Diesel in der Luxusklasse – früher so gut vereinbar wie Hund und Katze, heute kein Problem. Audi, BMW und Mercedes beweisen, wie geschmeidig das zusammengeht. Potente Hightech-Selbstzünder mit mächtigen Drehmomentreserven verhelfen den Prestigeschiffen A8 4.2 TDI, 745d und S 420 CDI zu standesgemäß wuchtigen Fahrleistungen – und das bei erträglichen Verbräuchen. Außerdem dürften die daraus resultierenden CO2-Werte selbst Kritiker dieser Luxus-Leistungs-Liga versöhnen. Seit kurzem drängt sich Lexus mit dem LS 600h in die Reihe. Lexus stellt die bewährte Formel auf den Kopf, ergänzt die Rechnung um den Faktor Hybrid. Genau die gleiche Technik, die dem Toyota Prius Umweltpreise beschert und dem Hersteller ein astreines Saubermann-Image liefert. Die Verbindung aus V8- Benziner und 650-Volt-Elektromotor könnte sogar den deutschen Super-Dieseln den Rang ablaufen. Weil der Hybrid im Lexus besonders sparsam arbeitet – und weil die Laufkultur des Systems jeden noch so akkurat gekapselten "Ölmotor" in den Schatten stellt.

Geräuschlos setzt sich der Lexus in Bewegung

So weit jedenfalls die Theorie. Ob das auch in der Praxis aufgeht, kann nur ein Vergleichstest klären. Der neue LS 600h muss sich gegen die drei stärksten Diesel der Luxusklasse behaupten. Dabei wollen wir natürlich ebenfalls wissen: Hält Lexus das Verbrauchsversprechen von weniger als zehn Liter Superbenzin? Das wäre für ein rund 2,3 Tonnen schweres Auto mit stolzen 445 PS ein beeindruckender Wert. Außerdem hätte der LS 600h kaum mehr Durst als unsere drei großen Diesel. Lexus setzt auf den Vollhybrid Das heißt: Der zusätzliche Elektromotor unter der Haube unterstützt nicht nur den Benzinmotor, er kann den LS auch allein antreiben. Das ist in der Praxis ein wichtiger Aspekt. Allein schon, weil sich der LS dadurch beim Anfahren und beim Rangieren völlig geräuschlos, geradezu majestätisch in Bewegung setzt. Erst bei weiter durchgetretenem Gaspedal oder bei schnellerer Fahrt schaltet der V8 zu. Zu spüren ist das allenfalls am Rucken der Drehzahlmessernadel, der Fahrer merkt hiervon nichts. Ein stufenloses Getriebe mit acht programmierten "künstlichen" Schaltstufen überträgt dann die Kraft der beiden Motoren auf alle vier Räder – alles schön elektronisch überwacht und variabel verteilt. Ein Torsen-Differenzial schafft es hier, den Kraftfluss zwischen Vorder- und Hinterachse im Verhältnis von 30:70 bis 50:50 zu variieren.

Auch Audi setzt auf Kraft an allen vier Rädern

Bringt seine Kraft über alle vier Räder auf die Straße: der Audi A8 4.2 TDI
Bringt seine Kraft über alle vier Räder auf die Straße: der Audi A8 4.2 TDI
Was die Kraftverteilung auf zwei Achsen angeht, kann nur der Audi mit seinem quattro-Antrieb gegenhalten. Auch der A8 4.2 TDI verbindet sich über vier angetriebene Räder mit der Straße. Das ist auch gut so, denn der mächtige V8 mit Common-Rail-Direkteinspritzung und Biturbo-Aufladung entwickelt bärige 650 Newtonmeter Drehmoment – die bereits bei lässigen 1600 Touren anliegen. Mercedes setzt noch einen drauf. Der ähnlich gestrickte CDI stemmt 730 Newtonmeter Drehmoment, schickt diese immense Kraft über eine Siebenstufenautomatik an die Hinterräder. Bei BMW läuft es fast genauso. Hier gehen 750 Newtonmeter V8-Kraft ebenfalls an die Hinterräder – allerdings über eine Sechsstufenautomatik. Die Automaten von Audi, BMW und Mercedes lassen sich zudem von Hand schalten, gleichzeitig auf Knopfdruck in einen etwas sportlicheren Modus mit höherliegenden Schaltpunkten bringen.
Aber auch der Antrieb des Lexus bietet über Möglichkeit zum Nachschärfen. Per Tastendruck lässt sich die Leistungsabgabe des Hybridantriebs umstellen (Power-Modus). Dann spricht der Motor-Verbund spontaner an. Die geänderte Kraftentfaltung wirkt sich im Prinzip wie ein direkter ansprechender Wandler aus. Genug Theorie – lassen wir die vier Limousinen auf die Straße gleiten. Das ist das Revier des Lexus. Wie bereits gesagt: Er setzt sich lautlos in Bewegung. Dann geht er in eine säuselnd untermalte Gleitfahrt über, verwöhnt mit beeindruckend entschlossener und linearer Beschleunigung. Nach typischer Manier eines V8-Benziners hält sich die Geräuschkulisse des Motors selbst unter Vollast vornehm zurück. Wäre der Lexus doch auch in puncto Federung so wohlerzogen. Denn sobald die Straßenoberfläche schlechter wird, probt seine Luftfederung den Aufstand. Ausgeprägte Unebenheiten ignoriert der Lexus gern mal, mit jedem Schlag geht ein Zittern durch die Karosserie. Die Lenkung bietet dagegen um so weniger Rückmeldung.

