Es ist ein wenig wie in einem Teich: Wie wild tummeln sich unzählbare Fische, schwimmen hin und her, kreuz und quer. Alle gleich. Nur einer ist anders. Ein Einzelgänger. Genau so stellt sich die Lage im Feld der günstigen Kastenwagen dar. Hier hat der Fiat Ducato den Markt fest im Griff. Nennenswertes Gerangel gibt es kaum, und wenn, dann treten vereinzelt Citroën Jumper oder Peugeot Boxer an, im Prinzip weitgehend baugleiche Derivate, die alle aus dem gleichen Werk in Sevel stammen. Dass sich Fiat so unverzichtbar positionieren konnte, hat nicht nur mit dem guten Marketing der Italiener zu tun. Auch das Fahrzeug überzeugt: Es ist günstig, erwiesen solide, zudem besitzt seine Karosserie eine konsequente Kastenform mit Maßen, die sich passgenau für den Einsatz als Wohnmobil eignen. So weit, so gut. Denn wirklich spannend wird es, wenn Alternativen antreten, um sich mit dem Establishment zu messen. Diese Rolle übernimmt in unserem Trio der Ahorn Camp Van 620, der auf Basis des Renault Master entsteht. Nicht nur seine Länge von 6,20 Metern ist für den Ducato-Kosmos ungewohnt. Auch der starke Biturbo-Diesel lohnt einen genauen Blick.

Ahorn Camp Van 620: Ein Kasten auf Französisch

Ahorn Van 620
Der Renault wirkt wegen des langen Radstands sehr gestreckt.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Ahorn macht's gern etwas anders. Was die Etablierten als Standard definieren, spielt für das junge­­ Team aus Speyer nur dann eine Rolle, wenn es für sie auch wirklich Sinn ergibt. Das klingt ein wenig nach Nonkonformismus, und das ist es auch. Ahorn erfindet die Welt der Kastenwagen zwar nicht wirklich neu, das zeigen die Grundrisse, die sich dem bewährten Layout unterwerfen. Doch als technische Basis setzt Ahorn seit seinem Neustart vor sieben Jahren auf Renault – und nicht auf Fiat. Der Master, so heißt die Transporterbaureihe der Franzosen, fällt unter Reisemobilen nicht nur auf, sondern kann auch mit seinem Angebot überzeugen. So tritt der Biturbo-­Diesel überzeugend leichtfüßig an, gibt sich agil und wirkt so mitunter mehr als Pkw, als es die Optik erwarten lässt. Zudem konnte Renault früher als Fiat die 6d­Temp­-Vorgaben erfüllen. Ein weiterer Grund war, dass der Vertrieb über Renault­-Händler reizvoll schien, die im Feld der Reisemobile zuvor noch ohne Offerte waren.
Vieles jedoch erinnert an die aus dem Ducato bekannte Transporterwelt. Das viele Hartplastik im Cockpit gehört dazu, ebenso der aufpreispflichtige Airbag für den Beifahrer, den Ahorn im 2525 Euro teuren Chassis­-Paket liefert. Mit dabei sind dann elektrische Fensterheber und Außenspiegel, eine Geschwindigkeitsregelung und Assistenten für Traktion sowie das Anfahren am Berg – und, immerhin, Schmutzfänger vorn plus Armlehnen an den komfortablen vorderen Sitzen, auf denen sich auch große Menschen gut aufgehoben fühlen. Eine aufblasbare Lordosenstütze und das verschiebbare Sitzkissen helfen dem Fahrer, seine ideale Position hinter dem Steuer zu finden. Dass der Ahorn Camp Van sich auf der Straße so agil gibt, liegt am antrittsstarken 150­-PS­-Biturbo, der eine spürbare Extradosis mehr Elastizität und Drehmoment ins Rennen wirft als die mitfahrenden Ducato. Viel handlicher jedoch ist der Renault nicht: Mit seinen 6,20 Metern fällt er zwar deutlich kürzer aus als die 6,36 Meter langen Forster und Weinsberg, übertrifft aber deutlich den Ducato-­Radstand: 4,33 Meter liegen die Achsen des Renault Master auseinander, rund 30 Zentimeter mehr als beim Italiener. Das kostet Punkte im Handling – und ist in der Seitenansicht deutlich zu sehen. Die Proportionen unterscheiden sich enorm. (Überblick: alles zum Thema Wohnmobile)

