten für Skoda Octavia, Mazda3, Renault Mégane und Hyundai Elantra. Den Zwischenstand sehen Sie direkt nach Abgabe Ihrer Bewertung.