Hyundais Sympathieträger stellt sich den großen Erwartungen
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Der Tucson ist Hyundais absoluter Kassenschlager, die Erwartungen an das Kompakt-SUV sind dementsprechend hoch. In der großen Kaufberatung findet AUTO TEST heraus, ob er diese auch erfüllen kann.
Hyundai eröffnet den Text seiner Pressemappe für den Tucson mit folgendem Satz: "Ein Bestseller wird immer besser." Die Tatsache, dass der Tucson das am meisten verkaufte Modell der Südkoreaner in Deutschland ist, können und wollen wir gar nicht in Frage stellen. Was das "immer besser" angeht, hätten wir aber noch die eine oder andere Anmerkung, doch dazu später mehr. Die Modellpflege, die rund zwei Jahre zurückliegt, brachte, wie häufig, ein frischeres Design, neue Assistenten und andere Kleinigkeiten. Seit 2019 fahren alle Diesel mit Mildhybrid-Technik, Hyundai verspricht bis zu zwölf Prozent Ersparnis.
* Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist www.dat.de.
Von der Mildhybrid-Technik hätten wir mehr Ersparnis erwartet
Hyundai Tucson (2020): Neuvorstellung - Sitzprobe - SUV - Preis - Info
Neuer Hyundai Tucson im Check
Bild: Hyundai
Auf dem Papier soll der Zweiliter-Diesel mit 185 PS, Allradantrieb und Achtstufen-Wandlerautomatik, also das Topmodell, moderate 5,7 Liter verbrauchen. Dass uns der Bordcomputer bei der Testfahrt über zweimal rund 440 Kilometer Autobahn dann aber im Schnitt 8,7 Liter anzeigt, überrascht doch etwas. Zugegeben, es gab auch Passagen, da standen mal 150 km/h auf dem Tacho, über den Großteil der Strecke waren es aber zwischen 120 und 130 km/h. Dass der 141 PS stärkere Reihensechszylinder unseres ehemaligen Dauertesters, eines BMW X3 M40d, bei ähnlichem Gewicht rund zwei Liter weniger verbrauchte, spricht nicht gerade für die Mildhybrid-Technik. Der mittlere Diesel mit 136 PS und Siebengang-DKG schaffte mit auf 130 km/h eingestelltem Tempomat einen Wert zwischen 6,5 und 7,0 Liter – angegeben ist er mit 4,9. Das sieht schon besser aus. Dass die Herstellerangaben nur die allerwenigsten Modelle erreichen, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren, im Zuge der angepriesenen Ersparnis haben wir doch mehr erwartet. Auch die Dämmung des Vierzylinders könnte eine Spur besser sein. Die beiden Benziner, ein Turbo mit (177 PS) und ein Sauger mit (132 PS), sind keine Unbekannten und sollen dank einer weiterentwickelten Motorsteuerung fünf Prozent weniger Sprit verbrauchen. Auch diesen Wert konnten wir in der Praxis nicht bestätigen. Klare Empfehlung gilt dem stärkeren Aggregat in Verbindung mit dem knackig zu schaltenden Sechsganggetriebe.
Hyundai hält eisern an der Paketbindung fest
Ein Cockpit, das weder schockt noch begeistert. Saubere Verarbeitung, ordentliche Materialien, dazu eine lobenswerte Ergonomie – mehr braucht es nicht.
Bild: Lena Willgalis / AUTO BILD
Während die Aufpreise für die optionale Ausstattung mehr als in Ordnung gehen, hält Hyundai eisern an seiner Paketbindung fest. Wir kritisieren diese Preispolitik, die vor allem die Hersteller aus dem asiatischen Raum betrifft, nicht zum ersten Mal, wiederholen unsere Kritik aber gern, da wir immer wieder von Lesern kontaktiert werden, die ihren Unmut diesbezüglich äußern. Jüngster Fall: Ein Leser sucht einen Neuwagen mit Schiebedach, will aber auf keinen Fall getönte Scheiben ab der B-Säule. Keine allzu leichte Aufgabe. Bei Hyundai bleibt da beispielsweise nur die Linie Trend, denn das Schiebedach (1200 Euro) steht in den Linien Pure und Select nicht zur Wahl, Style, N Line und Premium kommen ausschließlich mit getönten Scheiben. Den größten Spielraum bietet Ihnen da noch die Linie Style (ab 29.990 Euro) mit dem Soundsystem von Krell, der elektrischen Heckklappe (jeweils 500 Euro), dem erwähnten Schiebedach oder schlüssellosem Zugang (350 Euro). Abraten wollen wir Ihnen, so attraktiv der Preis auch sein mag, von der Basislinie Pure. Nicht ein einziges Extra, vom Metalliclack einmal abgesehen, lässt sich mit dieser Linie bestellen. Nur bedingt raten wir zum Sicherheits-Paket, das den Adaptivtempomat (1500 Euro ab Style) mitbringt, den Hyundai, genau wie Kia, ausschließlich an die beiden Automatikgetriebe koppelt.
