Eine Fahrt durch Hamburg-Eimsbüttel an ei­nem gewöhnlichen Wochen­tag gibt dem Autofahrer oft das Gefühl, sich auf einem nicht ganz ungefährlichen Hindernis­parcours zu befinden: geblockt von einem DHL-Laster, ausge­bremst durch einen UPS-Truck, zu riskanten Slalomfahrten ge­zwungen zwischen diversen Paket­lieferwagen, die nur scheinbar ver­lassen in zweiter Reihe parken.Der Boom bei nach Hause ge­lieferten Online-Waren geht wei­ter: In den vergangenen beiden Quartalen stieg die Zahl der Käufe per Klick um rund 15 Prozent, so der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel. Und mit den im Internet bestellten Gütern wächst die Zahl der Transporter, die in In­nenstädten für ein Verkehrschaos sorgen. Auch nach Ende der Pan­demie wird sich der Trend fortset­zen. Da wächst das ungute Gefühl: Wir sind geliefert.

Drei Lösungsansätze für die "letzte Meile"

ITS-Weltkongress
E-Lastenrad: Der PAT (Pedal Assisted Trans­porter) des Berliner Start-ups Onomotion mit Wechsel-Akkus.
Bild: ONO
Wie kann dieses Problem gelöst werden? Auch um diese Frage geht es auf der ITS, dem Weltkongress für smarte Mobilität und digitali­sierten Transport, der im Oktober 2021 in Hamburg stattfindet. Drei Maßnahmen sind für die "last mile" entscheidend: Der Transport von Waren auf der "letz­ten Meile" muss weniger Platz auf den Straßen wegnehmen, mög­lichst keine lokale Emission verursachen, und er muss zukünftig schlauer berechnet werden, um Wege zu verkürzen. An den Lösungen wird längst gearbeitet: Ein Konzept sieht so­genannte Mikrohubs vor – zentral gelegene Zwischenlager, von de­nen aus elektrische Lastenfahrräder Lieferungen bis zur Haustür transportieren. Das Berliner Start-up Onomotion hat erste Fahrzeu­ge mit zwei Kubikmeter Ladevolumen und 220 Kilo Zuladung bereits auf die Straßen gebracht. Erste Kunden sind unter anderem Hermes, DPD und Rewe.

Schmale Lkw und künstliche Intelligenz

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Der Lebensmittel-Transporter von Picnic: 1,30 Meter breit, E-Antrieb, maximal 50 km/h schnell.
Bild: Aleksander Perkovic / AUTO BILD
Auch klassische Lieferwagen haben Verbesserungspotenzial: In Nordrhein-Westfalen liefern seit gut zwei Jahren extra schmale Lkw Waren des Online-Händlers Picnic aus. Die Trucks des französischen Herstellers Goupil fahren rein elektrisch und sind nur 1,30 Meter breit. Platz genug zum Überholen. Das Start-up Graphmasters aus Hannover schließlich nutzt künst­liche Intelligenz zur Routenoptimierung. Das spart Zeit und Sprit. Graphmasters wird auch auf der ITS in Hamburg vertreten sein.

"Belastung für die Bewohner herunterfahren"

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Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) setzt auf Digitalisierung.
Bild: Daniel Reinhardt / Senatskanzlei
Der parteilose Hamburger Sena­tor für Wirtschaft und Innovation, Michael Westhagemann, erklärt: "Gütertransporte spielen in Metro­polen eine wesentliche Rolle. Aber wir müssen die Belastung der Bewohner durch innerstädtische Lieferverkehre herunterfahren. Hierfür nutzen wir die Digitalisie­rung, um smarte Projekte auf den Weg zu bringen. Denn die Innen­stadtlogistik der Zukunft ist sau­ber, leise und effizient." Der Plan ist nicht neu. Doch es gibt auch Rückschläge: Der E-Lieferwagen StreetScooter der Deutschen Post steht nach Qualitätsproblemen vor dem Produktions-Aus. Und Liefe­rungen aus der Luft mit Trans­port-Drohnen fehlt es ebenso noch an den Genehmigungen wie autonomen Lieferfahrzeugen.

Auch Audi, BMW, Daimler und Co. mischen mit

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Pionier mit Problemen: StreetScooter liefert seit 2017 Post rein elektrisch aus, trotz Qualitätsmängeln.
Bild: Deutsche Post
"Das wird sicherlich auch noch rund fünf Jahre dauern", pro­gnostiziert David Hubbard von Here Last Mile. Die Tochterfirma des Navigationsprogramms Here wurde Anfang des Jahres gegründet, um Flottenmanager und Kurierfahrer auf der letzten Meile mit ihren Innovationen zu unterstützen. An Here beteiligt sind unter anderem Audi, BMW, Daimler, Bosch, Continental. In dem Kampf gegen den Verkehrsinfarkt in unseren Innenstäd­ten arbeiten neben Start-ups also auch – Seite an Seite – die ganz gro­ßen Konzerne.