"Zum Golf hat es wohl nicht gereicht, was?" Blöde Sprüche wie diesen können Kia-Käufer künftig ganz cool kontern: "Dafür fahre ich das zuverlässigere Auto!" Denn während den Wolfsburger Bestseller im AUTO BILD-Dauertest einige Wehwehchen plagten, lieferte der cee'd über 100.000 Kilometer eine fast fehlerfreie Bilanz ab. Schon der Einstand im Fuhrpark läuft für den kompakten Koreaner prima: Die Mehrheit der Mannschaft nimmt den Neuzugang begeistert auf: "Den würde ich auch privat fahren", ist in den ersten Wochen auf den Redaktionsfluren ein oft gehörter Satz – und aus dem Munde von erfahrenen Testern so etwas wie ein Ritterschlag.
Mehr zum Thema: Die Dauertest-Rangliste mit allen Testergebnissen

Unzuverlässiges Start-Stopp-System nervt

Kia cee'd
Hübsch eingerichtet, einfach zu bedienen: "Hier fühlt man sich auf Anhieb wohl".
Vor allem der Qualitätseindruck und das schmuck eingerichtete, aber nicht modisch überkandidelte Cockpit gefallen den Fahrern: "Hier fühlt man sich auf Anhieb wohl", schreibt Leserredakteur Andreas Lübeck ins Logbuch. Wie später noch viele andere kritisiert er jedoch das Start-Stopp-System: Mal geht der Kia an der Ampel aus, mal nicht – oder er verweigert beim Einkuppeln das Anspringen. "Funktioniert wohl nach dem koreanischen Mondkalender", frotzelt ein Kollege. Die bei Kilometerstand 4813 konsultierte Werkstatt findet keinen Fehler. Allerdings hat ein Servicemitarbeiter während der turnusmäßigen Software-Überprüfung im Zuge der 60.000er-Inspektion eine Erklärung: Die AUTO BILD-Jungs können nicht richtig kuppeln. Okay, danke für den Hinweis ... Ein wenig Wahres ist da sogar dran. Wie wir von Kia später beim Abschlussgespräch hören, kann die Software bei schneller "Beinarbeit" manchmal nicht folgen. Die Start-Stopp-Probleme bleiben bis zum Schluss erhalten; es sind aber auch fast die einzigen. Für Steinschlag in der Scheibe und einen Frontschürzen-Ditscher kann der Kia nichts: Wo gehobelt wird, fallen nun mal Späne. Ansonsten läuft der Koreaner über 100.000 Kilometer wie ein Uhrwerk.
Im Überblick: Alle Infos zum Kia cee'd

In Sachen Funktionalität erntet der cee'd viel Lob

Kia cee'd
Gut bei Kräften: 9,6 Sekunden von null auf 100 km/h. Kia verspricht 9,9.
Langstreckenfahrer stören sich am schlappen Durchzug des 135-PS-Benziners: Im fünften und sechsten Gang kommt nicht mehr viel. "An Autobahnsteigungen kann das richtig nerven", findet Kollege Peter Michaely. Hier ist dann zuweilen auch ein schwerer Gasfuß nötig – was die stolzen 8,3 Liter Verbrauch erklärt, die wir über die gesamte Testdistanz als Schnitt ermitteln. Zahm gefahren, schluckt der Kia im gemischten Fahrbetrieb nur 6,5 Liter – ein gutes Ergebnis. Mit dem Facelift im Herbst 2015 wird übrigens ein neuer Dreizylinder-Turbobenziner mit 100 und 120 PS erhältlich sein. Immer wieder Anlass für Lob bietet die Funktionalität: drei Zwölf-Volt-Steckdosen, viele Cupholder und Platz für große Trinkflaschen in den Türen – der Kia ist ein praktisches Auto. Auch die rückenfreundlich straff gepolsterten Sitze stoßen auf viel Gegenliebe, die Materialauswahl findet Redakteur Robin Hornig "beachtlich für das Geld". Dafür funktioniert die Bluetooth-Kopplung von Handys mit dem bordeigenen Multimediasystem "nur nach dem Zufallsprinzip", ärgert sich Stefan Szych vom Ratgeber-Ressort.

Zum Testende fällt die Kupplung negativ auf

Einige Weggefährten loben die exakte Schaltung, stören sich aber am unsteten Geradeauslauf und der gefühllosen Lenkung, deren Ansprechverhalten sich per Knopfdruck in drei Stufen variieren lässt. Im "Sport"-Modus finden die meisten sie am angenehmsten. Richtung Testende fällt die Kupplung negativ auf. Kollege Stephan Puls hält sie schon kurz nach Dauertest-Beginn für einen Schwachpunkt, weil sie beim Anfahren am Berg schnell verbrannt riecht. Erst auf der Zielgeraden spitzt sich die Sache aber wirklich zu. Der Kraftaufwand beim Treten des Pedals wird höher, die Dosierbarkeit schwieriger, am Ende hoppelt der cee'd mit rupfender Reibscheibe in die Zerlegungswerkstatt. Als Kunde hätte man trotzdem entspannt bleiben können: Dank der großzügigen Garantie (sieben Jahre/150.000 Kilometer) wäre die Reparatur aufs Haus gegangen. In der Bildergalerie erfahren Sie, was während des Tests und bei der Demontage des Testwagens nach Erreichen der 100.000 Kilometer außerdem aufgefallen ist. Den vollständigen Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt es im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.


Fazit

von

Manfred Klangwald
Die Koreaner können nur billig? Von wegen! Der Kia cee‘d verfehlt im Dauertest die Note 1 nur knapp und sammelt weniger Minuspunkte als der Klassenprimus VW Golf. Der Mix aus Haltbarkeit und Sieben-Jahres-Garantie macht den Kia zum Rundum-sorglos-Paket. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn das nicht aufs Image einzahlt!

Von

Manfred Klangwald