Zu viert wird es im Ahorn ganz schön eng

Ahorn Van 620
Die Möbel und Polster im Ahorn spielen gekonnt mit Kontrasten.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Innen führt das kürzere Außenmaß durchaus zu Konsequenzen. So fallen die Einzelbetten mit rund 1,90 Meter eher knapp aus, das Bad bleibt eng, und das Sitzen am Tisch funktioniert nur, weil Ahorn ihn mit einer klappbaren Platte konstruiert hat. Zu viert reist es sich im Van eher beengt. Da ist es nur konsequent, dass Ahorn bei der Heizung Platz gespart hat. Der Van kommt mit einem dieselbetriebenen Aggregat, das zwar nicht kompakter ausfällt, aber eben keinen großen Gasvorrat benötigt. Eine Elf­-Kilo­-Flasche genügt sehr lange zum Kochen. Viel Mühe hat sich das Ahorn-Team beim Design gegeben. Das eher untypische Blau ist damit weniger gemeint, eher schon die bündig sitzenden Seitz­-Rahmenfenster, die bereits außen für eine hochwertige Optik sorgen. Innen kontrastieren urbane Grau­ und Weißtöne, dazu kommt eine schicke schwarze Glasplatte als Küchenarbeitsfläche – das ist ein echter Hingucker, ebenso wie die große verchromte Wasserarmatur. Wer auf rustikale Optik steht, wird mit dem Ahorn Camp Van also kaum glücklich. Eine Oberfläche in Holzoptik gibt es dann aber doch: den trendigen Schiffsboden.

Forster V 636 EB: Mit jugendlicher Unbekümmertheit

Forster V 636 EB
In simplem Weiß, dazu grüne Akzente: Der Forster bleibt unauffällig.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Forster ist als Marke noch längst nicht jedem in der Reisemobilwelt ein Begriff. Dabei kommt er aus einem guten Stall: Hinter dem Namen steht die französische Trigano-­Gruppe, eine der ganz Großen der Branche. Und Marktführer: Kein Konzern verkauft mehr Reisemobile in Europa. Unter den vielen Marken, die Trigano in seinem Angebot führt (darunter Eura, Karmann und Adria), soll Forster für Jugend und Frische stehen – und für einen günstigen Preis, der die Schwelle für den Einstieg in die Welt des Caravanings niedrig legen soll. Ein Blick auf die Preisliste zeigt, dass sie es ernst meinen: 38.990 Euro lautet der Grundpreis für den V 636 EB, immerhin ein 6,36­ Meter-­Ducato mit allem an Bord, was es für das Leben unterwegs braucht. Klar, dass dabei der Komfort nicht allzu üppig ausfallen kann: Das sogenannte "Reisekomfort­-Paket" mit Klima, elektrischen Spiegeln und Radiovorbereitung kostet 1160 Euro extra. Mehr Sicherheit – also Beifahrer­-Airbag, die Fiat­-Assistenten für mehr Traktion, Bergabfahren sowie Geschwindigkeitsregelung – erhöht die Rechnungssumme um weitere 670 Euro.

