Welches Schweinderl hätten's denn gern? Für immer mehr Autokäufer ist klar: Ein SUV darf es sein. Und das sowohl als Ersatz für den klassischen Kombi als auch für den Van, der wohl zumindest hierzulande seine besten Tage hinter sich hat. Ein riesiges Problem für Renault. Da stand nämlich der Nachfolger des Espace an, eigentlich die Mutter aller Vans in Europa. Weil sie aber bei Renault gerade einen Lauf haben, hat das Team um Chefdesigner Laurens van den Acker aus der Not eine Tugend gemacht – und ganz in der Tradition von Avantime und Vel Satis ein neues Konzept erfunden: den Van-SUV-Kombi.

Mit dem Espace kann Renault Klassengrenzen aufweichen

Renault Espace
Stilistisch schwer einzuordnen: Der Espace ist weder Van, noch Kombi, noch SUV – oder alles zusammen.
Wie bitte? Ja, richtig gelesen. Denn der neue Espace ist für einen klassischen Van viiiiiel zu sportlich, für ein SUV dann doch nicht abenteuerlustig genug gestylt – und für einen Kombi schlicht zu hoch geraten. Und so stellen wir im Vergleich mit Ford Modeo und Hyundai Santa Fe die Frage: Was bin ich? Wer befürchtet hatte, das neue Espace-Konzept gehe zu Lasten des Platzangebots, wird schnell eines Besseren belehrt. Klar kostet die neue Form ein wenig Raum – trotzdem bietet auch der neue Espace Platz ohne Ende. Und auch der Kofferraum hat sich seine Tugenden bewahrt. Zwischen 680 und 2101 Liter Volumen bedeuten Rekord in dieser Runde. Der Ford als klassischer Kombi etwa bietet trotz identischer Außenabmessungen zwischen 525 und 1630 Liter, der etwas kürzere Hyundai nur ein paar Literchen mehr als der Ford. Dazu kommt, dass sie sich bei Renault viele Gedanken darüber gemacht haben, wie der Platz einfach nutzbar ist. Durchchoreografiert wie ein Ballett falten sich die Sitze durch einfaches Drücken eines Knopfes im Kofferraum zusammen und ergeben eine riesige, ebene Ladefläche. Auch wenn SUV gerade total hip sind: Dieses riesige Platzangebot ist ziemlich sexy!
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Hyundai macht beim Santa Fe keinerlei Experimente

Hyundai Santa Fe
Vorteil ausgeglichen: Im Santa Fe sitzt man auf 705 Millimetern Höhe – im Espace nur marginal niedriger.
Selbst bei einem klassischen Vorteil kann das SUV nicht mehr punkten: bei der hohen Sitzposition. Zwar thront es sich im Santa Fe luftig auf einer Höhe von 705 Millimetern – der Espace kontert aber mit einer Sitzhöhe von 700 Millimetern. Der Mondeo muss sich mit einem Maß von 555 Millimetern deutlich geschlagen geben. Im Alltag bedeutet das, dass Fahrer in Santa Fe und Espace bequem aufsteigen und im Verkehr über den Dingen schweben, während sie sich in den Mondeo herablassen müssen. Schöne neue Welt! Bei der Gestaltung des Cockpits sieht die Sache schon anders aus. Denn der Espace wirkt im Innenraum zwar ähnlich spacig wie außen – das neue Bedienkonzept mit dem großen Touchscreen fordert aber Zeit zum Eingewöhnen. Nahezu alle alltäglichen Funktionen sind in Untermenüs versteckt, die Struktur selbst ist nur selten logisch aufgebaut. Wie auch im Ford Mondeo. Zwar hat Ford die Schalterflut des Vorgängers ins Werksmuseum verbannt – besser zu bedienen ist der Mondeo dadurch aber nicht. So muss der Fahrer etwa die Verstellmöglichkeit des Fahrwerks mit Lenkradtasten in einem Untermenü suchen – wie es besser geht, zeigt der Hyundai.
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Die Koreaner haben auf Experimente verzichtet, jeder Schalter ist exakt dort, wo ihn der Fahrer auf Anhieb sucht. Vorbildlich! Zumal Hyundai auch bei der Verarbeitung seine Hausaufgaben am besten gemacht hat. Alles sieht edel aus und ist routiniert verarbeitet. Auch Renault und Ford sind hier nicht wirklich schlecht, wirken im Detail aber nicht so hochwertig.

