Kastenwagen von Ahorn, Forster und Weinsberg: Wohnmobil-Test
Boomsegment Kastenwagen – drei Exemplare um 50.000 Euro im Test

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Die Wohnmobil-Branche boomt – besonders im Einstiegssegment der Kastenwagen. In diesem Vergleich treten drei günstige Kontrahenten gegeneinander an.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Es ist ein wenig wie in einem Teich: Wie wild tummeln sich unzählbare Fische, schwimmen hin und her, kreuz und quer. Alle gleich. Nur einer ist anders. Ein Einzelgänger. Genau so stellt sich die Lage im Feld der günstigen Kastenwagen dar. Hier hat der Fiat Ducato den Markt fest im Griff. Nennenswertes Gerangel gibt es kaum, und wenn, dann treten vereinzelt Citroën Jumper oder Peugeot Boxer an, im Prinzip weitgehend baugleiche Derivate, die alle aus dem gleichen Werk in Sevel stammen. Dass sich Fiat so unverzichtbar positionieren konnte, hat nicht nur mit dem guten Marketing der Italiener zu tun. Auch das Fahrzeug überzeugt: Es ist günstig, erwiesen solide, zudem besitzt seine Karosserie eine konsequente Kastenform mit Maßen, die sich passgenau für den Einsatz als Wohnmobil eignen. So weit, so gut. Denn wirklich spannend wird es, wenn Alternativen antreten, um sich mit dem Establishment zu messen. Diese Rolle übernimmt in unserem Trio der Ahorn Camp Van 620, der auf Basis des Renault Master entsteht. Nicht nur seine Länge von 6,20 Metern ist für den Ducato-Kosmos ungewohnt. Auch der starke Biturbo-Diesel lohnt einen genauen Blick.
Ahorn Camp Van 620: Ein Kasten auf Französisch

Der Renault wirkt wegen des langen Radstands sehr gestreckt.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Vieles jedoch erinnert an die aus dem Ducato bekannte Transporterwelt. Das viele Hartplastik im Cockpit gehört dazu, ebenso der aufpreispflichtige Airbag für den Beifahrer, den Ahorn im 2525 Euro teuren Chassis-Paket liefert. Mit dabei sind dann elektrische Fensterheber und Außenspiegel, eine Geschwindigkeitsregelung und Assistenten für Traktion sowie das Anfahren am Berg – und, immerhin, Schmutzfänger vorn plus Armlehnen an den komfortablen vorderen Sitzen, auf denen sich auch große Menschen gut aufgehoben fühlen. Eine aufblasbare Lordosenstütze und das verschiebbare Sitzkissen helfen dem Fahrer, seine ideale Position hinter dem Steuer zu finden. Dass der Ahorn Camp Van sich auf der Straße so agil gibt, liegt am antrittsstarken 150-PS-Biturbo, der eine spürbare Extradosis mehr Elastizität und Drehmoment ins Rennen wirft als die mitfahrenden Ducato. Viel handlicher jedoch ist der Renault nicht: Mit seinen 6,20 Metern fällt er zwar deutlich kürzer aus als die 6,36 Meter langen Forster und Weinsberg, übertrifft aber deutlich den Ducato-Radstand: 4,33 Meter liegen die Achsen des Renault Master auseinander, rund 30 Zentimeter mehr als beim Italiener. Das kostet Punkte im Handling – und ist in der Seitenansicht deutlich zu sehen. Die Proportionen unterscheiden sich enorm. (Überblick: alles zum Thema Wohnmobile)
Zu viert wird es im Ahorn ganz schön eng

Die Möbel und Polster im Ahorn spielen gekonnt mit Kontrasten.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Forster V 636 EB: Mit jugendlicher Unbekümmertheit

In simplem Weiß, dazu grüne Akzente: Der Forster bleibt unauffällig.
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Der Forster bietet einige pfiffige Lösungen