360-Grad-Kamera, Totwinkel- und Querverkehrswarner arbeiten ohne Probleme, der Adaptivtempomat ist dagegen fast ein Totalausfall. Speziell in langen Kurven hält die Technik andere Fahrzeuge auf der rechten Spur, während der Tucson selbst auf der mittleren fuhr, für unmittelbar vorausfahrend. Mit maximal eingestelltem Abstand bremste der Wagen so unnötig und vor allem stark ab, um den Abstand einzuhalten. Beim baugleichen Kia Sportage konnten wir Probleme dieser Art nicht feststellen. Die Paketbindung bringt letztlich aber nicht nur Nachteile mit sich. Hyundai bestückt die Sicherheits-Pakete sehr großzügig, berechnet darüber hinaus faire Preise. Das gilt gleichermaßen für die empfehlenswerten LED-Scheinwerfer inklusive Fernlichtassistent für 900 Euro. Auch das Navi-Paket offeriert für 700 Euro reichlich Annehmlichkeiten (Rückfahrkamera, digitaler Radioempfang, kabelloses Laden, Verkehrszeichenerkennung). Extras, die einheimische Hersteller schnell mit Beträgen im mittleren vierstelligen Bereich quittieren.
Das komfortable Raumangebot bleibt erhalten
Ausreichend Platz gibt's auch für große Mitreisende über 1,90 m. Die Sitzheizung (äußere Plätze) zählt ab der Linie Style zur Serienausstattung.
Bild: Lena Willgalis / AUTO BILD
Unverändert großzügig zeigt sich der Tucson bei der Raumökonomie. Gerade in der zweiten Reihe reisen Passagiere dank hoher Dachlinie, einer gut gepolsterten Rückbank mit ordentlicher Oberschenkelauflage und viel Beinfreiheit auch auf langen Strecken bequem. Die in der Neigung einstellbare Rückenlehne erlaubt zusätzliche Justierung. Die Vordersitze bieten ebenso reichlich Komfort, dürften aber mit dem Modellwechsel, der nächstes Jahr ansteht, gern eine einstellbare Oberschenkelauflage mitbringen. Wer eine Lederausstattung inklusive Sitzlüftung (1600 Euro) bevorzugt, der muss zur Toplinie Premium (ab 35.400 Euro) greifen; auch hier dürfte sich Hyundai gern einen Ruck geben und diese schon für Style anbieten. Darunter gibt es lediglich eine Stoff- beziehungsweise Stoff-Leder-Version. Im Kofferraum warten keine Überraschungen. Mit bis zu 1503 Litern liegt er im guten Durchschnitt, die Ladekante ist mit 75 cm weder überdurchschnittlich hoch noch niedrig. Beim Umlegen der Rückbank entsteht eine ebene Ladefläche, die das Durchschieben größerer Gegenstände erleichtert. Die Hutablage lässt sich platzsparend unterm Kofferraumboden verstauen; alles nichts Neues, aber eben erfreulich praktisch. Doch auch hier haben wir noch ein, zwei Anmerkungen für den nächsten Tucson: Eine Entriegelung der Rückbank vom Kofferraum aus wäre schön, genau wie eine Durchlademöglichkeit für Skier oder Ähnliches. Hier bieten einige Konkurrenten mehr Nutzwert.
Für sportliches Fahren ist der Tucson die falsche Wahl
Über Unebenheiten holpert der Tucson besonders mit den 19-Zoll-Alus relativ unsanft hinweg.
Bild: Lena Willgalis / AUTO BILD
Wir kommen noch einmal auf die Pressemitteilung zurück. Hyundai wirbt mit einem vielfach bewährten Fahrwerk mit Einzelradaufhängung vorn und Multilenkerachse hinten, "ausgelegt auf Komforteigenschaften, präzises Handling und Spurstabilität bis in hohe Geschwindigkeitsbereiche". Das dürfte beim nächsten Modell aber gern etwas komfortabler vonstattengehen, ein optionales Adaptivfahrwerk wäre freilich noch besser. Über Unebenheiten holpert der Tucson nämlich besonders mit den 19-Zoll-Alus relativ unsanft hinweg. Die Lenkung zeigt sich gefühllos, wenig zielgenau. Gerät die Kurve etwas enger, neigt der Tucson zu deutlichem Untersteuern. Bei geringem Tempo gleicht das der Allradantrieb wieder aus. Für eine sportlich-ambitionierte Fahrweise ist er letztlich aber zu hoch und vor allem zu schwer. Wer hier seinen Fokus, in welcher Form auch immer, setzt, sollte sich besser bei Herstellern umschauen, die sportliche Kombis anbieten. Tendieren Sie zu den Ausstattungslinien N Line oder Premium, die beide serienmäßig auf 19-Zoll-Rädern vom Band rollen, fragen Sie, sofern Sie ein komfortables Abrollverhalten bevorzugen, nach einer kleineren Rädervariante aus dem Zubehör – das schont sowohl Ihren Geldbeutel als auch Ihr Kreuz.