Im BMW wird es bei hohem Tempo ungemütlich

Nicht ohne Kritik: Das Fahrwerk des BMW 745d stresst bei hohem Tempo mit beirrbarem Geradeauslauf.
Nicht ohne Kritik: Das Fahrwerk des BMW 745d stresst bei hohem Tempo mit beirrbarem Geradeauslauf.
Trotz sportlicher Grundhaltung kommt der Audi auf schlechten Straßen besser klar. Zumal die verstellbare Dämpfung im Comfort-Modus ein sanftes Eintauchen in die Federn zulässt. Akustisch lässt er sich den kräftigen Selbstzünder anmerken. Das kernige Arbeitsgeräusch ist wohl Absicht, soll den dynamischen Charakter des A8 unterstreichen – ein Anspruch, den auch der BMW erfüllen will. Der 7er fliegt jedoch mit stärkeren Karosseriebewegungen über wellige Pisten. Was ebenfalls nicht besonders gut zu einer Luxuslimousine passt: Bei hohem Tempo stresst der 745d den Fahrer mit einem arg beirrbaren Geradeauslauf. Perfekt macht es der Mercedes. Hohes Tempo, schlechte Straßen, viele Kurven – egal, die S-Klasse stört sich an nichts. Dazu fügen sich perfekte Federung und einwandfreies, selbsterklärendes Bedienkonzept. Hier kann sich der Fahrer wirklich in Ruhe auf die Straße konzentrieren – während er bei der Konkurrenz stets nach Tasten sucht, in Menüs blättert oder auf Displays herumdrückt. Bei allen erstklassig: die Sitze und das üppige Platzangebot.
Schneller Gleiter: Wie die Konkurrenz schafft auch der Mercedes S 420 CDI locker 250 km/h.
Schneller Gleiter: Wie die Konkurrenz schafft auch der Mercedes S 420 CDI locker 250 km/h.
Vorteil Audi: Das Traktionsplus des Allradantriebs und vor allem der Gewichtsvorteil von 150 Kilo (gegenüber BMW) bis gut 300 Kilo (gegenüber Lexus) bringt den A8 trotz geringeren Drehmoments vor seine Konkurrenten. So stürmt er deutlich schneller auf Tempo 100 als BMW und Mercedes. Auch der Lexus kann hier nicht mithalten. Er zeigt aber beim Zwischenspurt von Tempo 60 auf 100 km/h, wie effektiv Elektro- und Benzinmotor zusammenarbeiten können. Hier legt sich der Elektromotor mit aller Macht ins Zeug, hilft dem V8 eindrucksvoll beim Beschleunigen. Und das ohne Schaltrucke so unspektakulär, dass es sich subjektiv viel langsamer anfühlt als bei den heftig losstürmenden Dieseln. Bei Konstantfahrt arbeitet der Hybridantrieb besonders leise. Allerdings haben die Selbstzünder bei hohem Tempo klar die Nase vorn. Während sich der Lexus-V8 ab Tempo 200 aufwärts nervös im roten Bereich des Drehzahlmessers aufhält, schöpfen Audi, BMW und Mercedes noch Kraft aus der Drehzahlmitte, lassen den Turbodampf der dicken Diesel die Arbeit machen. Die prestigeträchtigen 250 Spitze erreichen letztendlich alle vier Luxus-Riesen ohne Mühe. Genauso problemlos kommen die vier Luxusliner zum Stehen. Alle Bremswegwerte liegen um 38 Meter – das verdient Respekt.

Die japanische Hybrid-Technik hat einen hohen Preis

Mit einem Kaufpreis von rund 85.000 Euro machen Audi und BMW hier die attraktivsten Angebote. Dafür lassen sie es nie an Luxus und Leistung fehlen. Der Mercedes liefert in Sachen Sicherheit einen Tick mehr – ist aber auch 3000 Euro teurer. Lexus kratzt an der 100.000-Euro-Marke. Zu Recht? Was die vollständige Sicherheits- und Komfortausstattung betrifft, dürfen die Japaner diesen Aufschlag gern verlangen. Zumal der LS mit modernsten Assistenzsystemen aufwarten kann. Aber das Verbrauchsversprechen bricht Lexus. Auch wenn minimal 8,4 Liter möglich sind und es hier sicher nicht auf Zehntelliter Verbrauch ankommt, der Unterschied zwischen 12,1 Liter Superbenzin und rund zehn Liter Diesel ist eine Welt. So hat der LS keine guten Aussichten auf Erfolg.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jan Horn

Wer Spaß an neuer, intelligenter Technik hat, wird mit dem LS 600h bestimmt überglücklich. Den versprochenen Verbrauchsvorteil ermittelten wir aber nur bei besonders behutsamer Fahrweise. Die Diesel verlangen da weniger Sorgfalt beim Gasgeben. Dabei besonders schnell: Audi. Sehr prestigeträchtig: der 7er. Bester Allrounder: Mercedes S-Klasse.