Der Ford Mondeo wirkt in diesem Vergleich etwas farblos

Ford Mondeo
Der Mondeo zeigt sich recht sauber abgestimmt, ist aber weder besonders komfortabel noch sportlich.
So weit hat Renault mit dem neuen Espace vieles richtig und nur wenig falsch gemacht. Spannende Frage ist aber: Kann der auch beim Fahren mithalten? Um es kurz zu machen: Yes, he can! Schon erstaunlich, was Renault fahrdynamisch aus dem großen Kasten herausgekitzelt hat. Das Fahrwerk ist straff abgestimmt und sogar mit der 19-Zoll-Bereifung des Testwagens noch halbwegs komfortabel. Punkten kann des Espace zudem mit seiner Hinterachslenkung, die im unteren Geschwindigkeitsbereich den Wendekreis verkleinert und den Renault so eine ganze Klasse kleiner wirken lässt – um bei Geschwindigkeiten ab 60 km/h mehr Stabilität zu geben. So handlich wie der Espace war wohl kein Renault-Van vor ihm. Ganz anders die Konkurrenz. Der Ford – ohne adaptives Fahrwerk im Test – wirkt zwar ohne die Verstellmöglichkeit deutlich stimmiger, ist aber weder besonders komfortabel noch sportlich. Recht sauber abgestimmt, bleibt er hier farblos. Der Hyundai hingegen gibt den klassischen SUV: Er federt, wie es sich für ein großes Auto gehört, und verkneift sich jede Dynamik. Das passt zum 200-PS-Diesel, der an eine Sechsstufenautomatik gekoppelt kraftloser wirkt, als er es tatsächlich ist.
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Der Espace bietet kaum schlechtere Fahrleistungen und wirkt spritziger – obwohl er mit einer Leistung von 160 PS deutlich schwächer ist. Der Ford hingegen verfügt über fast schon sportliche Fahrleistungen, ist mit 210 PS aber auch der Stärkste im Test. Beim Verbrauch enttäuscht nur der SUV, der sich mit einem Testschnitt von 8,3 Litern rund zwei Liter mehr genehmigt als der Espace. Richtig teuer wird's beim Kaufpreis. Mondeo und Espace kosten um die 40 000 Euro – ein riesiger Haufen Geld für Familien. Der Hyundai ist zwar besser ausgestattet, schlägt aber auch mit 43.500 Euro zu Buche. "Welchen hätten S' denn gern?", hätte Robert Lembke jetzt gefragt. Unsere Antwort: den grauen Grenzgänger von Renault.

So haben wir gewertet

Herz – alles, was das Gefühl anspricht: Wie klingt der Motor, ist er stark? Und macht uns das Design an? Das alles passt in die Herz-Betrachtung.  • Kopf – hier wählt der kühle Verstand: Wie viel trinkt der Diesel, wie praktisch ist das Konzept im Alltag, und wie teuer ist das gesamte Paket? Bewertet haben wir hier die absoluten Zahlen. • Durchschnitt – hier geht's um Plätze: Je 100 Prozent für Herz-und Kopf-Wertung. Geteilt durch zwei ergibt das den Durchschnitt. Für alle drei Fahrzeuge gilt aber sowieso: Sie gehören zur Gattung der Familienfreunde – groß und praktisch sind sie nämlich alle.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Der Mut von Renault wird belohnt! Die Franzosen haben sich getraut, die Klassengrenzen von Kombi, Van und SUV aufzuweichen – und ein Auto gebaut, das Herz und Kopf gleichermaßen anspricht. Eine erfrischende Alternative! Der klassische Kombi wirkt dagegen ein wenig angestaubt und viel unpraktischer, ein Konzept wie von gestern. Und das SUV macht zwar optisch was her, ist aber zu schwer und durstig.

Von

Stefan Voswinkel