Der Forster bietet einige pfiffige Lösungen

Forster V 636 EB
Im Forster-Heck schläft es sich wie in einer gemütlichen Koje.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Zudem lässt der einfach ausgestattete Forster naturgemäß auch Raum für weiteren Luxus. Den bietet zum Beispiel das Aktiv-­Paket für 970 Euro: Dann sind eine Insektengittertür ebenso an Bord wie eine zweite, ausdrehbare Tischplatte, eine elektrische Stufe sowie die Verdunkelung für das Fahrerhaus. Alles Dinge, die im Alltag durchaus hilfreich sind. Dennoch punktet der Forster beim Preis: Am Ende stehen bei unserem Testwagen, der noch mit weiteren Extras wie beispielsweise einem 140­-PS-­Motor oder einer Markise lockt, nicht mehr als 44.960 Euro auf dem Bestellbogen. Ein fairer Tarif – wenn die Leistung passt. Zwar kann auch ein großes Haus wie Trigano trotz routinierter Serienfertigung nicht zaubern. Und so bleibt beim Blick auf Details nicht verborgen, dass Forster keine Finesse auf elaboriertem Niveau anstrebt – doch das haben sie ja auch nicht versprochen. Dafür fallen einige pfiffige Lösungen ins Auge, die es zu erwähnen gilt: So lässt sich der Dinettentisch leicht herausnehmen und außen am Küchenblock einhängen – voilà, schon kann der Campingtisch zu Hause bleiben. Oder aber das Waschbecken, das sich zur Seite schieben lässt und so mehr Platz zum Duschen schafft. Dass es dünnwandig und labil ist, bremst die Freude über diese Idee wieder ein wenig. Ebenso wie der Duschvorhang, der ständig im Weg baumelt.

Die Möbel sorgen für einen ordentlichen Geräuschteppich

Richtig clever dagegen haben sie bei Forster das Heck gelöst. Unter den nur rund 190 Zentimeter langen Einzelbetten findet sich nämlich ein praktischer Doppelboden. Er schluckt problemlos Schuhe und Sportgerät wie Skier. Während darüber genügend Stauraum bleibt, vor allem, wenn beide Betten hochgeklappt und die Stauboxen ausgebaut sind. Ein Manko bleibt jedoch: Zum Betreten, so warnt die Bedienungsanleitung, eignet sich diese Kellerplatte nicht. Unterwegs spürt man dann im Forster wieder der günstigen Preis. Zum einen, weil das Basis­-Cockpit des Ducato mit seinem rustikalen Charme sehr an seine Transporter-­Gene erinnert. Zum anderen, weil neben dem vorn vernehmlich nagelnden Fiat­-Diesel von hinten die Möbel einen Geräuschteppich aus Knistern, Zwitschern und Zirpen senden. Dennoch: In seiner Unbekümmertheit steckt auch eine Menge Jugend. Und so bleibt der Forster treu auf seinem Kurs.

Weinsberg CaraBus 630 ME: Mit Eleganz und gut durchdacht

Weinsberg ist ein Name mit großer Tradition. Heute gehört die Wohnmobilsparte zu Knaus Tabbert. Und dort nennen sie den Kastenwagen nicht Kastenwagen, sondern neudeutsch CUV. Das steht für den Zungenbrecher Caravaning Utility Vehicle. Zwar benutzt außer den Reklame­-Leuten kein Mensch diesen Begriff, aber sei's drum. Die Marke Weinsberg spielt, völlig unabhängig vom Gattungsnamen, in diesem bei Kunden beliebtesten Segment eindrucksvoll auf. CaraBus heißt die Modellreihe, die mit sieben Grundrissen eine Menge Variabilität bietet. Zu unserem Vergleich tritt der CaraBus 630 ME an. Auf Basis des 6,36 Meter langen Fiat Ducato bietet er einen klassischen Grundriss mit zwei Einzelbetten im Heck. Bis zu fünf Personen können in ihm schlafen: Ein Gästebett entsteht im Bereich der Sitzgruppe (250 Euro), zwei großzügig bemessene weitere Schlafplätze würden sich in dem nun als Novität lieferbaren Aufstelldach (ab 3898 Euro) finden, das Knaus Tabbert mit viel Einsatz neu entwickelt hat. Dieses Extra findet sich an unserem Exemplar nicht.