Im Forster-Heck schläft es sich wie in einer gemütlichen Koje.
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Die Möbel sorgen für einen ordentlichen Geräuschteppich
Richtig clever dagegen haben sie bei Forster das Heck gelöst. Unter den nur rund 190 Zentimeter langen Einzelbetten findet sich nämlich ein praktischer Doppelboden. Er schluckt problemlos Schuhe und Sportgerät wie Skier. Während darüber genügend Stauraum bleibt, vor allem, wenn beide Betten hochgeklappt und die Stauboxen ausgebaut sind. Ein Manko bleibt jedoch: Zum Betreten, so warnt die Bedienungsanleitung, eignet sich diese Kellerplatte nicht. Unterwegs spürt man dann im Forster wieder der günstigen Preis. Zum einen, weil das Basis-Cockpit des Ducato mit seinem rustikalen Charme sehr an seine Transporter-Gene erinnert. Zum anderen, weil neben dem vorn vernehmlich nagelnden Fiat-Diesel von hinten die Möbel einen Geräuschteppich aus Knistern, Zwitschern und Zirpen senden. Dennoch: In seiner Unbekümmertheit steckt auch eine Menge Jugend. Und so bleibt der Forster treu auf seinem Kurs.
Weinsberg CaraBus 630 ME: Mit Eleganz und gut durchdacht
Weinsberg ist ein Name mit großer Tradition. Heute gehört die Wohnmobilsparte zu Knaus Tabbert. Und dort nennen sie den Kastenwagen nicht Kastenwagen, sondern neudeutsch CUV. Das steht für den Zungenbrecher Caravaning Utility Vehicle. Zwar benutzt außer den Reklame-Leuten kein Mensch diesen Begriff, aber sei's drum. Die Marke Weinsberg spielt, völlig unabhängig vom Gattungsnamen, in diesem bei Kunden beliebtesten Segment eindrucksvoll auf. CaraBus heißt die Modellreihe, die mit sieben Grundrissen eine Menge Variabilität bietet. Zu unserem Vergleich tritt der CaraBus 630 ME an. Auf Basis des 6,36 Meter langen Fiat Ducato bietet er einen klassischen Grundriss mit zwei Einzelbetten im Heck. Bis zu fünf Personen können in ihm schlafen: Ein Gästebett entsteht im Bereich der Sitzgruppe (250 Euro), zwei großzügig bemessene weitere Schlafplätze würden sich in dem nun als Novität lieferbaren Aufstelldach (ab 3898 Euro) finden, das Knaus Tabbert mit viel Einsatz neu entwickelt hat. Dieses Extra findet sich an unserem Exemplar nicht.
Solide und seriös geht es im Weinsberg zu

Der Material- und Farbmix im Weinsberg schafft eine wohnliche Atmosphäre.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Die Möbel klappern deutlich leiser als bei den Mitbewerbern
Für Riesen ist der CaraBus nichts. In der Dusche ist bei 1,90 Meter Schluss, zudem muss der Vorhang so fummelig eingeknüpft werden, wie sich der Brauseschlauch herausziehen und zurückschieben lässt. Das Waschbecken fällt sehr klein aus. Immerhin gibt's drei Fächer in der Wandverkleidung – und ein herausdrehbares Brett, das für Utensilien als Ablage dient. Großzügig ist der Spiegel, der bis in Hüfthöhe reicht. Die Küche gegenüber bietet eine Menge Stauraum, und dank einer herausklappbaren Erweiterung – ein empfehlenswertes Extra – auch etwas Arbeitsfläche. Der wie im Forster hoch montierte Kühlschrank lässt sich optimal erreichen, der Schrank darunter dient dank einer Kleiderstange als universell nutzbares Fach. Platz bietet der CaraBus generell genug: Im Heck gibt es über den Betten sechs Dachstaufächer, zudem eine herausschraubbare Box am Boden, die zugleich als Stauraum wie als Trittstufe dient. Die Innenausstattung ist bis ins Detail durchdacht. Im Heck finden sich Steckdosen für 230 Volt und USB, auch zwei Leseleuchten sind vorhanden. Hochwertig ist sie auch: Der CaraBus sieht nicht nur nach Qualität aus, er bietet sie auch. Auf unebener Straße klappern die Möbel eine ganze Klasse leiser als seine beiden Mitbewerber. Der Rest ist: typisch Ducato. In diesem Fall ein Hartplastiklenkrad, immerhin mit Bedientasten, die normale Sechsgangschaltung, die in Verbindung mit dem 120-PS-Basismotor ihre Sache durchaus ordentlich macht. Wem das zu wenig Wumms ist, greift besser zur 140-PS-Version, die aktuell 770 Euro extra kostet. Nach oben bleibt dann immer noch viel Luft: Mit Maxi-Chassis und dem mit 180 PS stärksten Motor steigt der Preis sogar um 4991 Euro. Fazit von Thomas Wirth: Alle drei wildern im gleichen Becken, im Boomsegment der Kastenwagen um 50.000 Euro. Und obwohl sich die Grundkonzepte ähneln, verfolgt jedes der drei Mobile seine eigene, berechtigte Strategie. Das lässt genügend Raum für die individuelle Wahl.
Weitere Themen: Elektrogrills im Vergleich
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