ITS Weltkongress 2021: künstliche Intelligenz, letzte Meile, Digitalisierung
Verstopfte Straßen durch Online-Handel: Sind wir in den Großstädten geliefert?
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Mehr Online-Bestellungen, mehr Lieferdienste, mehr verstopfte Straßen: Sind wir in den Städten geliefert? Auch auf der ITS 2021 wird nach schlauen Lösungen gesucht.
Bild: Hauke Schrieber / AUTO BILD
Eine Fahrt durch Hamburg-Eimsbüttel an einem gewöhnlichen Wochentag gibt dem Autofahrer oft das Gefühl, sich auf einem nicht ganz ungefährlichen Hindernisparcours zu befinden: geblockt von einem DHL-Laster, ausgebremst durch einen UPS-Truck, zu riskanten Slalomfahrten gezwungen zwischen diversen Paketlieferwagen, die nur scheinbar verlassen in zweiter Reihe parken.Der Boom bei nach Hause gelieferten Online-Waren geht weiter: In den vergangenen beiden Quartalen stieg die Zahl der Käufe per Klick um rund 15 Prozent, so der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel. Und mit den im Internet bestellten Gütern wächst die Zahl der Transporter, die in Innenstädten für ein Verkehrschaos sorgen. Auch nach Ende der Pandemie wird sich der Trend fortsetzen. Da wächst das ungute Gefühl: Wir sind geliefert.
Drei Lösungsansätze für die "letzte Meile"
E-Lastenrad: Der PAT (Pedal Assisted Transporter) des Berliner Start-ups Onomotion mit Wechsel-Akkus.
Bild: ONO
Wie kann dieses Problem gelöst werden? Auch um diese Frage geht es auf der ITS, dem Weltkongress für smarte Mobilität und digitalisierten Transport, der im Oktober 2021 in Hamburg stattfindet. Drei Maßnahmen sind für die "last mile" entscheidend: Der Transport von Waren auf der "letzten Meile" muss weniger Platz auf den Straßen wegnehmen, möglichst keine lokale Emission verursachen, und er muss zukünftig schlauer berechnet werden, um Wege zu verkürzen. An den Lösungen wird längst gearbeitet: Ein Konzept sieht sogenannte Mikrohubs vor – zentral gelegene Zwischenlager, von denen aus elektrische Lastenfahrräder Lieferungen bis zur Haustür transportieren. Das Berliner Start-up Onomotion hat erste Fahrzeuge mit zwei Kubikmeter Ladevolumen und 220 Kilo Zuladung bereits auf die Straßen gebracht. Erste Kunden sind unter anderem Hermes, DPD und Rewe.
Schmale Lkw und künstliche Intelligenz
Der Lebensmittel-Transporter von Picnic: 1,30 Meter breit, E-Antrieb, maximal 50 km/h schnell.
Bild: Aleksander Perkovic / AUTO BILD
Auch klassische Lieferwagen haben Verbesserungspotenzial: In Nordrhein-Westfalen liefern seit gut zwei Jahren extra schmale Lkw Waren des Online-Händlers Picnic aus. Die Trucks des französischen Herstellers Goupil fahren rein elektrisch und sind nur 1,30 Meter breit. Platz genug zum Überholen. Das Start-up Graphmasters aus Hannover schließlich nutzt künstliche Intelligenz zur Routenoptimierung. Das spart Zeit und Sprit. Graphmasters wird auch auf der ITS in Hamburg vertreten sein.
"Belastung für die Bewohner herunterfahren"
Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) setzt auf Digitalisierung.
Bild: Daniel Reinhardt / Senatskanzlei
Der parteilose Hamburger Senator für Wirtschaft und Innovation, Michael Westhagemann, erklärt: "Gütertransporte spielen in Metropolen eine wesentliche Rolle. Aber wir müssen die Belastung der Bewohner durch innerstädtische Lieferverkehre herunterfahren. Hierfür nutzen wir die Digitalisierung, um smarte Projekte auf den Weg zu bringen. Denn die Innenstadtlogistik der Zukunft ist sauber, leise und effizient." Der Plan ist nicht neu. Doch es gibt auch Rückschläge: Der E-Lieferwagen StreetScooter der Deutschen Post steht nach Qualitätsproblemen vor dem Produktions-Aus. Und Lieferungen aus der Luft mit Transport-Drohnen fehlt es ebenso noch an den Genehmigungen wie autonomen Lieferfahrzeugen.
Pionier mit Problemen: StreetScooter liefert seit 2017 Post rein elektrisch aus, trotz Qualitätsmängeln.
Bild: Deutsche Post
"Das wird sicherlich auch noch rund fünf Jahre dauern", prognostiziert David Hubbard von Here Last Mile. Die Tochterfirma des Navigationsprogramms Here wurde Anfang des Jahres gegründet, um Flottenmanager und Kurierfahrer auf der letzten Meile mit ihren Innovationen zu unterstützen. An Here beteiligt sind unter anderem Audi, BMW, Daimler, Bosch, Continental. In dem Kampf gegen den Verkehrsinfarkt in unseren Innenstädten arbeiten neben Start-ups also auch – Seite an Seite – die ganz großen Konzerne.