Solide und seriös geht es im Weinsberg zu

Weinsberg CaraBus 630 ME
Der Material- und Farbmix im Weinsberg schafft eine wohnliche Atmosphäre.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Grundsätzlich beginnt der Spaß bei knapp 43.500 Euro. Inklusive der hier gezeigten Sonderausstattung – unter anderem Vier-­Meter-Markise, Klimaanlage, Beifahrerairbag und Wasserfiltersystem – reißt der CaraBus die magische 50.000­-Euro­-Grenze deutlich. Dafür bietet der Kastenwagen eine ganze Menge. Schon optisch wirkt er reizvoll und erwachsen, besonders in dem silbrigen Aluminiumgrau (580 Euro). Solide und seriös setzt er das im Inneren fort: sehr wohnlich, in angenehm rötlich­warmem Holzton, der Boden in Schiffsdielenoptik. Apropos warm: Dank der vielen gut platzierten Heizungsauslässe dürfte es im Winter schön mollig werden. Damit es nicht allzu rustikal wirkt, bleiben die Klappen der Dachstauschränke weiß. Stoffbespannte Seitenwände mögen nicht ideal zum Reinigen sein, angenehm im Alltag unterwegs sind sie jedoch. Beim Grundriss bleibt der CaraBus 630 ME der klassischen Linie treu: Der Küchenblock ragt in die Schiebetüröffnung, das kompakte Bad – mit kleinem Fenster als Option für 251 Euro extra – steht zwischen Sitzbank und den beiden Einzelbetten, die sich hochklappen lassen, wenn Sperriges zu transportieren ist. Vier Verzurrösen helfen dabei.

Die Möbel klappern deutlich leiser als bei den Mitbewerbern

Für Riesen ist der CaraBus nichts. In der Dusche ist bei 1,90 Meter Schluss, zudem muss der Vorhang so fummelig eingeknüpft werden, wie sich der Brauseschlauch herausziehen und zurückschieben lässt. Das Waschbecken fällt sehr klein aus. Immerhin gibt's drei Fächer in der Wandverkleidung – und ein herausdrehbares Brett, das für Utensilien als Ablage dient. Großzügig ist der Spiegel, der bis in Hüfthöhe reicht. Die Küche gegenüber bietet eine Menge Stauraum, und dank einer herausklappbaren Erweiterung – ein empfehlenswertes Extra – auch etwas Arbeitsfläche. Der wie im Forster hoch montierte Kühlschrank lässt sich optimal erreichen, der Schrank darunter dient dank einer Kleiderstange als universell nutzbares Fach. Platz bietet der CaraBus generell genug: Im Heck gibt es über den Betten sechs Dachstaufächer, zudem eine herausschraubbare Box am Boden, die zugleich als Stauraum wie als Trittstufe dient. Die Innenausstattung ist bis ins Detail durchdacht. Im Heck finden sich Steckdosen für 230 Volt und USB, auch zwei Leseleuchten sind vorhanden. Hochwertig ist sie auch: Der CaraBus sieht nicht nur nach Qualität aus, er bietet sie auch. Auf unebener Straße klappern die Möbel eine ganze Klasse leiser als seine beiden Mitbewerber. Der Rest ist: typisch Ducato. In diesem Fall ein Hartplastiklenkrad, immerhin mit Bedientasten, die normale Sechsgangschaltung, die in Verbindung mit dem 120-PS-Basismotor ihre Sache durchaus ordentlich macht. Wem das zu wenig Wumms ist, greift besser zur 140-PS-Version, die aktuell 770 Euro extra kostet. Nach oben bleibt dann immer noch viel Luft: Mit Maxi-Chassis und dem mit 180 PS stärksten Motor steigt der Preis sogar um 4991 Euro.

Bildergalerie

Ahorn Van 620      Weinsberg CaraBus 630 ME        Forster V 636 EB
Ahorn Van 620
Ahorn Van 620
Kamera
Ahorn, Forster, Weinsberg: Kastenwagen im Test
Fazit von Thomas Wirth: Alle drei wildern im gleichen Becken, im Boomsegment der Kastenwagen um 50.000 Euro. Und obwohl sich die Grundkonzepte ähneln, verfolgt jedes der drei Mobile seine eigene, berechtigte Strategie. Das lässt genügend Raum für die individuelle Wahl.

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